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Vor Ort

Berlin-Mersin-Nahariya im Bundestag: CrossMusik ist die Antwort

Schon Leonard Bernstein bemerkte einst feinsinnig, dass „Musik [...] das Unbestimmbare bestimmen und das Unkommunizierbare kommunizieren.“ kann. Genau das bestätigten während unseres gemeinsamen Frühstücksgespräches im Bundestag Jugendliche aus Berlin, Mersin und Nahariya, die sich gerade im Rahmen des Projektes „CrossMusik“ für ihr zweites Austauschseminar in Berlin befinden, aufs Schönste.

An unserem Gespräch war vieles bemerkenswert: die intensiven Fragen nach der Einschätzung einer sozialdemokratischen Politikerin nach den Möglichkeiten der Umsetzung von zivilgesellschaftlichem Engagement in „autoritären“ Gesellschaften, nach dem politischem Willen und den Voraussetzungen zum Beitritt der Türkei in die EU, nach den Friedensmöglichkeiten im Nahen Osten, etc.; der Wille zur Verständigung untereinander und die damit einhergehende Geduld miteinander aufgrund der jeweiligen Zeit für die Übersetzungen; die Lebendigkeit und Neugierde der jungen Menschen.

Gelungener Auftakt von CrossKultur 2014

Im proppe vollen Saal des Nachbarschaftstreffpunkt HUZUR versammelten sich rund 200 Menschen, um gemeinsam den Auftakt von CrossKultur 2014 zu starten. Ein richtiges Familientreffen. Diese seit sechs Jahren stattfindende Veranstaltungsreihe des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg zwischen dem Internationalen Tag für Toleranz am 16. November und dem Internationalen Tag der MigrantInnen am 18. Dezember ist immer wieder ein Highlight.

Kleine und große Berlinerinnen und Berliner kommen bei den zahlreichen Veranstaltungen in einen vielfältigen Genuss - darauf wiesen Angelika Schöttler, Bürgermeisterin, Gabriele Gün Tank, Integrationsbeauftragte, und Petra Zwaka, Leiterin des Fachbereichs Kunst, Kultur, Museen, in ihren Reden hin. Alle sind herzlich zu einem umfangreichen und bunten Programm mit alten und neuen KooperationspartnerInnen eingeladen.

"Zeichen setzen - Mut machen" - Flüchtlinge in Deutschland

Unter dem Motto "Zeichen setzen - Mut machen" - Flüchtlinge in Deutschland fand am 15. November 2014 im Johanna und Jochen Klepper-Haus, Berlin-Mariendorf, bereits zum 7. Mal ein von Berliner Nagelkreuzzentren vorbereiteter „Versöhnungstag“ statt.  

Im Namen der Vorbereitungsgruppe wurden wir von Klaus Wirbel herzlich begrüßt, ebenso von Pfarrer Olaf Köppen, Ev. Kirchengemeinde Mariendorf. Die sich anschließende von Wolfgang Niemeyer gestaltete Andacht beschäftigte sich anhand des ausdrucksvollen Bildes "Ich war fremd - ihr habt mich aufgenommen" der Künstlerin Anne-Lise Hammann Jeannot mit Fragen wie „Wie kann jede und jeder einzelne von uns zu einer Kultur des Willkommens beitragen? Wie wertschätzt eine Aufnahmegesellschaft, was Menschen aus einem anderen Land, einer anderen Kultur mitbringen?“.

Neue Liegenschaftspolitik: Mit Optimismus in die Zukunft

Mit großer Freude habe ich die Nachricht vernommen, dass der Kaufvertrag zwischen der Pinel gGmbH und der Vivantes GmbH für das Wohnhaus Dominicusstr. 5-9 unterzeichnet worden ist. 
Hierbei handelt es sich nicht um den Verkauf irgendeines Mietshauses. Nein, hier ging es um das Zuhause von 40 psychisch schwer kranken Menschen, die von der Pinel gGmbH  im Rahmen einer 24-Stunden-Betreuung versorgt werden. Dieses Wohnhaus mit betreutem Wohnen ist auch eine direkte Konsequenz der in den 80ger Jahren begonnenen Psychiatriereform. Seit dem damit deutlich werdenden neuen Denken hat sich die psychiatrische Versorgungslandschaft in Berlin grundlegend verändert. Die großen Anstalten wurden dezentralisiert und durch ambulante Hilfen ergänzt. Unterstützungs- und Selbsthilfeangebote wie Tagesstätten oder betreutes Wohnen sind heute direkt im Kiez angesiedelt. 
Das Landesunternehmen Vivantes, bisherige Eigentümerin des Gebäudes, war nach einer Analyse im Hinblick auf seine eigene Kernaufgabe der stationären Krankenversorgung zum Schluss gekommen, dass das in Rede stehende Gelände mit Wohnhaus nicht mehr benötigt wurde. Gemäß den Vergaberichtlinien des Landes Berlin sollte das Wohnhaus Dominicusstr. 5-9 in einem offenen Bieterverfahren an den Höchstbietenden verkauft werden.

Beratungseinrichtungen gegen Verschärfung des Prostitutionsgesetzes

Für die parlamentarische Debatte zur Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes  hatte ich gemäß des Mottos „Politik trifft Praxis“ den Frauentreff Olga, ein Kontaktladen für drogenabhängige und sich prostituierende Frauen direkt an der Kurfürstenstraße, und subway, ein Projekt mit Beratung und Anlaufstelle für Jungen und junge Männer, die unterwegs sind und anschaffen von HILFE-FÜR-JUNGS e.V. um einen Vor-Ort-Termin am 6. Oktober gebeten 2014. Ziel war es, die von der Union auf den Tisch gebrachten Forderungen unter anderem zu einem Mindestalter von 21 Jahren, verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen und Anmeldepflicht für Prostituierte auf ihre Praxistauglichkeit zu untersuchen und Einschätzungen zu gewollten und ungewollten Wirkungen seitens der ExpertInnen der Beratungs- und Hilfseinrichtungen zu erhalten.

Für die parlamentarische Debatte zur Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes  hatte ich gemäß des Mottos „Politik trifft Praxis“ den Frauentreff Olga    LINK       , ein Kontaktladen für drogenabhängige und sich prostituierende Frauen direkt an der Kurfürstenstraße, und subway     LINK               , ein Projekt mit Beratung und Anlaufstelle für Jungen und junge Männer, die unterwegs sind und anschaffen von HILFE-FÜR-JUNGS e.V. um einen Vor-Ort-Termin am 6. Oktober gebeten. Ziel war es, die von der Union auf den Tisch gebrachten Forderungen unter anderem zu einem Mindestalter von 21 Jahren, verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen und Anmeldepflicht für Prostituierte auf ihre Praxistauglichkeit zu untersuchen und Einschätzungen zu gewollten und ungewollten Wirkungen seitens der ExpertInnen der Beratungs- und Hilfseinrichtungen zu erhalten.
Ich freue mich, dass diesem gemeinsamen Treffen von Seiten der Einrichtungen so viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Aus dem Frauentreff Olga nahmen die Teamleiterin Frau Monika Nürnberger und die Sozialarbeiterin Frau Esther Liedtke teil. Herr Helmut Wanner von subway stand uns für Fragen rund um die Mann-männliche Prostitution zur Verfügung. Wichtige Hinweise zur Lebensrealität „auf der Straße“ gab uns auch Marcel Galiovsky von Gangway e.V.    LINK               , der als Streetworker wohnungslose Prostituierte betreut.
Sönke Rix, familienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ulrike Bahr, SPD-Berichterstatterin zum Thema Prostitutionsgesetz im Ausschuss Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Nathalie Sopacua, Fachreferentin der SPD-Bundestagsfraktion für Gleichstellungspolitik, Johanna Wöran, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Parlamentarischen Staatsekretärin und MdB, Elke Ferner, meiner Mitarbeiterin und Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen Tempelhof-Schöneberg, Manuela Harling, und mir wurde zu Beginn die Arbeit der Projekte mit den weiblichen und männlichen und trans* Prostituierten vorgestellt. Bedeutsam dabei: Im Land Berlin gibt es keine Sperrbezirksverordnung.  
Gesundheitsversorgung grundsätzlich sicherstellen
Das Thema „fehlende Krankenversicherung“ durchzog das Gespräch wie ein roter Faden - eine für mich als Gesundheitspolitikerin wichtige Herausforderung. Monika Nürnberger erklärte, dass der Frauentreff Olga die Aufgabe der Suchtberatung habe, es den Mitarbeiterinnen aber sehr schwer falle, die beratenen Frauen in eine weiterführende Suchttherapie zu vermitteln. Die meisten Frauen, die auf der Kurfürstenstraße arbeiten, verfügen über keine Krankenversicherung. 
Der Frauentreff Olga bietet medizinische Hilfe: so ist während der Öffnungszeiten immer eine Krankenschwester anwesend und es gibt eine wöchentliche ärztliche Sprechstunde. Diese medizinische Hilfe wird von den weiblichen Prostituierten sehr gern angenommen. Denn sie alle wissen: ihr Körper ist ihr Kapital. Für aufwendige medizinische Diagnosen und Behandlungen ist das Olga allerdings nicht eingerichtet; es ist auch nicht ihre Aufgabe. Hier stehen die Mitarbeiterinnen vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Sie versuchen ihr Bestes, um den Frauen zu helfen eine ärztliche Behandlung zu bekommen - doch ohne Krankenversicherung ist dies in Berlin kaum mehr möglich. Oftmals wird versucht abzuklären, ob es eine Möglichkeit der Versicherung im Heimatland der größtenteils aus Osteuropa stammenden Frauen gibt, aufgrund derer sie hier einen Versichertenstatus haben.  
Bei den männlichen Prostituierten zeigt sich, so Helmut Wanner, ein anderes Bild. Viele von den so genannten Strichjungen haben bei ihrer Ankunft in Berlin noch nie Kontakt zu einem Arzt, einer Ärztin gehabt. Sie müssten erst vorsichtig an das medizinische Angebot, dass es auch bei „Hilfe für Jungs“ gibt, heran geführt werden. Auch hier gilt: Ist ein Angebot da, nehmen sie es gerne an. Auch hier gilt: mein Körper ist mein Kapital. Ebenfalls bei den männlichen Prostituierten ist die fehlende Krankenversicherung das große Problem, unter anderem auch hinsichtlich einer Zahnbehandlung. Die „billigste“ Krankenversicherung koste immerhin rund 350 Euro, das wäre von den Prostituierten des Kurfürstenstraßenkiez nicht aufzubringen.  
Mein Fazit: Hätten die Prostituierten ein bezahlbares „arbeitsplatznahes“ Angebot zu medizinischen Gesundheitsuntersuchungen würden sie es freiwillig aufgrund eigenen Interesses in Anspruch nehmen. Sönke Rix resümierte, dass aus Sicht der Beratungs- und Hilfeeinrichtungen keine verpflichtende Gesundheitsuntersuchung sondern eher ein Rechtsanspruch auf medizinische Versorgung diskutiert werden müsse. Dieses sei niedrigschwellig anzusiedeln und müsse solche Angebote zur Aufklärung und Behandlung hinsichtlich (sexueller) Gesundheit enthalten, wie es diese Einrichtungen anbieten. 
SprachmittlerInnen für diese soziale Arbeit unverzichtbar
Alle Projekte bejahten, dass ihre Arbeit ohne die Sprachmittlerinnen, die vom Land Berlin finanziert werden, nicht mehr denkbar wäre. Rund 80 % der auf der Kurfürstenstraße arbeitenden Frauen kommen aus osteuropäischen Ländern. Auch die männlichen Prostituierten, die im Kurfürstenstraßenkiez arbeiten, sind bis zu 95% nicht deutscher Herkunft.
Frau Nürnberger wies eindrücklich darauf hin, dass statt Restriktion der Prostitution eine Hilfe der Bundesrepublik für die Herkunftsländer nötig wäre. Es sind Armutsflüchtlinge, die aufgrund von Perspektivlosigkeit im Heimatland gekommen sind. Sie versuchen mit Prostitution sich und ihre Familie zu ernähren. Wer Prostitution eindämmen will, müsse für ein wirtschaftliches Auskommen in den Heimatländern sorgen. Es geht um die „Stabilisierung der Lebenssituationen“ - hier und in den Herkunftsländern.
Anmeldepflicht ist ein Weg in die Illegalität
Ulrike Bahr fragte nach der Einschätzung zu der geforderten Anmeldepflicht. Die PraxisvertreterInnen treffen hierzu eine klare Aussage: Eine verpflichtende Anmeldung sei völlig lebens- und realitätsfremd. Die Erfassung in einer Kartei, die ausschließlich in der Prostitution arbeitende Menschen umfasst, ist eine weitere Stigmatisierung. Viele Prostituierte verschleiern vor ihrer Familie (im Herkunftsland, in Deutschland), dass sie ihr Geld mit Prostitution verdienen. Sie wollen nicht, dass ihr familiäres und nachbarschaftliches Umfeld davon Kenntnis erhält. Für die Projekte bedeute die Einführung einer verpflichtenden Anmeldung als sich prostituierender Mensch eine erhebliche Erschwernis ihrer Arbeit. Sie befürchten bei einer Zwangsregistrierung den Zugang zu den Prostituierten zu verlieren. Viele der KlientInnen würden schlichtweg in die Illegalität getrieben und würden sich dann als „Illegale“ aus Angst vor dem Auffliegen nicht mehr an die Hilfeeinrichtungen wenden. Rechtlich gesehen dürften die Beratungs- und Hilfeeinrichtungen sich dieser Klientel auch nicht mehr zuwenden, da die Einrichtungen selbstverständlich nach Recht und Gesetz handeln (müssen).
Etwas anderes sei eine steuerliche Anmeldung. Damit haben die meisten sowie so kein Problem, da es überall - in Deutschland als auch in Osteuropa - vollkommen normal sei, dass mensch sich bei der Steuerbehörde anmeldet, wenn einer Erwerbsarbeit nachgegangen wird.
Aufstockung des Mindestalters als Hindernis für die soziale Arbeit
Auch die vorgesehene Anhebung der Altersgrenze für Prostituierte auf 21 birgt die Gefahr der Verdrängung in die Illegalität und das Entstehen von Schutzlücken. So richtet z.B. der Frauentreff Olga Wert darauf, dass die weiblichen Prostituierten volljährig, also mindestens 18 Jahre alt sind. Bei einer Anhebung des Mindestalters auf 21 Jahre würde ein Teil ihrer Klientel zwangsweise in die Illegalität gedrängt, da es unrealistisch sei, dass es keine weiblichen Prostituierten zwischen 18 und 21 Jahre mehr geben würde. Gleiches gilt für die männlichen und trans* Prostituierten. Schlimm sei, dass die Einrichtungen in diesem Fall nicht mehr für alle Anschaffenden ein Hilfeangebot anbieten können - es gäbe keine speziellen Einrichtungen für über 18- aber unter 21jährigen. Der Altersanhebung läge ein gutbürgerliches Konzept von Menschen zu Grunde, welches nicht der Lebensrealität der Menschen auf der Straße entspricht. Vielmehr führe es zu einer Verwehrung von sozialarbeiterischer und gesundheitlicher Hilfe, da die sich prostituierenden Menschen nicht mehr erreicht, somit aber auch nicht mehr geschützt werden können. 
Kondome schützen - sollten auch die Freier wissen
Bei meiner Frage zur von der Union angedachten Kondompflicht kam sofort die Gegenfragen: Wer soll denn geschützt und wer diskriminiert und kriminalisiert werden? Fakt ist: Die weiblichen Prostituierten wollen mit Kondomen arbeiten - schon um sich selbst zu schützen. Es seien die Freier, die sexuelle Dienstleistungen ohne Kondom verlangen würden. Weitere Fragen: Wie und durch wen soll die Einhaltung kontrolliert werden? Durch Scheinfreier? Wer soll wie sanktioniert werden? Eine Kondompflicht sei schlichtweg nicht kontrollierbar. Vielmehr müssen die Freier zur Kondombenutzung „erzogen“ werden.
Das Geld muss den Aufgaben folgen
Meine Mitarbeiterin Manuela Harling, die sich als Bürgerdeputierte im Ausschuss Frauen, Queer und Inklusionspolitik mit dem Thema Prostitution in der Kurfürstenstraße seit langem intensiv beschäftigt, wies zurecht darauf hin, dass die Union für all ihre Vorschläge auch die Finanzierung sicher stellen muss. Die Kommunen, ebenso die Berliner Bezirke, hätten schon jetzt keine ausreichende Finanzierung.
Wir alle sollen schützen und nicht diskriminieren 
Ich danke den ExpertInnen sehr dafür, dass sie uns vor Ort einen guten Einblick in ihre Arbeit gegeben und uns verdeutlicht haben, welche Auswirkungen die Gesetzesvorschläge der Union für weibliche, männliche und trans* Anschaffende aber auch für die hier tätigen Hilfeprojekte haben. Ich möchte nicht, dass wir mit unseren Gesetzen Menschen in die Illegalität drängen. Ich möchte Gesetze, die sich gegen Diskriminierung und Stigmatisierung wenden und ein aktives Hilfeangebot ermöglichen.
Mit dem 2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetz wurde die Sittenwidrigkeit der Prostitution abgeschafft und somit die rechtliche und soziale Absicherung der Prostituierten erheblich verbessert. Dazu muss ein bedarfsdeckendes und niedrigschwelliges Angebot an medizinischer und sozialer Beratung und an Hilfsangeboten bis hin zu Ausstiegshilfen vorhanden sein. Es gilt, weibliche und männliche und trans* Prostituierte in ihrer Selbstbestimmung zu stärken.
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