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DGB-SeniorInnen gestalten

„Wenn mir etwas wichtig ist, dann bilde ich einen Arbeitskreis“. Gemäß dieses Mottos haben aktive GewerkschafterInnen den Einzelgewerkschaften übergreifenden Arbeitskreis „Seniorinnen und Senioren Arbeitskreis Gesundheit und Pflege“ gegründet. Mit dabei sind Aktive aus der IG Metall, Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Gewerkschaft der Polizei, IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft.

Ein für alle wichtiges Thema ist die Verwirklichung einer menschenwürdigen Pflege im Interesse der Pflegebedürftigen, der Beschäftigten als auch der pflegebedürftigen Personen. Um sich über die zahlreichen Gesetze zu informieren, bei denen die Pflege im Mittelpunkt steht, wurde ich am 19. November 2015 in Räumlichkeiten des ver.di-Landesverbandes eingeladen, um die Pflegestärkungsgesetze I und II (PSG I und II) vorzustellen.

In meinem Impulsvortrag „Das Alter ist nichts für Feiglinge – Über ein ganzheitliches Pflegekonzept und den Pflegebedürftigkeitsbegriff“ habe ich das PSG I und II vorgestellt. Am 13. November 2015 hat der Deutsche Bundestag das zweite Pflegestärkungsgesetz verabschiedet. Die Einführung des Neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs ist ein Meilenstein in der Geschichte der Sozialen Pflegeversicherung. Nach über 10jähriger Arbeit auch der Pflegebeiräte wird nun endlich ab dem 1. Januar 2017 der gleiche Zugang zu allen Pflegeleistungen für alle Versicherten gewährt werden, unabhängig ob kognitiv, psychisch oder körperlich beeinträchtigt. Es wird ein neues Begutachtungsverfahren, die Ersetzung der bisherigen drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade geben. Dieses ermöglicht eine bessere, umfassendere und individuellere Bedarfsfeststellung der pflegebedürftigen Person. Auch im stationären Bereich kommt es zu zahlreichen Veränderungen. Ein großer sozialpolitischer Erfolg ist der einrichtungseinheitliche Eigenanteil. Zukünftig muss niemand mehr aus Angst vor dem Anstieg des Eigenanteils auf eine Höherstufung in den Pflegegraden verzichten. Es gibt viele weitere bedeutsame Leistungsverbesserungen. Dazu gehört auch ein allgemeiner Besitzbestandsschutz.

Wichtig aber auch: Die Situation von Pflegebedürftigen, von PatientInnen, von Beschäftigten in den Krankenhäusern, in der ambulanten und stationären Pflege war auch Gegenstand in vielen weiteren Gesetzen, u.a. dem Präventionsgesetz, dem Krankenhaus-Strukturgesetz, dem Hospiz- und Palliativgesetz.

Fragen und Anregungen aus der Diskussion

In der anschließenden Diskussion wurden insbesondere folgende Themen diskutiert:

  • Begrüßt werden die zahlreichen Maßnahmen zur individuellen Wohnumfeldverbesserung, wenn eine pflegebedürftige Person oder jemand, der/die in seiner/ihrer Alltagskompetenz dauerhaft erheblich eingeschränkt ist, zu Hause gepflegt und betreut wird. Dies kann Pflegebedürftigkeit vermeiden helfen. Gefragt wird nach den Regelungen des Mietrechts. Müssen diese Maßnahmen beim Auszug auf eigene Kosten wieder „rückgebaut“ werden? Ich werde mich diesbezüglich mit Sachverständigen ins Benehmen setzen.
  • Erfreulich seien die Verbesserungen bei der sozialen Sicherung von pflegenden Angehörigen, eine bessere Anerkennung der pflegenden Angehörigen in der Rentenversicherung, der Zugang zur Arbeitslosenversicherung. Das reiche aber nicht. Gefordert wird eine „gerechte Mütterrente“. Gemeint ist die gleiche Anrechnung von drei Kindererziehungsjahren beim Rentenbezug für Mütter, deren Kinder vor und ab 1992 geboren sind. Die Ungleichbehandlung bei den Kindererziehungszeiten müsse abgebaut werden.
  • Von hohem Interesse sind auch die noch anstehenden Gesetze zum Bereich Pflege: das PSG III und auch das geplante Pflegeberufegesetz:
    Wir brauchen überall eine pflegefreundliche Infrastruktur, die Pflegebedürftigen eine gute Lebensqualität mit größtmöglicher Selbstständigkeit und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Voraussichtlich im ersten Quartal 2016 wird ein drittes Pflegestärkungsgesetz, das PSG III debattiert werden. Dabei geht es um die Rolle und Verantwortung der Kommunen bei der Gewährleistung einer bedarfsgerechten Pflegeinfrastruktur. Wir brauchen eine Stärkung des Sozialraumes und der Quartiersentwicklung, brauchen eine Infrastruktur mit einer Vielfalt von unterschiedlichen Wohn- und Lebensformen, die dem Selbstbestimmungsrecht der Menschen auch Chancen auf Realisierung ermöglicht. Wichtig ist auch die Sicherstellung von Beratungsangeboten wie den Pflegestützpunkten. Hierzu hat eine Bund-Länder Arbeitsgruppe ein umfassendes Papier zum Thema „Pflege und Kommune“ erarbeitet.
    Der Pflegeberuf muss attraktiver werden. Der Kabinettsentwurf für das Pflegeberufegesetz soll im Januar 2016 vorgelegt werden. Geplant ist die Einführung einer generalistischen Pflegeausbildung.
  • Thematisiert wurden auch die Arbeitsbedingungen in der Pflege. Hierzu bedarf es zahlreicher Verbesserungen - das ist unbestreitbar. Wir werden ansonsten die Herausforderungen, die mit der Zunahme der Pflegebedürftigen - 2060 werden voraussichtlich 4,5 Millionen Menschen Hilfe benötigen - nicht bewältigen können. Dann werden doppelt so viele Pflegekräfte wie heute gebraucht. Sowohl im Krankenhausstrukturgesetz als auch im PSG II sind ExpertInnen-Gruppen eingerichtet worden, die Mindeststandards für die Pflege entwickeln werden.
  • Kritisiert wird die Unübersichtlichkeit der zahlreichen Angebote. Das Gesundheitsministerium, „die“ Politik aber auch die zahlreichen Verbände hätten hier noch „Hausaufgaben“ zu mehr Transparenz zu leisten. Die Beratung über die Möglichkeiten, die die Soziale Pflegeversicherung bietet, müsse dringend verbessert werden. Genau das ist auch eine der grundlegenden Ziele des PSG III.
  • Der Pflegemarkt werde zunehmen durch „Heuschrecken“ geprägt. Mit hohem Misstrauen wird das zunehmende Engagement von inländischen und ausländischen Finanzinvestoren bei den Pflegeheimen betrachtet. Hier bedürfe es strengerer staatlicher Kontrolle.