Stabile Kabinen statt Zelte, moderne sanitäre Anlagen statt Dixi-Toiletten und auch nur noch 1100 Menschen. So sehr hat sich die Notunterkunft im ehemaligen Flughafen Tempelhof seit der Eröffnung am 24. Oktober 2015 verändert.
Der Besuch in der Notunterkunft Tempelhof am 23. November war Teil des offiziellen Besuchsprogramms der Delegation von maltesischen Abgeordneten vom 20. bis 24. 11.2016 hier in Berlin. Für die informative Führung durch die Einrichtung und das interessante Gespräch danke ich Maria Kipp, die beim Betreiber TAMAJA Soziale Dienstleistungen GmbH für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.
NUK Tempelhof als Erstaufnahmeeinrichtung
Das nächste große Ziel des Betreibers "Tamaja" und der Stadt Berlin für die NUK Tempelhof ist die Verwandlung in eine reine Erstaufnahmeeinrichtung. Mittlerweile leben hier einige Geflüchtete schon seit über einem Jahr. Ursprünglich sind alle von einer sehr viel kürzeren Verweildauer ausgegangen. In den 25m2-großen nach oben offenen Kabinen, in denen jeweils bis zu 8 Menschen gemeinsam leben, kann nicht von Privatsphäre gesprochen werden. Auch Türen gibt es nicht. Längere Zeit leben sollen die geflüchteten Menschen eigentlich in den besser ausgestatteten Langzeitunterkünften.
Ein funktionierendes System der Integration
Erstaunlich leise und leer war es an diesem Vormittag in den Hangars des ehemaligen Flughafens. Wo waren die 1100 Menschen, die dort leben? Die Antwort darauf liefert den Beweis, dass inzwischen ein funktionierendes System zur Integration aufgebaut wurde: Alle Kleinkinder werden in der Kindertagesstätte in den Hangars betreut. Alle weiteren Kinder bis 16 Jahren sind in Willkommensklassen an Berliner Schulen untergebracht, wo sie Deutsch lernen, um dann in den deutschen Schulalltag integriert werden zu können. Einige nehmen auch bereits am regulären Schulunterricht teil. Viele Erwachsene nehmen tagsüber an Sprachkursen und Praktika teil, oder sind bereits in den Arbeitsmarkt eingetaucht.
Mich hat die seit dem Sommer 2016 eröffnete Sportfläche in Hangar 1 sehr gefreut. In den letzten Monaten sind zahlreiche neue Möglichkeiten der Freizeitgestaltung in der NUK Flughafen Tempelhof hinzugekommen.
Normalität leben: „Es müssen Brücken gebaut werden“
Das Begegnungscafé in Hangar 1ist vor einigen Wochen eröffnet worden. Hier beantwortete Maria Kipp im Anschluss an die Führung durch die Hangars und über das Gelände alle noch ausstehenden Fragen der maltesischen Delegation. Dabei wurden sowohl Fragen über die Einrichtung selbst, als auch über die Geflüchtetenpolitik in Deutschland im Allgemeinen gestellt. Mit großem Interesse wurde bei verschiedenen Themen nachgehakt: Warum legt die NUK Tempelhof so viel Wert darauf religionsneutral zu sein? Aus welchen Ländern kommen die Geflüchteten, die jetzt in der Unterkunft leben? Die NUK steht in engem Kontakt zu den umliegenden Kirchen und Moscheen, die die Geflüchteten jeder Zeit besuchen könnten, so Maria Kipp. Die Geflüchteten kämen dort auch gleich mit den BerlinerInnen in Begegnung und Austausch. Zudem wohnen in der Unterkunft Menschen verschiedenster Nationalitäten, die nicht alle der gleichen Religion oder Glaubensrichtung angehören. Wie viele Menschen aus welchen Ländern dort zusammenleben, hängt häufig mit den Asylverfahren zusammen: Bei der Bearbeitung dieser Verfahren bzw. bei der Genehmigung der Asylanträge gibt es unterschiedliche Prioritäten. So haben zum Beispiel Geflüchtete aus Syrien zurzeit eine höhere Priorität als Geflüchtete aus Afghanistan.
Weshalb gibt es in Deutschland keine Kurse für „Kulturunterricht“, wie sie in Schweden schon eingeführt wurden? Die Offenheit gegenüber neuen Kulturen ist von hoher Wichtigkeit. Zur Frage nach den „Kulturkursen“ meinte Kipp, es dürfe auf keinen Fall der Eindruck erweckt werden, die Kultur oder die Wertevorstellungen, mit denen die Menschen aufgewachsen sind, seien falsch. Im Alltagsgeschehen können die Kultur sowie die Werte besser kennengelernt werden, als in einem Kurs. Der Austausch mit anderen Menschen ist dabei von sehr großer Bedeutung.
„Alles was die Menschen wollen, ist normal zu leben, die Kontrolle über ihr Leben selbst zu haben“. Deshalb sei es beispielsweise ein großes Problem, dass es in der NUK keine Möglichkeit gäbe, selbst zu kochen. Diese fehlende Kontrolle der Menschen über ihr eigenes Leben sowie die fehlende Privatsphäre sollen aber so schnell wie möglich durch einen Umzug in Langzeitunterkünfte wiederhergestellt werden.
Zur Normalität gehört auch das arbeiten gehen, das eigene Geld zu verdienen. Die Motivation und der Wille, arbeiten zu gehen, sei sehr hoch, denn Arbeit gehöre zu einem normalen Alltag.
"Es müssen Brücken gebaut werden" wurde auf der Führung durch die NUK Tempelhof und im Gespräch immer wieder betont - für ein weiterhin friedliches und tolerantes Miteinander.