Hauptmenü

"Salome und der Klang der Macht" - Brücken bauen zwischen Hochkultur und Jugendkultur

Oper trifft Hip-Hop. Dieses spannende Crossover-Projekt konnte ich hinter den Mauern der Jugendstrafanstalt Berlin bewundern. Im Kultursaal der Jugendstrafanstalt Berlin wurde am 20. Januar 2016 die Veranstaltung "Salome und der Klang der Macht" präsentiert. Diese großartige Veranstaltung haben fünf Kooperationspartner auf die Beine gestellt: das Forum Berlin der Friedrich-Ebert-Stiftung, Gangway e.V., die Deutsche Oper, der Verein „No boundaries“ und natürlich die Jugendstrafanstalt Berlin. Mein herzlicher Dank gilt allen Beteiligten, die dieses Projekt möglich gemacht haben!

Für die sieben Teilnehmer des Projektes war es ein ganz besonderer Abend. Die jugendlichen Inhaftierten waren gefordert, aus der Oper „Salome“ Parallelen zu ihrer eigenen Lebensrealität zu ziehen und die Texte sowie die Musik der Oper assoziativ in ihre Welt zu übersetzen. In einem intensiven Arbeitsprozess, der parallel zu der Produktion der Salome an der Deutschen Oper Berlin stattfand, wurden sie von KünstlerInnen der Deutschen Oper begleitet. Die vielfältigen Performances wurden in vier Monaten mit den Inhaftierten als auch ehemals Inhaftierten erarbeitet. Zweimal wöchentlich (je 90 Minuten) wurden Workshops durchgeführt, die von KünstlerInnen der Deutsche Oper, Pädagoginnen der Jugendstrafanstalt und einer Dozentin des Vereins No Boundaries e.V. betreut wurden.

„Behind Bars“ - Hinter Gittern

Das Projekt „Behind Bars“ ist eine Kooperation zwischen No Boundaries e.V., Gangway e.V.,  und der Schulabteilung der Jugendstrafanstalt Berlin, das von der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt wird. Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, das Interesse an Sprache sowie die Sprachfertigkeit und Ausdrucksmöglichkeit inhaftierter Jugendlicher zu fördern. Für die Jugendlichen spielten dabei die Themen Gerechtigkeit, Respekt, Entwurzelung und Freundschaft eine wichtige Rolle. Dabei galt es auch sprachliche Barrieren zu überwinden, denn es fiel ihnen nicht leicht, ihre Gedanken in der deutschen Sprache auszudrücken. Dabei orientieren sich die Workshop an der Lebenswelt der Jugendlichen, denn es sollen eigene, authentische Texte entstehen. Ich finde, dass ist wunderbar und sehr eindrucksvoll gelungen!

Die Radio Fritz Moderatorin Pyranja führte durch den Abend. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch den Auftritt der Sopranistin Alexandra Hutton von der Deutschen Oper, begleitet von John Parr am Klavier. Und die gemeinsame Hip-Hop-Performance von Pyranja mit Gigo war ein weiter Höhepunkt des Abends. Gigos Hip-Hop-Talent wurde durch die Workshops in der Jugendstrafanstalt Berlin entdeckt. Er macht auch nach seiner Entlassung mit der Musik erfolgreich weiter und ist ein positives Beispiel dafür, was die Kulturworkshops bewirken können.

Ich begrüße es sehr, dass das Forum Berlin der Friedrich-Ebert-Stiftung in seiner Kulturarbeit dieses Projekt gefördert und diese Veranstaltung möglich gemacht hat. In der Reihe "Kultur als Brücke" werden Werke von KünstlerInnen präsentiert, die als BrückenbauerInnen die internationale Verständigung, das Respektieren der Kulturen und die Akzeptanz des Fremden wie des Eigenen ermöglichen. Dafür gilt insbesondere der Referentin für Kulturpolitik, Franziska Richter, mein herzlicher Dank!

Kultur öffnet Welten!?

Im Anschluss an den Auftritt der Jugendlichen hatte ich die Gelegenheit mit Thomas Heilmann, Senator für Justiz und Verbraucherschutz, Dietmar Schwarz, Intendant der Deutschen Oper Berlin, Klaus Vogel, Schulleiter der Jugendstrafanstalt Berlin, über die Bedeutung von Kultur als BrückenbauerIn zu diskutieren. Wir alle waren tief beeindruckt von der Performance. Mir war es wichtig zu betonen, dass durch die künstlerisch-pädagogische Arbeit die Potenziale der Jugendlichen gestärkt werden und sie Anerkennung erfahren. Die wichtige Arbeit von Gangway e.V. habe ich schon in vielen anderen Zusammenhängen schätzen gelernt. Sozialpädagogische Betreuung während und nach der Haft ist eine wichtige Hilfestellung für die Jugendlichen, in der Gesellschaft wieder oder erstmals Fuß zu fassen.

Er habe sofort zugesagt, erklärte Dietmar Schwarz, Intendant der Deutschen Oper Berlin, als ihn die Frage nach der Kooperation mit der Jugendstrafanstalt gestellt wurde. Allerdings war er sich nicht von Anfang an sicher gewesen, ob sich die Oper „Salome“ für das Kooperationsprojekt eignen würde. Aber was er heute Abend auf der Bühne gesehen habe, hätte ihn sehr beeindruckt.

Kultur baut Brücken und stärkt Potenziale nachhaltig

Die Kraft der Kunst kann kreative Potenziale fördern, die bislang nicht entdeckt wurden. Dadurch kann Kunst Brücken bauen - aus der äußeren und inneren Isolation eines Gefängnisaufenthaltes zurück in ein gewaltfreies Leben in unserer Gesellschaft. Das veranschaulichten zwei ehemalige Insassen, denen die Kulturworkshops geholfen haben, ihre Potenziale zu entdecken und auch das Selbstwertgefühl zu stärken.

Der Strafvollzug hat die Resozialisierung als Ziel: „die Wiedereingliederung des Straftäters in die Gesellschaft“, betonte Justizsenator Thomas Heilmann. Neben berufsqualifizierenden Maßnahmen eröffnen kunsttherapeutische Behandlungsansätze Wege zu den Gefangenen, die mit den klassischen Ansätzen oft nur unzureichend erreicht werden, weil es Gefangenen häufig schwerfällt, sich in den üblichen Gesprächssituationen zu öffnen und mitzuteilen. Deswegen wird kulturpädagogische Arbeit in der Jugendstrafanstalt Berlin bereits seit über 10 Jahren angeboten, erklärte der Schulleiter Klaus Vogel.

In diesem Sinne erfüllen kunsttherapeutische Maßnahmen eine Brückenfunktion zu weiteren therapeutischen Angeboten. Voraussetzung, um sich Neues anzueignen, um zu lernen und sich zu wandeln, ist Selbstvertrauen. Und Selbstvertrauen entsteht durch selbstbestimmtes Handeln und dem Übernehmen von Verantwortung. Der Applaus, den die Jugendlichen für ihren Auftritt erhielten, bedeutet Anerkennung für ihre künstlerische Leistung.

Gerade nach der Entlassung aus der Haft kommt es auf das richtige „Übergangsmanagement“ an, um die Resozialisierung in die Gesellschaft zu ermöglichen und erneute Straffälligkeit zu verhindern. Hier leisten Träger wie Gangway e.V. eine wichtige Arbeit. Anschaulich machten CJ und Gigo klar, wie ihnen die SozialarbeiterInnen von Gangway ganz konkret bei der Wohnungssuche und vielem mehr unterstützt haben.

Oper „Salome“

Die Oper „Salome“ - mit der Musik von Richard Strauss und dem Libretto von Oscar Wilde - fordert seit ihrer Uraufführung im Jahre 1905 die ZuhörerInnen heraus: Eine rauschhafte Musik kontrastiert das denkbar grässlichste Geschehen. Salome, mit Gewalt und Manipulation konfrontiert, fühlt sich in ihren Strukturen gefangen und sucht Wege, sich aus ihren Verhältnissen zu befreien. Sie flüchtet in Parallelwelten und fordert in ihren inneren Verstrickungen den Kopf von Johannes des Täufers. Das Thema und die Fragestellungen der Oper haben auch im 21. Jahrhundert nichts von ihrer Aktualität verloren.

Seit dem 24. Januar 2016 läuft die Aufführung der Oper „Salome“ in der Deutschen Oper - ich hoffe, ich habe die Gelegenheit, sie mir dort anzuschauen und anzuhören.

Im Rangfoyer der Deutschen Oper wird die Wanderausstellung „Salome und der Klang der Macht“ gezeigt. In der Ausstellung werden die in den Workshops entstandenen Texte präsentiert. An Hörstationen sind die Gedichte und Statements auch zu erleben. Die musikalische Bearbeitung entstand in Zusammenarbeit mit dem Berliner Musikproduzenten Kronstädta. Hier können die OpernbesucherInnen einen Einblick in die Gefühlswelt der Jugendlichen erhalten.

Mein Tipp: Schauen Sie sich die Aufführung an und besuchen Sie die Ausstellung!

Fotos: Copyright "Behind Bars" Olad Aden (Fotograf)