[aktualisiert]
Der Bundesrat verabschiedete am 16. Dezember 2016 das Bundesteilhabegesetz und das Pflegestärkungsgesetz (PSG) III. Beide Gesetze treten am 1. Januar 2017 in Kraft. Das PSG III bildet den Abschluss der größten Pflegereform seit Einführung der Sozialen Pflegeversicherung. Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) stellen wir entscheidende Weichen in Richtung inklusiver Gesellschaft.
Mit dem PSG III übertragen wir den neuen bedarfsgerechteren Pflegebedürftigkeitsbegriff auch in die Hilfe zur Pflege des SGB XII. Auch Sozialhilfeempfangende sollen von den neuen Leistungen des PSG III profitieren. Und wir setzen die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Stärkung der Rolle der Kommunen in der Pflege um. Kommunen erhalten für fünf Jahre das Initiativrecht zur Einrichtung von Pflegestützpunkten. In 60 Modellvorhaben erproben wir die Pflegeberatung aus einer Hand - in der Altenhilfe, Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege und Pflegeversicherung. Ein richtungsweisender Schritt in der Pflege. Nur wer gut beraten wird, kann auch alle ihr oder ihm zustehenden Leistungen beanspruchen.
Zusätzlich zur Zustimmung wurden drei Entschließungsanträge zum PSG III verabschiedet:
- Die Bundesregierung soll unter Beteiligung der Länder eine begleitende wissenschaftliche Evaluation beauftragen, mit der die Kostenfolgen für die Sozialhilfe untersucht werden.
- hinterfragen die Länder in einem Entschließungsantrag den Gleichklang der leistungsgerechten Bezahlung zwischen tarifgebundenen und nicht-tarifgebundenen Pflegeeinrichtungen kritisch. Gefordert wird, die Neuausrichtung der Vergütungsverfahren bis 31. Dezember 2019 zu evaluieren.
- In einem weiteren Entschließungsantrag fordern die Länder, „schnellstmöglich" mit einem weiteren Gesetzentwurf im Sinne der vom Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 23.9. 2016 vorgeschlagenen Formulierungen der §§ 123, 124 SGB XI zu korrigieren. Sie sind der Meinung, dass die Regelungen zu den Modellkommunen den sozialräumlichen Beratungsansatz, den die Bund-Länder-AG mit den "Modellkommunen Pflege" verfolgte, mit der derzeitigen Gesetzesform noch nicht ausreichend in der Praxis noch nicht ausreichend realisieren werde.
Mit dem BTHG lösen wir die heutige Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem der Sozialhilfe (zwölftes Sozialgesetzbuch) und überführen sie in ein modernes Teilhaberecht nach dem neunten Sozialgesetzbuch (SGB IX). Erwerbstätige Leistungsbezieher*innen können so künftig mehr von ihrem Einkommen und Vermögen behalten. Der Schonbetrag wird sich bereits im kommenden Jahr auf 27.600 Euro verzehnfachen und im Jahr 2020 weiter auf rund 50.000 Euro ansteigen. Und es wird künftig einen bundesweiten Anspruch auf ein Budget für Arbeit geben, um auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Alternativ zum Arbeitsbereich der Werkstatt können künftig auch andere Anbieter Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben anbieten. Das bedeutet mehr Wahlmöglichkeit und Selbstbestimmung.
Zusätzlich zur Zustimmung wurde ein Entschließungsantrag verabschiedet. Der Bundesrat begrüßt die vom Deutschen Bundestag beschlossene Evaluation der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung in den Jahren 2017 bis 2021 für die zentralen neuen Leistungen im Bundesteilhabegesetz:
- die verbesserte Einkommens- und Vermögensanrechnung,
- die Einführung des Budgets für Arbeit und der anderen Leistungsanbieter,
- die neuen Leistungskataloge für die soziale Teilhabe und die Teilhabe an Bildung,
- die Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe von den Leistungen zum Lebensunterhalt,
- die Einführung eines trägerübergreifenden Teilhabeplanverfahrens sowie
- die Einführung von Frauenbeauftragten in den Werkstätten für behinderte Menschen.
Die Länder erwarten nun, dass der Bund im Lichte der Ergebnisse der Evaluation etwaige bei den Ländern oder auf kommunaler Ebene anfallende Kostensteigerungen durch das BTHG vollständig und damit auch rückwirkend sowie dauerhaft übernimmt. Wir werden auch in der kommenden Legislatur über das Bundesteilhabegesetz auf allen Ebenen debattieren müssen - und wollen.
Für mich als Pflegepolitikerin ist es wichtig, dass die Leistungen der Eingliederungshilfe und der Pflege weiterhin gleichrangig nebeneinander stehen. Einen Vorrang der Pflege gibt es nicht. Dafür haben die SPD-Bundestagsfraktion und ich persönlich intensiv gekämpft. So räumen wir die große Sorge aus, es könnte durch das neue Gesetz zu einer systematischen Verschiebung von Teilhabeleistungen in die Pflege kommen.
Beide Gesetze sind ein Ausdruck aller föderalen Ebenen. Viele wichtige Vorschläge und Forderungen von Verbänden und Bundesländern, von Selbsthilfe- und Selbstvertretungsorganisationen sind in die Gesetze eingeflossen. Dieses ist nun ein sehr gutes Fundament. Wir machen weiter, Seit an Seit, für Selbstbestimmung und Teilhabe.