Ein Bericht von Helena Weber, Freiwilliges Soziales Jahr in der Politik
Tuberkulose ist eine potenziell tödliche Infektionskrankheit, an der weltweit die meisten Menschen erkrankt sind und die sogar Malaria und HIV überholt hat. 2014 starben laut dem Global Tuberculosis Report der Weltgesundheitsorganisation (WHO) insgesamt etwa 1,5 Millionen Menschen an Tuberkulose. Da diese Krankheit zu den vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten gehört und somit vor allem in Entwicklungsländern auftritt, ist der wirtschaftliche Anreiz und die Motivation der Pharmaindustrie, neue Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln allerdings sehr gering.
Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass die sogenannten PDPs (Produktentwicklungspartnerschaften), welche zu den Not-for-Profit-Organisationen zählen, mit öffentlichen Fördergeldern Unterstützung bekommen. Das fordert die Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert schon seit längerem.
Deutschland unterstützt nun in einer Förderrunde bis 2020 mehrere PDPs mit insgesamt 50 Millionen Euro, bleibt damit aber weit unter seinen Möglichkeiten. PDPs entwickeln in Kooperation mit Pharmafirmen und Forschungseinrichtungen Medikamente, Impfstoffe und Diagnostika zu vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten, vernetzen Forschungseinrichtungen mit öffentlichen und privaten Institutionen und verbessern die Zuteilung knapper Ressourcen.
PDPs für armutsbedingte und vernachlässigte Krankheiten, insbesondere Tuberkulose
Zum Thema: „Forschungsförderung/ Product Development Partnerships (PDPs) für armutsbedingte und vernachlässigte Krankheiten, insbesondere Tuberkulose (TB)“ trafen sich am 22. September 2016 fraktionsübergreifend Mitglieder des Parlamentarischen Beirats der Stiftung für Bevölkerung und Entwicklung. Dieser parlamentarische Beirat, zu dem auch Mechthild Rawert gehört und der unter dem Dach der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung gegründet wurde, setzt sich ein für
- die Umsetzung sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte,
- den Zugang zu freiwilliger Familienplanung und den Schutz vor HIV und Aids,
- die Verwirklichung der Mädchen- und Frauenrechte sowie der Geschlechtergerechtigkeit,
- die Herausforderungen im Zusammenhang mit Bevölkerungsdynamiken
- die Bekämpfung vernachlässigter und armutsassoziierter Krankheiten wie z.B. Tuberkulose.
Die Zahl der Neuinfektionen an TBC steigt
Doch ist Tuberkulose in Deutschland überhaupt noch von Bedeutung? Zwischen den Jahren 2001 und 2009 sind die Zahlen der an Tuberkulose erkrankten Menschen in Deutschland zwar stetig zurückgegangen, doch seit einigen Jahren steigen eben diese Zahlen wieder an, sodass 2014 über 5.000 Fälle von Tuberkulose gemessen werden konnten. Einen Überblick über die Tuberkulose-Problematik und die Arbeit des TB Caucus gab Stephan Albani, Mitglied des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung und Vorsitzender des European TB Caucus. Er berichtete vor allem von den Schwierigkeiten der Behandlung von multiresistenter und extrem arzneimittelresistenter Tuberkulose. Die Behandlung dieser beiden Arten ist komplex, beinhaltet die Einnahme vieler verschiedener Medikamente und dauert lange.
Rechtzeitige Prävention heute, spart Behandlungskosten morgen
Der Parlamentarische Beirat der Stiftung für Bevölkerung und Entwicklung hatte als Experten Willo Brock, Senior Vice President for External Affairs der TB Alliance, eingeladen. Er berichtete von der Arbeit seiner PDP, der (PDPs) für armutsbedingte und vernachlässigte Krankheiten, insbesondere Tuberkulose und der Bedeutung von PDPs für die Forschung und Bekämpfung von Krankheiten weltweit.
Laut Brock kostet eine Behandlung einer extrem resistenten Tuberkulose zurzeit rund 500.000 Euro, dauert mindestens sechs Monate und ist nur in den wenigsten Fällen erfolgreich. Außerdem erkranken pro Jahr ungefähr eine Millionen Kinder an Tuberkulose. Die Medikamente, die für die Behandlung von Nöten sind, sind an das Körpergewicht gebunden. In der Realität bedeutet das für die Behandlung von Kindern, dass die Pillen in mehrere Teile zerbrochen werden müssen. Die Pillen hätten einen sehr bitteren Geschmack, was die Behandlung von Kindern über einen Zeitraum von einem halben Jahr sehr schwierig gestaltet.
TB Alliance arbeite jedoch, so Brock, an einer effizienteren, kürzeren und um einiges billigeren Therapie und habe bereits Fortschritte beim Finden neuer Behandlungen gemacht. So wurde ein Medikament entwickelt, das besser schmeckt und sich auflösen lässt, sodass die korrekte Dosis abgemessen werden kann. Aktuell führt TB Alliance einen Probelauf mit einem neuen Medikament durch, an dem bis jetzt 46 PatientInnen teilnehmen. 30 von ihnen haben die sechs Monate der Behandlung vollendet und bis jetzt sind noch keine Rückfälle zu verzeichnen. An diesem Medikament wurde bereits 15 Jahre lang geforscht, erklärte Brock. Zum Abschluss warb er noch einmal für mehr Unterstützung der PDPs und mahnte an, die Gefahr von TBC nicht zu unterschätzen. Die Folgekosten wären um ein Vielfaches höher als rechtzeitige Investitionen in die Gesundheitsprävention heute.