Unter dem Titel "Gesichter der Frauengesundheit: Diskussionen und Standpunkte" fand am 5. und 6. November die 18. Jahrestagung des AKF, Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. statt.
Auf dem Gelände des Spandauer Johannesstifts diskutierten Expertinnen mit dem Ziel, Frauen als Patientinnen und Expertinnen im Gesundheitsbereich und auch ihre politischen Vertretungen zu informieren und zu unterstützen. Ich war eingeladen, mich mit dem Thema „Dauerbaustelle Gesundheit und Pflege - Gesunderhaltende Reformen oder krankmachende Reformitis“ an der Diskussion zu beteiligen.
Die Gesundheitswirtschaft beschäftigte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in 2009 rund 13% aller Beschäftigten in Deutschland. Ihre Ausgaben beliefen sich auf 278,3 Milliarden Euro. Auf jede/n EinwohnerIn entfielen 2009 durchschnittlich Aufwendungen von rund 3.400 Euro (2008: 3.220 Euro). Also auch ökonomisch gesehen ein gewichtiger Bereich.
Gesundheit und Pflege ist für die SPD als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ein volkswirtschaftlicher Wertschöpfungssektor, der über eine soziale Bürgerversicherung finanziert werden kann. Der Zugang zu Leistungen des Gesundheitswesens für alle ist für uns eine Frage der (Geschlechter-) Gerechtigkeit und Solidarität. Das ist angesichts des demographischen Wandels, und des medizinisch-technischen Fortschritts um so wichtiger. CDU/CSU und FDP haben mit dem 2010 in Kraft getretenen „Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der GKV“ (GKV-FinG) deutlich gemacht, dass für sie das Gesundheitswesen eher ein Kostenfaktor ist, der Lohnnebenkosten in die Höhe treibt. Während die Arbeitgeberbeiträge eingefroren und Geschenke an die private Krankenversicherung, an Pharmakonzerne und Teile der Ärzteschaft verteilt wurden, werden den Versicherten die weiter steigenden Kosten durch höhere Beiträge und Kopfpauschalen einseitig aufgebürdet. Die auf dem Koalitionsgipfel von CDU/CSU und FDP beschlossenen Steuersenkungen gefährden den Ausbau einer zukunftsorientierten Pflege-Infrastruktur im Bereich der Pflege. Private Vorsorgemodelle für den Pflegefall sind eine schreiende Ungerechtigkeit. Das „Jahr der Pflege“ wird zum Hohn!
Anerkennung und Wertschätzung der pflegerischen Berufe
Die Stärkung von Anerkennung und Wertschätzung der pflegerischen Berufe nahm in meinem Vortrag breiten Raum ein. Pflege ist in den vorrangig auf ärztliche Tätigkeiten ausgerichteten Fallpauschalen zu wenig abgebildet. Um der Gefahr von Schmalspurausbildungen zu begegnen, habe ich die Zusammenführung der Erstausbildung von Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege angemahnt und eine bessere horizontaler und vertikaler Durchlässigkeit der Berufswege gefordert. Den mitdiskutierenden Frauen war besonders wichtig, eine bessere Karriereförderung und alternsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten zu erreichen, um den überwiegend weiblichen Beschäftigten die längere Ausübung des Berufs trotz der hohen psychischen und physischen Belastung zu sichern.
Diskutiert wurden aber auch Realitäten aus den Arztpraxen: Die Zunahme der IGeL-Leistungen gerade auch bei den GynäkologInnen, die Bedeutung eines vertrauensvollen ÄrztIn-PatientIn-Kontaktes, die Notwendigkeit evidenz-basierter Medizin.
Das Fachfrauennetzwerk AKF
Von der AKF-Vorsitzenden wurde mir das Positionspapier „Ein solidarisches Gesundheitssystem für alle!“ mit der Bitte überreicht, es in die Bundespolitik einzubringen.
Der AKF ist ein Fachfrauennetzwerk zum Thema Frauengesundheit. Es vertritt die Interessen von Frauen als Patientinnen, als Expertinnen und als Bürgerinnen. Es ist unabhängig und setzt sich für mehr Transparenz im Gesundheitswesen ein. Ziel ist nicht nur, größere Geschlechtergerechtigkeit, sondern auch zur Erneuerung unseres Solidarsystems beizutragen. Da liegt es nahe, dass ich jetzt auch Mitglied des AKF werde!