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Endlich Geld für die Pflege?

Zurzeit gibt es kaum ein Gesetz im Gesundheitsbereich, in dem Pflege nicht eine herausragende Rolle spielt. Das ist auch richtig so. Denn Pflege ist überall! Das habe ich bei der Diskussion mit Mitgliedern des Bundesverbandes Pflegemanagement e.V. betont. Im Vorfeld seiner Mitgliederversammlung am 22. Oktober 2015 hatte der Bundesverband Pflegemanagement e.V. ein Fortbildungsseminar zum Thema „Endlich Geld für die Pflege?“ im Berliner Hotel ABION organisiert. Die Fortbildungseinheit wurde moderiert von Gerhard Witte, der Mitglied des Bundesvorstandes ist.

Forderungen an die Politik und an die Gewerkschaften

Zusammengefasst äußersten sich viele der Anwesenden in der sehr regen und profunden Diskussion relativ zufrieden mit den derzeitigen Beschlüssen der Politik - bedauern aber die damit verbundenen langen Zeitphasen sehr. Gefordert werden:

  • von der Politik ein „Masterplan Pflege“, der diese auch an den Schnittstellen der jeweiligen Finanzierung durch die verschiedenen Sozialgesetzbücher sichert, der unabhängig von Finanzierungen aus Steuer- und Beitragsmitteln Pflege sichert,
  • von den zuständigen Gewerkschaften neue Eingruppierungsmerkmale in der Pflege, die eine Karriere, die eine bessere Entlohnung in der Realität erst tatsächlich ermöglichen.

Berufsverband Pflegemanagement e.V.

Ziel dieses in Berlin mit einer Geschäftsstelle vertretenen Berufsverbandes ist die Stärkung der Berufsgruppe der beruflich Pflegenden. Dabei kommt dem Pflegemanagement, dem umfassenden Management von PatientInnen, Prozessen und Personal gleichermaßen eine besondere Bedeutung zu. Es existieren in allen 16 Bundesländern Landesverbände. Derzeit läuft im Hinblick auf die Nachwuchsförderung die Kampagne „Stark für die Pflege. Stark für die Zukunft.“ Hiermit sollen verstärkt junge Pflegende für das Pflegemanagement begeistert sowie junge PflegemanagerInnen und Studierende mit den Möglichkeiten einer aktiven Berufspolitik vertraut gemacht und auf ihrem Karriereweg durch konkrete Angebote unterstützt werden.

Mir gefällt die Beschreibung von Peter Bechtel, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Pflegemanagement, der Interessensbündelung durch berufspolitisches Agieren: „Der Gegenwert einer Mitgliedschaft in einem berufspolitischen Verband ist nicht vergleichbar mit dem vollen Einkaufskorb nach einer Shopping-Tour im Schnäppchenmarkt. Viel eher mit der Investition in einen Fond mit garantierter Verzinsung bei endloser Laufzeit.“.

Politische Beschlüsse und Gesetze zur Pflege

Derzeit gibt es kaum ein Gesetz im Gesundheitsbereich, in dem Pflege nicht eine herausragende Rolle spielt. Das konnte ich ausführlich anhand der Pflegestärkungsgesetze I und II - schon mit Hinweis auf das für 2016 geplante PSG III -, dem Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG), der Reform des Familienpflegezeit- und des Pflegezeitgesetzes, dem Pflegeberufegesetz mit dem Ziel der generalistischen Ausbildung, dem Präventions- und dem Hospiz- und Palliativgesetz deutlich machen. Das ist auch richtig so. Denn Pflege ist überall!

Immer wieder geht es um die Sicherstellung und den Ausbau der Pflege unabhängig von ihrem jeweiligen Versorgungsort und der jeweiligen Finanzierungsstruktur, der Sicherstellung von Qualität, der Entwicklung von Personalmindeststandards, etc. Eine zufriedenstellende Pflegeinfrastruktur muss aus verschiedenen Quellen gezahlt werden - nicht nur aus Beitragsgeldern der Kranken- und Pflegekassen, sondern auch aus Steuergeldern.

Friedrichshafener Erklärung fordert Einsetzung einer ExpertInnenkommission

Der Berufsverband Pflegemanagement hat im Juli 2015 die „Friedrichshafener Erklärung“ zur Pflege in Deutschlands Krankenhäusern - Wandel vom Kostenfaktor zum Erlösfaktor“ verabschiedet. Hingewiesen wird auf den massiven Wandel der Kosten- und Leistungssteuerung in den Krankenhäusern seit Einführung des DRG-Systems in Deutschland im Jahre 2003. Verwiesen wird auch auf den nicht unmittelbar vorhandenen Zusammenhang zwischen Pflegeleistungen und Erlösen. Folge sei, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Erwirtschaften von Case-Mix-Punkten und den Pflegeleistungen gesehen wird und Pflege im System Krankenhaus nahezu ausschließlich - mit Ausnahme des Pflegekomplexmaßnahmen-Scores (PKMS) - als Kostenfaktor betrachtet werde. Die Nichtdarstellung der Pflege habe seit dem Jahr 2003 zu einem kontinuierlichen Verlust der Vollkräfte Pflege im Krankenhaus geführt. Das erste Förderprogramm Pflege in den Jahren 2009 bis 2012 habe diesen Trend nur vorübergehend aufgehalten: „Ergebnis. Nach nun mehr 12 Jahren Erfahrung mit den DRG-Systemen in deutschen Krankenhäusern muss festgestellt werden, dass sich die pflegerische Versorgung der Patienten verschlechtert hat. Und dies bei sich gleichzeitig immer weiter verschärfenden Arbeitsbedingungen für die Pflegenden in den Kliniken.“.

Ich schließe mich der Forderung des Bundesverband Pflegemanagement an, „Pflegeleistungen, ausgehend von dem Bedarf der Patienten eigenständig und transparent im System Krankenhaus“ zu vergüten. Der Beschluss der Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf eine weitere Stärkung der Pflege im Krankenhaus vom 2. Oktober 2015 entspricht den Erfordernissen. Ziel ist es, wieder dauerhaft mehr Pflegefachpersonal zu beschäftigen.

Durch das KHSG werden (dank der SPD!):

  • Die Krankenhäuser mit einem zusätzlichen Pflegezuschlag unterstützt - für Berlin bedeutet das rund 500 Stellen.
  • Es wird ein zweites Pflegeförderprogramm geben - für Berlin 250 neue zusätzliche Stellen.
  • Es wird zusätzliches Hygienepersonal eingestellt und fortgebildet.  
  • Steigende Kosten durch Tarifsteigerungen werden künftig refinanziert.

Um nur einige der die Pflege direkt betreffenden Maßnahmen zu benennen.

Pflegeberufegesetz und Pflegekammer

Sehr viel Unterstützung gab es für das geplante Pflegeberufegesetz, für die Einführung einer generalistischen Pflegeausbildung, bei der die drei Pflegeberufe (Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege) zusammengefasst werden und es einen gemeinsamen Berufsabschluss geben wird. Für eine zukunftsfeste Pflege, die eine fachliche Antwort auf den sich im Wandel befindlichen Versorgungsbedarf geben muss, sei das Vorhaben der generalistischen Grundausbildung und die anschließende Spezialisierung zwingend geboten. Von hoher Bedeutung sei auch das Ansteigen akademisch ausgebildeter Pflegefachkräfte. Die Umsetzung der Anforderungen der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie aus dem Jahr 2013 hat das Bundeskabinett am 14. Oktober 2015 endlich beschlossen. 

Sehr viel Unterstützung gibt es auch für die Entwicklung von Pflegekammern in den verschiedenen Bundesländern. Nur durch die Pflegekammern kann dafür gesorgt werden, dass die Pflege mit einer Stimme spricht und die Politik eine wirklich von allen Berufsangehörigen legitimierte Ansprechpartnerin in der Pflege hat. Ich freue mich, dass der rheinland-pfälzische Landtag das Heilberufegesetz, welches die Gründung einer Pflegekammer regelt, am 17. Dezember 2014 verabschiedet hat. Am 5. Januar 2015 hat der Gründungsauschuss mit seiner Arbeit begonnen, die erste VertreterInnenversammlung wird voraussichtlich am 29. Januar 2016 stattfinden. Ich freue mich, dass sich am 15. Juli 2015 auch der schleswig-holsteinische Landtag für die Einrichtung einer Pflegekammer ausgesprochen hat. Und es geht weiter: In Niedersachsen ist das Gesetz zur Einrichtung einer Pflegekammer in der Ressortabstimmung und soll voraussichtlich Mitte 2016 beschlossen werden. Ich unterstütze die in Bayern geplante „Pflegekammer light“ nicht! Trotz der hohen Akzeptanz zur Einrichtung einer Pflegekammer in Berlin hat der zuständige Senator Mario Czaja (CDU) keine Vorlage ins Parlament eingebracht und auch keinen Haushaltstitel im Doppelhaushalt 2016/17 eingerichtet. Nach der Übergabe von 42.000 Unterschriften an den Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses im Landtag von Nordrhein-Westfalen, wird es voraussichtlich auch in NRW eine Befragung der Berufsgruppe zum Thema Pflegekammer geben. Ich wünsche der Pflegekammerentwicklung einen großen politischen Erfolg.