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Gesundheit rund um die Geburt

In den letzten Jahren wurde die Sorge um ein negatives Bevölkerungswachstum in Deutschland immer stärker. Unsere Gesellschaft werde immer älter und es würden zu wenige Kinder geboren werden um dies auszugleichen, so die Klage. Doch die Geburtenrate steigt wieder an, 738.000 Kinder kamen im Jahr 2015 in Deutschland auf die Welt, die meisten von ihnen gesund. Das sind 1,5 Kinder pro Frau, so viele wie zuletzt vor 33 Jahren.

Gesundheit für Mutter und Kind ist allerdings keine Selbstverständlichkeit. Damit das aber auch so bleibt, ist vom Kooperationsverbund gesundheitsziele.de das achte nationale Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ entwickelt worden. Dieses neu erarbeitete Gesundheitsziel umfasst die Phase der Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und die Entwicklungsphase im ersten Lebensjahr des Kindes. Zusammen mit dem 2003 veröffentlichten und 2010 aktualisierten Gesundheitsziel "Gesund aufwachsen: Lebenskompetenz, Bewegung, Ernährung" verfügt der nationale Gesundheitszieleprozess nun über eine Abbildung bis zum Ende der Kindheit.

Als Berichterstatterin für Frauengesundheit der SPD-Bundestagsfraktion freue ich mich sehr, dass das neue Gesundheitsziel am 13. Februar 2017 vom Vorsitzenden der 30 Mitglieder umfassenden, interdisziplinären Arbeitsgruppe „Gesundheit rund um die Geburt“, Thomas Altgeld, im Rahmen einer Pressekonferenz veröffentlicht worden ist. Stellvertretend für die Gesundheits- und Familienpolitiker*innen des Deutschen Bundestages nahmen Dr. Edgar Franke (SPD, MdB), Vorsitzender des Ausschuss für Gesundheit, und Paul Lehrieder (CDU; MdB), Vorsitzender des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das neue Gesundheitsziel in Form einer 132-seitigen Broschüre entgegen.

Kinder sind Zukunft

Ein gesunder Start ins Leben ist nicht nur einer guten medizinischen Versorgung, sondern auch guten Rahmenbedingungen für Familien geschuldet. Die Übergabe an zwei Ausschussvorsitzende zeigt, „dass viele Politikfelder gefordert sind, um einen gesunden Start ins Leben zu ermöglichen. Die zentralen Entwicklungsbedarfe liegen insbesondere in einer besseren Zusammenarbeit unterschiedlicher Sektoren z.B. der Geburtshilfe und den familienbezogenen Angeboten vor Ort“, so Altgeld.

Die Akteur*innen dieses Gesundheitszieles, Akteur*innen aus dem Gesundheitswesen und Vertreter*innen von Bund und Ländern, haben fünf Ziele konsentiert:

  1. „Eine gesunde Schwangerschaft wird ermöglicht und gefördert.
  2. Eine physiologische Geburt wird ermöglicht und gefördert.
  3. Die Bedeutung des Wochenbetts und die frühe Phase der Elternschaft sind anerkannt und gestärkt.
  4. Das erste Jahr nach der Geburt wird als Phase der Familienentwicklung unterstützt. Eine gesunde Entwicklung wird ermöglicht und gefördert.
  5. Lebenswelten und Rahmenbedingungen rund um die Geburt sind gesundheitsförderlich gestaltet.“

 

Zur gesunden Schwangerschaft gehört, so Edgar Franke, eine gute Aufklärung über Risiken und Diagnostika zur Vermeidung von Frühgeburten. Paul Lehrieder verweist darauf, dass den Frauen die Möglichkeit geboten werden muss, gesund in die Geburt zu gehen. Den Menschen sei wieder Mut zur Gründung einer Familie zu machen, denn „Kinder sind die Zukunft“. Bei der Förderung der physiologischen Geburt gibt es große regionale Unterschiede. Bereits heute ist die Kaiserschnittrate doppelt so hoch wie noch 1990. Das dramatische Ansteigen des Kaiserschnitts kann einerseits mit den heutigen medizinischen Möglichkeiten erklärt werden. Andererseits ist es aber auch so, dass die „Pathologisierung“ der Geburt bzw. der Schwangerschaft immer mehr Frauen Angst macht, ihr Kind auf natürlichem Wege zu gebären.

„Starke Mütter - starke Kinder“

Anerkannt und gestärkt werden die Bedeutung des Wochenbetts und die frühe Phase der Elternschaft. Die Familien brauchen politische Entscheidungen, die ihr Zusammenwachsen fördern sowie eine bessere Transparenz und Vernetzung von Hilfestrukturen gewährleisten. Die Selbstbestimmung der Betroffenen sei wichtig, denn starke Mütter sind ein bedeutender Faktor für die Entwicklung zum starken Kind.

Schwangerschaft ist keine Krankheit

Was kann und soll Politik machen, um zu garantieren, dass das Gesundheitsziel auch wirklich umgesetzt wird und es nicht bei „Papier ist geduldig“ bleibt?

Ein ernstzunehmendes Problem sei der zunehmende Fachkräftemangel bei den Hebammen bzw. den Entbindungspflegern, eine in der Politik intensiv diskutierte Herausforderung. Wir wissen, dass es im ambulanten Bereich als auch in den Krankenhäuser mittlerweile Schwierigkeiten gibt, den geforderten Personalschlüssel einzuhalten. Ein Gesprächsthema war auch die generalistische Pflegeausbildung verbunden mit der Frage, ob hier die Kinderpflege tatsächlich eingeschlossen werden solle. Auch die Diskussion zu einer besser zu gestaltenden Zusammenarbeit von Hebammen und Ärzt*innen war ein stark emotional diskutiertes Thema. Eine für alle zufriedenstellende kurzfristige Lösung wurde nicht gefunden.

Das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen sei überdurchschnittlich hoch, insbesondere hinsichtlich einer Elternschaft. Bei der Umsetzung des Gesundheitsziels gehe es besonders um Bewusstseinsveränderung, die allerdings nicht ausschließlich von der Politik gelenkt werden könne. Gesellschaftliche Diskussionen sind daher von größter Wichtigkeit, denn „Schwangerschaft ist keine Krankheit!“