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8. Welt-Suizid-Präventionstag: Das Schweigen beenden, nicht das Leben

Anlässlich des heutigen 8. Welt-Suizid-Präventionstages erklärt die für „Frauen und Gesundheit“ zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion Mechthild Rawert:

Alle 3 bis 4 Minuten versucht jemand in Deutschland sich das Leben zu nehmen, alle 45 Minuten gelingt es. In Deutschland sterben durch Selbsttötung jährlich über 9.000 Menschen.

Unbestritten ist, dass neben biologischen auch seelische und soziale Faktoren bei der „Anfälligkeit“ für Suizide eine Rolle spielen. 90 Prozent aller Selbsttötungen stehen in Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung, allen voran die Depression. Auslöser ist zumeist eine seelische Krisensituation, in der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit überwiegt und die als nicht mehr bewältigbar angesehen wird.

Das seelische Wohlbefinden gehört zur Gesundheit. Auch bei der Psyche muss Gesundheitsförderung ansetzen. Immer häufiger geht es um die Behandlung psychischer Erkrankungen. Auszubauen sind Hilfsangebote für gefährdete Menschen. Wir brauchen grundsätzlich mehr psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgungsangebote.

Psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgungsangebote müssen geschlechter- und altersspezifische Unterschiede stärker aufgreifen. Jeder 2. Suizid wird von einer Frau über 60 Jahre begangen. Darüber hinaus müssen sie kultursensibler werden. Wir brauchen mehr wissenschaftliche Studien, die den tatsächlichen Bedarf an muttersprachlicher Psychotherapie für Frauen und Männer mit Zuwanderungshintergrund ermitteln.

Migration verstärkt die Anfälligkeit für eine Selbsttötung. Ist in Deutschland die Suizidrate von ZuwanderInnen der ersten Generation aus islamisch geprägten Ländern vergleichsweise niedrig, so steigt sie bei jungen Frauen der zweiten und dritten Generation an: Doppelt so viele junge Frauen aus türkischstämmigen Familien versuchen bzw. vollenden eine Selbsttötung wie Gleichaltrige ohne Zuwanderungsgeschichte. Viele sind innerlich zerrissen zwischen traditionellen Rollenerwarten und moderner Lebensform, erfahren Stigmatisierung und Ausgrenzung durch die deutsche Gesellschaft.

Die Lebensmüdigkeit der jungen Frauen mit Migrationshintergrund ist intensiver zu erforschen. Aus diesem Grunde unterstütze ich das Forschungsprojekt der Berliner Charité und die Informationskampagne für selbstmordgefährdete türkisch(stämmig)e junge Frauen und Mädchen. Im Forschungsprojekt werden die Ursachen für die überproportionalen Suizidversuche und Selbsttötungen untersucht. Unter der Telefonnummer 01805-227707 wird täglich von 8.00 - 16.00 Uhr Rat und Hilfe von Expert/innen angeboten.

Der Welt-Suizid-Präventionstag wurde 2003 von der Weltgesundheitsorganisation zum ersten Mal ausgerufen. Ziel ist die Enttabuisierung des Themas vor allem aber die Forderung nach optimalen und spezialisierten Hilfsangeboten für alle.