(Erschienen in der Berliner Stimme, 7.3.2015, S. 10, Nr. 5, 65. Jahrgang)
Mechthild Rawert: Bessere tarifliche Bezahlung und neue Arbeitsplatzmodelle
Ich spreche oft mit Auszubildenden und BerufsanfängerInnen in der Pflege. Sie alle sehen in ihrer Tätigkeit für pflegebedürftige Menschen viel Sinn, beklagen aber das schlechte öffentliche Berufsimage in der Öffentlichkeit sowie die unregelmäßigen Arbeitszeiten und Wochenenddienste, die vielen Überstunden, das Einspringen an freien Tagen u.a. aufgrund überdurchschnittlich hoher krankheitsbedingter Fehlzeiten im Team. Viele verlassen die Branche bereits nach 5 bis 7 Jahren.
Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) belegt, dass Fachkräfte in der Altenpflege bundesweit erheblich weniger verdienen als Fachkräfte anderer Berufe (im Osten 16,1 % und im Westen 17 % weniger) und auch als Fachkräfte in der Krankenpflege (im Osten 28,9 % und im Westen 18,2 % weniger). Die enormen Entgeltunterschiede zwischen Kranken- und AltenpflegerInnen sind laut Studie damit begründet, dass KrankenpflegerInnen überwiegend im Krankenhaus arbeiten, während AltenpflegerInnen überwiegend in stationären oder ambulanten Pflegeeinrichtungen tätig sind. Die unterschiedlich hohe Bezahlung kann auch mit der Tarifbindung erklärt werden. AltenpflegehelferInnen verdienen im Osten 19,3 % und im Westen 24,9 % weniger als KrankenpflegehelferInnen. Auffällig für Berlin ist, dass bei uns HelferInnen in der Krankenpflege besonders schlecht bezahlt werden. Ihr Einkommen liegt um 35,2 Prozent unter dem landesspezifischen Durchschnittslohn!
Der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern beträgt in der Krankenpflege 9,4 % und in der Altenpflege 4,5 %. Laut IAB-Studie sind Gründe dafür die familienbedingten Unterbrechungen der weiblichen Berufslaufbahnen und ihre Konzentrierung auf Betriebe ohne Tarifbindung.
Angesichts der steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen gilt es, junge Männer und Frauen gleichermaßen für die Pflegeberufe gewinnen. Zurzeit sind etwa 70 Prozent der Beschäftigten Frauen. In ihrem Fortschrittsbericht 2014 zum Fachkräftekonzept prognostiziert die Bundesregierung für das Jahr 2030 die größten Engpässe bei den Gesundheitsberufen, noch vor ManagerInnen und IngenieurInnen. Das heißt, es bedarf für die Pflegeberufe mehr Wertschätzung, eine gerechtere (tarifliche) Entlohnung, mehr alter(n)sgerechte Arbeitszeit- und Arbeitsplatzmodelle, bessere betriebliche Gesundheitsförderung und ein geschlechtergerechtes Personal- und Organisationsmanagement.
Die SPD setzt sich seit langem für eine bessere tarifliche Bezahlung in der Pflege ein. Wir wollen einen flächendeckenden Tariflohn. Im Rahmen des 2014 verabschiedeten Pflegestärkungsgesetzes 1 haben wir die Tariflöhne gestärkt. In dieser Legislaturperiode wollen wir ein Pflegeberufegesetz mit einer gemeinsamen Pflegeausbildung und einem einheitlichen Berufsabschluss für alle verabschieden. Damit steigern wir die Attraktivität des Pflegeberufes, erhöhen die Durchlässigkeit und die Chance auf Verbleib im Berufsfeld bis zur abschlagfreien Rente.