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Besuch im Medical Point in der Notunterkunft Flughafen Tempelhof

Am 22. März 2016 habe ich den Medical Point im Hangar 1 der Notunterkunft Flughafen Tempelhof besucht, um mich über die medizinische Versorgung geflüchteter Menschen zu informieren. Bei diesem vor-Ort-Termin wurde ich begleitet von der Referentin der AG Gesundheit der SPD-Bundestagsfraktion, Beate Nothelle-Wagner und ihrem Kollegen Ben Burau.

Vom Land Berlin wurde der landeseigene Klinikkonzern Vivantes GmbH mit der Umsetzung der medizinischen Versorgung im Medical Point beauftragt. Im Hinblick auf die Versorgung von Schwangeren und Kindern arbeitet dieser wiederum eng mit dem ebenfalls in Tempelhof liegenden St. Josef-Krankenhaus zusammen.

Sebastian Jung, Koordinator des Medical Points, hat uns seine Arbeit und die der ÄrztInnen und Pflegefachkräfte vorgestellt. Der Medical Point fungiert quasi wie eine große Hausarztpraxis. Er ist von Montag bis Freitag von 9 Uhr bis 18 Uhr für alle Geflüchteten der Notunterkunft, die ein gesundheitliches Problem haben, geöffnet.

Bei unserem Besuch wurden gerade die Schuluntersuchungen für die demnächst zur Schule kommenden Kinder durchgeführt. Für die Schuluntersuchungen ist zwar der Kinder- und Jugendmedizinische  Dienst des Gesundheitsamtes zuständig, auch hier funktioniert die Kooperation. Statt die Kinder ins Gesundheitsamt zu schicken, kommt das Gesundheitsamt in den Medical Point und kann hier die Untersuchungen mit Hilfe der vor Ort tätigen Dolmetscher durchführen.

Zudem gibt es immer wieder Impfaktionen, zum Beispiel gegen Masern, für die geflüchteten Menschen, die diese medizinische Leistung sehr gern annehmen. Das Impfen ist nicht nur wichtig, um eine Verbreitung von Infektionskrankheiten in den Gemeinschaftsunterkünften zu vermeiden, sie ist auch für jeden einzelnen Menschen in den Massenunterkünften wichtig. Denn meist haben die Geflüchteten durch die tage- oder wochenlange Flucht einen schlechten Gesundheitszustand und nur wenig Abwehrkräfte. Viele kommen zudem aus Gebieten in denen „unsere typischen“ Infektionskrankheiten nicht verbreitet sind, so dass ihre Immunabwehr auf diese Infektionen überhaupt nicht eingestellt ist.

Sebastian Jung zeigte uns auch die Räumlichkeiten, in die der Medical Point in den kommenden Wochen umziehen wird. Sie liegen im benachbarten Hangar 2 und sind größer. So besteht auch die Möglichkeit, die Sanitätsdienst leistenden Johanniter, die in der NUK Dienst machen, hier räumlich zu integrieren. Dann werden hier auch gynäkologische Untersuchungen möglich sein, für die augenblicklich die Frauen ans St. Josef-Krankenhaus verwiesen werden. Geplant ist auch ein stärkeres medizinisches Screening.

Für die medizinischen Fälle, die nicht hausärztlich behandelt werden können, gibt es Kooperationen FachärztInnen in der Umgebung der NUK. Die Zusammenarbeit klappt sehr gut. Bislang konnten diese auch immer noch ausreichend viele der für Diagnosegespräche  unerlässlichen fachkundigen SprachmittlerInnen zur Verfügung stellen.

Sebastian Jung war mehrere Jahre für „Ärzte ohne Grenzen“ tätig bevor er seine Aufgabe als Koordinator des Medical Points übernommen hat. Vielleicht ist das Grund für seine ruhige und gelassene Art. Er weiß aus der Erfahrung seiner früheren Tätigkeit genau, in welcher Ausnahmesituation Geflüchtete sind und mit welchen Erkrankungen zu rechnen ist, wenn Menschen über Tage, Wochen oder Monate auf der Flucht waren. Er betonte nachdrücklich, dass die häufig zu hörende und auch in den Medien verbreitete Darstellung, „geflüchtete Menschen bringen uns Krankheiten nach Europa und nach Deutschland“ einfach falsch sei - vielmehr sei es geradezu umgekehrt. Die geflüchteten Menschen seien selbstverständlich durch die Flucht geschwächt und daher krankheitsanfälliger, aber viele der Erkrankungen bekämen sie erst hier. Die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften sorge dafür, dass sich Infektionskrankheiten leichter ausbreiten könnten. Auch das sei ein Grund, weshalb die Menschen nicht allzu lange in Gemeinschaftsunterkünften verbringen müssen.

Ich danke Sebastian Jung und den ärztlichen und pflegerischen Fachkräften von Vivantes für ihr Engagement bei der medizinischen Versorgung geflüchteter Menschen. Ich danke auch für die Transparenz und dafür, dass wir einen Einblick von der sehr guten medizinischen Versorgung gewinnen konnten.

Ungefähr zeitgleich mit meinem Besuch im Medical Point im Hangar 1 hat der Berliner Senat das Rahmenkonzept „Medizinische Versorgung von Asylsuchenden im Land Berlin“ beschlossen. Der Kernpunkt ist eine Ausweitung des gut funktionierenden Medical Points-Konzepts und die Gewährleistung der Psychosozialen Betreuung.