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Trauergottesdienst und Staatsakt für Dr. Richard von Weizsäcker, Bundespräsident a. D.

Deutschland hat am 11. Februar 2015 mit einem bewegenden Staatsakt im Berliner Dom Abschied von Dr. Richard von Weizsäcker, Bundespräsident a. D., genommen. Zuvor fand an gleicher Stelle ein Trauergottesdienst statt, anschließend ein Trauerempfang im Roten Rathaus von Berlin. Aus dem Dom wurde der Sarg mit Richard von Weizsäcker von acht Offizieren des Wachbataillons herausgetragen, wo dann ein militärisches Abschiedszeremoniell stattfand. Die Ehrenformation fuhr auf dem Weg zum Waldfriedhof in Zehlendorf an seinen früheren Wirkungsstätten vorbei. Im Waldfriedhof wird Weizsäcker im Kreise seiner Familie beigesetzt. Der Altbundespräsident war am 31. Januar 2015 im Alter von 94 Jahren im Kreise seiner Familie gestorben.

Der Jurist Richard von Weizäcker trat 1954 in die CDU bei. Er gehörte seit 1962 dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages an, dessen Präsident er von 1964 bis 1970 und von 1979 bis 1981 war. Ferner war er von 1969 bis 1984 Mitglied der Synode und des Rates der Evangelischen Kirchen in Deutschland. In den Deutschen Bundestag zog er zum ersten Mal 1969 ein und gehörte diesem in führenden Funktionen bis 1981 an. Weizäcker war zwischen 1981 bis 1984 Regierender Bürgermeister von Berlin. Am 23. Mai 1984 wurde Richard von Weizsäcker im ersten Wahlgang zum sechsten deutschen Bundespräsidenten gewählt, seine Wahl wurde von CDU/CSU, SPD und FDP gleichermaßen unterstützt. Fünf Jahre später, am 23. Mai 1989, wurde er in einem noch besseren Wahlergebnis erneut von der Bundesversammlung bestätigt. Er übte sein Amt bis 1994 aus. In seine Amtszeit fielen der Mauerfall und die deutsche Wiedervereinigung.

Der Berliner Dom war mit politischen WeggefährtInnen und Ehrengästen, darunter der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer, die ehemalige Königin der Niederlande Beatrix und ehemalige Staatspräsidenten wie Lech Walesa aus Polen aber auch die Berliner Regierenden Bürgermeister Walter Momper, Eberhard Diepgen und Klaus Wowereit, bis auf den letzten Platz besetzt.  

Der evangelische Berliner Altbischof Martin Kruse nannte Weizsäcker im Trauergottesdienst einen „im Glauben verwurzelten Christenmenschen“. Das Lebenswerk des früheren Bundespräsidenten verdiene "große Achtung und Dank". Er hob insbesondere Weizäckers mit politischen Augenmaß, Nüchternheit und Wagemut gekennzeichneten Einsatz für die Annäherung zwischen Ost und West sowie für die deutsche Wiedervereinigung hervor. Schon in seiner Zeit als Regierender Bürgermeister von Berlin zwischen 1981 und 1984 und als EKD-Ratsmitglied habe er sich um die Annäherung zwischen Ost und West verdient gemacht. Aufgrund seiner Funktionen in der Evangelischen Kirche waren ihm häufige Besuche in der DDR möglich. Lebensklugheit, Integrität und Autorität hätten Weizäcker ausgemacht. Zu Recht sei sein Ansehen in der Bevölkerung so groß wie das kaum eines anderen deutschen Politikers gewesen.

"Wir verneigen uns vor einem großen Staatsmann"

Während des Staatsaktes hielten Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), die ehemalige Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) persönlich gehaltene Reden zu Ehren des verstorbenen Alt-Bundespräsidenten.

Joachim Gauck würdigte Weizsäcker als "großen Deutschen und herausragenden Bundespräsidenten", der tiefe Spuren in der Geschichte Deutschlands hinterlassen hat. Weizsäcker sei auch für die BürgerInnen der DDR eine Integrationsfigur gewesen. Zu unser aller Glück sei er der erste Bundespräsident im wiedervereinigten Land gewesen. "Wir verneigen uns vor Richard von Weizsäcker, einem großen Bundespräsidenten, der, als es an ihm war, das Richtige sagte und das Richtige tat."

Weizsäcker sei ein Zeitzeuge für fast ein ganzes Jahrhundert gewesen. Seine Zeit als Wehrmachtssoldat im Zweiten Weltkrieg und die Auseinandersetzungen mit seinem Vater, der im NS-Regime als Staatssekretär im Auswärtigen Amt tätig war, habe ihn zu einem überzeugten Demokrat gemacht. Er habe wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Deutschen mit ihrem Land und seiner Geschichte versöhnten. Noch Jahrzehnte nach Kriegsende rangen die Westdeutschen um den richtigen Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg. Es herrschte das Gefühl der Niederlage. „Indem sie ihn mochten, lernten die Deutschen, sich selber zu mögen."

Die Rede des amtierenden Bundespräsidenten Weizsäcker zum 40. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1985 wurde nachdrücklich gewürdigt. Weizsäcker habe sich dafür wochenlangen in Gesprächen mit Menschen aus dem In- und Ausland der Vergangenheit gestellt und sich ohne Beschönigung mit den deutschen Verbrechen der Nazi-Zeit auseinandersetzt. Während der Gedenkveranstaltung im Plenarsaal des Deutschen Bundestages zum 40. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa hat er die Kapitulation des NS-Regimes als einen „Tag der Befreiung“ für die Deutschen bezeichnet. Diese Rede habe das Vertrauen im Ausland gestärkt. Dieses Vertrauen habe auch zur deutschen Wiedervereinigung beigetragen. In die deutsche Gesellschaft hinein habe Weizsäcker dem Lavieren ein Ende gesetzt: Die Deutschen hätten nun freier in die Vergangenheit sehen und ebenfalls freier in die Zukunft gehen können. "Er hat das gesagt, was 1985 alle wissen mussten, was aber auch 1985 immer noch nicht alle wissen wollten.“

Außenminister Steinmeier nutzte den Anlass, um dazu aufzurufen, zur Lösung weltweiter Konflikte stets den Dialog in den Mittelpunkt der politischen Bemühungen zu stellen. "Nicht Armeen, nicht Krieg, nicht Zwang, sondern das Wort kann den Lauf der Dinge prägen", mahnte er in seiner Rede. Hoffnung sei "gerade in der heutigen, stürmisch-bedrohlichen Zeit" lebenswichtig. Richard von Weizsäcker sei ein Mann des wirkmächtigen Wortes gewesen. Worte seien eine "Einladung zum Dialog mit den Mitteln der Vernunft", zugleich aber auch Ausdruck moralischer Verwurzelung. Für Weizsäcker lag im Wort die Hoffnung auf Frieden. Er habe von Konflikten und menschlichem Leid auch nicht nur gesprochen, sondern hier nach Ursachen und nach Auswegen gesucht. Und das auch im hohen Alter. Immer wieder habe er sich in die Politik eingemischt, u.a. mit Vorschlägen für die Reform der Vereinten Nationen. Dafür habe er auch weit nach seiner Präsidentschaft die schwierigen und unbequemen Gesprächskanäle nicht gescheut.

Frank-Walter Steinmeier erinnerte an seine Begegnung mit Richard von Weizsäcker. Es sei eine innige Begegnung gewesen, nicht in Worten, sondern in Musik. Für Richard von Weizsäcker habe es jenseits des Wortes noch ein Reich von tiefer Wirkmacht gegeben: die Kunst und hier ganz besonders die Musik, die ihn seit frühesten Kindertagen begleitet habe. Er habe einmal gesagt: "Die Musik ist wie ein Pfingstwunder: Bei der Musik hören die Ohren in allen Sprachen.".

Richard von Weizsäcker möge in Frieden ruhen.