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Rawert: Neues Schwangerschaftskonfliktgesetz ist ein Schritt zurück

Der Bundestag hat am 13. Mai in einem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag die Regelungen für Spätabtreibungen neu geregelt. Anlässlich der Abstimmung erklärt Mechthild Rawert, Berichterstatterin für Frauen und Gesundheit der AG Gesundheit der SPD- Bundestagsfraktion:

Der verabschiedete Gruppenentwurf um die Abgeordneten Singhammer und Griese greift aus meiner Sicht in drei Punkten zu weit. Künftig ist eine Drei- Tages- Frist zwischen der medizinischen Indikation und einem möglichen Schwangerschaftsabbruch - außer bei Gefahr für Leib und Leben - zwingend vorgeschrieben. Es gibt in der Praxis jedoch zahlreiche Fälle, in denen diese Mindestfrist für die Betroffenen eine unzumutbare Härte darstellt. Jeder Schwangerschaftsabbruch ist für Schwangere und ihre Partner eine der schwersten Entscheidung ihres Lebens. Diesen Entschluss jedoch an eine Mindestbedenkzeit zu koppeln ist aus meiner Sicht der falsche Ansatz. Schwangere und Partner brauchen ausreichend Bedenkzeit, die nicht per Handstrich vom Gesetzgeber verordnet werden kann. Sehr viel wichtiger ist hier das vertrauensvolle Gespräch zwischen Ärztin oder Arzt und den Betroffenen. Bedenklich ist auch, dass die Forderungen nach Information und einem Rechtsanspruch auf Beratung der Frauen schon zu Beginn der Schwangerschaft keine Mehrheit im Plenum gefunden haben. Das ist nötig, um rechtzeitig Informationen über finanzielle Hilfen und Rechte von Familien mit behinderten Kindern und über vorgeburtliche Untersuchungen zu erhalten. Im verabschiedeten Gesetzentwurf hingegen sollen ÄrztInnen der betroffenen Schwangeren Informationsmaterial, das die Schwangere über ihren Rechtsanspruch auf umfassende Beratung aufklärt, erst dann aushändigen, wenn beim ungeborenen Kind eine Schädigung festgestellt wird.

Eine Vermittlungspflicht von Ärztinnen und Ärzten in eine psychosoziale Beratungsstelle, wie jetzt beschlossen, ist überzogen und greift in die Berufsfreiheit von Ärztinnen und Ärzten ein. Statt dessen sollte auch hier die Schwangere frei wählen können, ob sie die Hilfe annimmt – nur freiwillige Beratung ist Ziel führend.

Wenn eine Ärztin oder ein Arzt gesetzeswidrig eine Indikation ausstellt oder einen Schwangerschaftsabbruch vornimmt, macht sie oder er sich heute schon strafbar. Es drohen Geld- oder Freiheitsstrafen. Diese Regelungen haben sich bewährt und bedürfen keiner Ergänzung durch Bußgeldregelungen im Schwangerschaftskonfliktgesetz. Wir hätten uns deshalb den Verzicht auf neue Ordnungswidrigkeiten gewünscht. Wir vertrauen darauf, dass Ärztinnen und Ärzte gemeinsam mit ihren Patientinnen zu verantwortungsbewussten Entscheidungen kommen. Wir wollen Frauen in Not nicht wieder in die Illegalität oder ins benachbarte Ausland drängen.

Insgesamt wird aus meiner Sicht mit dem neuen Schwangerschaftskonfliktgesetz zu sehr in das Vertrauensverhältnis zwischen Patientin und Ärztin/Arzt eingegriffen und das Recht der Frau auf Selbstbestimmung im sensibelsten Lebensbereich beschnitten.