Das parlamentarische Jahr 2012 endete im Deutschen Bundestag am 14. Dezember mit der Aktuellen Stunde zum Thema Infrastrukturgroßprojekte. In meiner Rede „Versagen der Bundesregierung angesichts der Kostenexplosion bei Infrastrukturgroßprojekten S21/BER“ habe ich an die Verantwortung des Bundes als Mitgesellschafter für den Hauptstadtflughafen Willy Brandt hingewiesen. Seit Monaten sieht es so aus, als vergesse Bundesminister Ramsauer (CSU) seine Aussage, der Erfolg des BER-Projektes liege „im gesamtstaatlichen Interesse“. Stattdessen ist allzu oft der Eindruck eines Versuchs entstanden, das größte Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands im Jahr der bayerischen Landtags- und der Bundestagswahl zur eigenen politischen Profilierung zu nutzen. Warum hat Herr Ramsauer ausgerechnet eine Sonderkommission zum BER, nicht aber zur neuen mit einem sehr viel stärkeren Kostenanstieg verbundenen BND-Zentrale eingerichtet? Warum wurde nicht auch eine Soko zum neuen Regierungsflughafen eingerichtet, obwohl sich dessen Inbetriebnahme bis 2016/2017 verzögert?
Das Jahr 2013 begann mit der mehr als unerfreulichen Nachricht, dass es zu einer weiteren Verschiebung der Eröffnung des Hauptstadtflughafens kommen wird. Das war und ist für mich als sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete wahrlich keine schöne Nachricht. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mussten sich bereits viel Häme, Wut und Enttäuschung anhören. Berlinerinnen und Berliner sind zu Recht verärgert ob des erneuten Rückschlags.
Viele haben versucht, aus der Flughafenkrise eine Berliner Regierungskrise zu machen: Das ist gescheitert! Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus hat einen Misstrauensantrag gegen den Regierenden Bürgermeister eingebracht - und mehr als deutlich verloren. Auch viele BundespolitikerInnen, die ansonsten im Bundestagswahlkampf gemeinsam für eine Ablösung von Schwarz-Gelb kämpfen, vertraten plötzlich die Meinung, es sei ein probates Mittel im Vorwahlkampf zur Bundestagswahl den Sozialdemokraten Klaus Wowereit anzuschießen. Das ging schief.
Hauptstadtflughafen Willy Brandt
Bereits im Zuge der letzten Terminverschiebung für die Eröffnung des Hauptstadtflughafens hat der Aufsichtsrat die bestehenden Kontrollmechanismen für den Baufortschritt ausgebaut und verschärft. Auf dieser Grundlage hat der neubestellte Technik-Geschäftsführer gutachterliche Stellungnahmen und eine Auswertung von Heißgasrauchversuchen veranlasst mit dem Ergebnis: Horst Amann teilte den Gesellschaftern Berlin, Brandenburg, Bund in einem Schreiben vom 4. Januar mit, dass dermaßen umfangreiche Umplanungen bzw. Umbaumaßnahmen unumgänglich seien, dass eine Inbetriebnahme am 27. Oktober 2013 nicht zu halten sei. Sofort wurden weitere Konsequenzen gezogen: Es findet ein Wechsel beim Aufsichtsratsvorsitz statt, dem Aufsichtsrat soll ein Expertengremium zur Seite gestellt werden, der Bund soll mehr Verantwortung für seine Kontrollfunktion übernehmen, es wird ein neuer Chef der Flughafengesellschaft gesucht…und, und, und. Derzeit kann auf Grund der technischen und baulichen Probleme niemand einen neuen Eröffnungstermin benennen. Das Ziel bleibt jedoch bestehen, BER so schnell wie möglich an den Start zu bringen.
Auch für mich stellt sich die Frage: Wird der Flughafen teurer?
Zunächst einmal ergeben sich für den aktuellen Baubetrieb keine Mehrkosten. Die bisherige Ausfinanzierung reicht vorläufig aus. Dem Land Berlin gegenüber hat die EU im Dezember 2012 bestätigt, dass die Deckung des zusätzlichen Kapitalbedarfs der Flughafengesellschaft in Höhe von 1,2 Mrd. Euro durch öffentliche Gelder EU-rechtlich möglich ist - im Bedarfsfall auch für eine höhere Summe. Dieses erfolgreich abgeschlossene Notifizierungsverfahren ist ein großer Schritt. Und wieder ist auch der Bund gefragt: Schon im Dezember habe ich bemängelt, dass der Bund nicht seinen kompletten Anteil an der Nachfinanzierung frei gegeben hat sondern nur Teilzahlungen. Das sind Steine auf dem Weg zum Erfolg einer BER-Eröffnung. Weiteres ist noch ungeklärt, u.a. auch aufgrund der laufenden juristischen Verfahren.
Dass sich der Berliner Flugverkehr dynamisch entwickelt und das Passagieraufkommen sich in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt hat, ist eine erfreuliche Tatsache. Schließlich spricht diese Dynamik für die Attraktivität Berlins und trägt dazu bei, dass Arbeitsplätze neu entstehen bzw. erhalten bleiben. Damit verbunden ist aber auch, dass sich die Planungen des Flughafens den höheren Zahlen anpassen müssen. Einiges wurde schon mit der Erweiterung des Terminals und mit zusätzlichen Piers getan. Was weiterhin noch passieren muss und ggf. auch mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, vermag ich noch nicht zu sagen.
Berlin, mein Berlin
Neben der wie gesagt mehr als ärgerlichen Verzögerung beim Flughafenbau ärgert mich augenblicklich noch ein anderer Aspekt. Ich finde die Lage Berlins wurde in den vergangenen Tagen sehr verzerrt dargestellt. Fakt ist: Berlin ist eine Stadt im Aufschwung! Und diesen Erfolg unserer SPD-geführten Regierung lasse ich mir nicht kaputt reden. Kein Bundesland wächst stärker: Immer mehr Menschen - rund 40.000 allein in 2011 - ziehen nach Berlin, wollen Berlinerin, wollen Berliner werden. Nirgendwo entstehen mehr neue Jobs: Allein im letzten Jahr wurden rund 35.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen.
All das heißt keinesfalls, dass es für uns Berlinerinnen und Berlinern nicht noch viel zu tun gibt. Das wissen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Die SPD ist schließlich die Partei, die für sozialen Zusammenhalt steht, die Wachstum und soziale Gerechtigkeit wie keine andere zusammenführt. Deshalb stellen wir SozialdemokratInnen uns den großen Herausforderungen Berlins: Wir müssen mit einer engagierten Wirtschaftspolitik für mehr gute Arbeit in unserer Stadt sorgen. Wir müssen unsere Infrastruktur weiter ausbauen und einen funktionierenden Nahverkehr gewährleisten. Wir müssen mit einer guten Mieten- und Wohnungspolitik die soziale Balance in unserer Stadt sichern und auch Menschen mit niedrigen Einkommen ein gutes Wohnen ermöglichen. Wir müssen mit einer guten Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik dafür sorgen, dass noch mehr Menschen exzellente Perspektiven erhalten. Dafür setze ich mich ein.