Sieben Monate sind bereits vergangen seitdem ich mein Freiwilliges Soziales Jahr im politischen Leben (FSJ-P) bei Mechthild Rawert begonnen habe. Seitdem bin ich etliche Male durch die Gebäude des Deutschen Bundstages gelaufen und dennoch gibt es auf jeder Tour durch die Gebäude etwas Neues zu entdecken.
Meine bisherigen Entdeckungen reichen von der Sporthalle im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, über den Andachtsraum im Reichstagsgebäude bis hin zur Nase Goethes- eine von zwei Skulpturen angesiedelt nahe des Paul-Löbe-Hauses.
Unter dem Titel „PL-Extratour“ führte Lothar Binding, Mitglied des Deutschen Bundestages seit 1998, am 25. Februar 2015 eine Gruppe von 30 Interessierten durch die Gebäude des Deutschen Bundestages. Die Führung wurde auf Initiative der Parlamentarischen Linken (PL) der SPD-Bundestagsfraktion angeboten zu der auch Mechthild Rawert gehört.
Das Band des Bundes
Geläufig war mir der Begriff „Band des Bundes“ bereits und auch eine ungefähre Definition wäre im Rahmen des Möglichen gewesen. Doch wie konkret die Architektur und Kunst im Bundestag den Begriff umsetzen, war mir nicht bewusst. Das Band des Bundes beschreibt die Anordnung der Gebäude Bundeskanzleramt, Paul-Löbe-Haus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Zum einen verbindet die Anordnung Legislative und Exekutive, zum anderen wird die Vereinigung von Ost und West wiedergespiegelt. Während es keine unterirdische Verbindung zwischen dem Bundeskanzleramt und den Parlamentsgebäuden gibt, sind das Jakob-Kaiser-Haus, der Reichstag, das Paul-Löbe-Haus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus alle samt miteinander verbunden. Die beiden letzteren sind über den sogenannten „Spreesprung“ verbunden - eine schmale Fußgängerbrücke in luftiger Höhe. Die Brücke und unterirdischen Gänge gehören zu dem Konzept „Parlament der kurzen Wege“.
Ebenfalls auffällig sind die vier Leuchtleisten die im Paul-Löbe-Haus von der Decke hängen. In den Farben Rot, Gelb, Grün und Blau gliedern sie die große Halle. Wenn es dunkel geworden ist, spiegeln sich die Farben eindrucksvoll in den großen Fensterwänden wieder. Nach langen Sitzungen hat sich Lothar Binding schon das ein oder andere Mal das Farbspektakel angesehen. Fortgesetzt wird die Inszenierung von Francois Morellet im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus mit zwei weiteren Neonlichtbändern. Im Sinne des „Band des Bundes“ wird das Kunstwerk über die Spree hinweg fortgeführt.
Licht, Wärme und Energie
Der Deutsche Bundestag erzeugt 80 Prozent des Energiebedarfs über Blockheizkraftwerke im Parlamentsviertel. Betrieben werden die Kraftwerke mit Biodiesel. Viel beeindruckender fand ich, dass warmes Wasser in einer 300 Meter tiefergelegenen Erdschicht gespeichert wird und im Winter zurückgeführt werden kann. Vice versa wird im Winter in 60 Meter Tiefe kalte Winterluft ebenfalls in einem wasserführenden Erdspeicher gesammelt und dient im Sommer zur Kühlung der Gebäude.
Neben großflächigen Solaranlagen auf allen Gebäuden des Deutschen Bundestages dienen vor allem Spiegel und Glas für die Lichtzufuhr. Bekannt ist der Spiegeltrichter in der Mitte der Kuppel, der über seine 360 Spiegel Tageslicht in den Plenarsaal lenkt. Lothar Binding und weitere Abgeordnete, die an der Führung teilgenommen haben, bestätigen, dass das Licht größtenteils blendfrei ist. Ab und zu hat jedoch mal ein/e Abgeordnete/r Pech gehabt und wird geblendet.
So wie Tageslicht in den Plenarsaal kommt, wird verbrauchte Luft über den Trichter und schließlich in die Kuppelöffnung, abgeführt. Frischluft wird über Schächte in das Bundestagsgebäude geleitet, mit Wärme oder Kälte und Feuchtigkeit angereichert und schließlich über den Teppich in den Plenarsaal gespeist.
Einige dieser architektonischen Kniffen finde ich so beeindruckend, dass sie schwer vorstellbar sind. Bei einem Gang durch die Gebäude zum nächsten Termin vergisst man ohnehin auf die Umgebung zu achten. Dann steht wieder Politik im Vordergrund.
Ich habe mir vorgenommen demnächst verstärkt auf die Kunst und Architektur zu achten und freue mich auch an der nächsten Führung, die Mechthild Rawert anbietet teilzunehmen. Übrigens ist Mechthild auch nach fast zehn Jahren noch aufmerksam, wenn sie durch die Gebäude läuft: Auch Sie entdeckt immer wieder Neues und Informatives wie zuletzt das Gemälde „Zeit und Leben“ von Bernhard Heisig, das mittlerweile in der Präsenzbibliothek hängt.
Sophie Zimmermann, FSJ-P