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Fachgespräch mit Studierenden der Katholischen Hochschule Köln

Die Sicherung des Fachkräftebedarfs in der Pflege gehört zu den größten Herausforderungen der Gesundheits- und Pflegepolitik. Entscheidend hierfür ist die Schaffung attraktiver Rahmenbedingungen für das Arbeits- und Karrierefeld Pflege. So der gemeinsame Tenor meines Fachgespräches mit rund 70 Studierenden der Studiengänge Pflegepädagogik und Pflegemanagement der Katholischen Hochschule Köln (Katho) am 9. Januar im Deutschen Bundestag.

Die Fragen der Studentinnen und Studenten standen im Mittelpunkt der temperamentvollen und fachlich sehr fundierten Diskussion. Aus Sicht der Studierenden und der sie begleitenden Professoren müssen folgende Punkte schnellstmöglich von der Politik und der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen gelöst werden:

  • Die Genehmigung der Heilübertragungsrichtlinie nach § 63 Abs. 3b durch die Bundesregierung und die Förderung der Möglichkeit zur Einrichtung von Modellprojekten durch die Krankenkassen.
  • Eine auch auf Bundesebene zu führende Debatte über die Einrichtung von Pflegekammern.
  • Eine Evaluation darüber, in welchem Ausmaß eine grundständige Akademisierung in der Pflege in Zukunft nötig und möglich ist. Die Herausforderung ist aktuell durch die EU-Berufsanerkennungsrichtlinie gegeben.
  • Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf/Karriere und Familie und die Schaffung von alter(n)sgerechten Arbeitsplätzen als wesentliche Voraussetzungen für den längerfristigen Verbleib im Berufsfeld Pflege.
  • Die Etablierung eines mehrschichtigen Modells in der Pflege, wie es z.B. in Norwegen seit langem erfolgreich angewandt wird.

Übereinstimmung herrschte darüber, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung im Arbeits- und Versorgungsfeld Pflege 2011 wenig bis gar nichts getan hat. Aus dem angekündigten „Jahr der Pflege“ ist ein pflegepolitischer Sündenfall geworden. Nichts geschah im Hinblick auf die drängende nötige Einführung eines gerechteren Pflegebedürftigkeitsbegriffs, nichts zur Reform der Pflegeausbildungen, nichts zur Verbesserung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der beruflich Pflegenden.

Pflegepraxis und Gesetzeslage nicht immer übereinstimmend
Diskutiert wurde die Strategie einiger Organisationen, im Ausland gezielt nach Pflegefachkräften zu suchen. Meine Position: Deutschland braucht eine sozialverträgliche Zuwanderung und wir müssen die Etablierung einer Willkommens- und Anerkennungskultur für ZuwanderInnen noch wesentlich ausbauen. Gezielte Rekrutierung von Fachpersonal darf seitens der Träger allerdings nicht mit dem Ziel von Lohndumping erfolgen. Auch für den Gesundheits- und Pflegebereich muss das jüngst beschlossene Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz noch stärker greifen, um die Qualifikationen von in Deutschland lebenden Zuwanderungen adäquat anzuerkennen.

Intensiv debattiert wurde über die Bedingungen des Zugangs zur Pflegeausbildung. Die EU-Kommission hatte kurz vor Weihnachten einen entsprechenden  Änderungsvorschlag der EU-Richtlinie 2005/36/EG vorgelegt, nach der europaweit zwölf Jahre Allgemeinbildung oder ein Äquivalent - in Deutschland zur Zeit zehn Jahre - als Zugangsvoraussetzung gelten soll. Die Studierenden befürchten, dass Deutschland sich mit einer ablehnenden Haltung in eine europäische Isolation begebe und an pflegepolitischer Wettbewerbsfähigkeit verliere.

Den Organisationsgrad in der Pflege erhöhen
Die in der Gesundheits- und Pflegepolitik engagierten Politikerinnen und Politiker auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene haben eine große gesellschaftliche Verantwortung für eine solidarische und menschenwürdige Pflege; aber eben nicht nur sie. Ich habe deshalb die engagierten PflegeexperInnen dazu ermutigt, auch selbst aktiv zu werden und für die eigenen Interessen zu streiten. Jeder und jede ist gefordert sich einzumischen, sich in Gewerkschaften oder Berufsfachverbänden zu organisieren und für bessere Arbeitsbedingungen in der Praxis zu kämpfen. Ich würde die Einrichtung von Pflegekammern unterstützen, habe mich auch dafür stark gemacht, diese in der Koalitionsvereinbarung der neuen Berliner Landesregierung zu verankern - leider vergebens. Bemerkenswert ist für mich, dass zunehmend auch im Bereich der Pflege Arbeitsprozesse bezüglich „Whistle-blowing“ geführt würden.

Seminar der politischen Bildungsarbeit
Das Seminar „Das soziale System Deutschlands in Verfassung und Gesetzgebung“ mit dem Schwerpunkt Gesundheit und Pflege wurde gemeinsam vorbereitet vom Bildungsträger Arbeitsgemeinschaft Staat und Gesellschaft e.V. und dem Dekan der Katholischen Hochschule Köln, Herrn Prof. Dr. Volker Großkopf und umfasste auch Besuche relevanter Bundesministerien. Die außerordentlich motivierten und engagierten Studierenden qualifizieren sich neben ihrer beruflichen Praxis in den verschiedenen Heil- und Pflegeberufen für Leitungsfunktionen im Gesundheitswesen und Sozialmanagement und sind als PflegeexpertInnen sehr willkommene GesprächspartnerInnen für mich als Gesundheits- und Pflegepolitikerin.