Mit vermeintlich schwerem Geschütz positioniert sich die Wirtschaft schon einmal gegen angekündigte gesetzliche Vorhaben von Rot-Grün: Nach einer am 14. Januar vorgestellten Studie des Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sind Frauen die Gewinner am Arbeitsmarkt. Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Kölner Instituts, ist der Meinung, dass es „keinen Hinweis auf eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Frauen in Lohnfragen“ gibt. Dass er sich auch gegen eine gesetzliche Quotenregelung ausspricht verwundert nicht. Nicht unerwartet und trotzdem immer wieder schade ist: Zur Verantwortung der Wirtschaft hinsichtlich der Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, hinsichtlich der ungleichen Chancen und Perspektiven bei Beschäftigung und Karrieren für Frauen kommt - nichts!
Zu Recht kritisieren Frauenverbände die Berechnungen des Kölner Instituts. So schreibt der Deutsche Frauenrat auf seiner Website:
„Deutscher Frauenrat: Geschlechtsspezifische Nachteile werden ausgeblendet
Die Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, Hannelore Buls, sagte am 14. Januar dazu: „Das IW klammert mit der ‚Bereinigung‘ der statistischen Daten geschlechtsspezifische Nachteile von Frauen einfach aus und vergleicht nur identische Berufs-Situationen von Frauen und Männern. Dass allein dabei schon ein Unterschied von zwei Prozent entsteht, ist bereits skandalös, denn unser Grundgesetz gibt Gleichstellung vor. Der Schritt, eine Frau schlechter zu bezahlen als einen Mann, fällt Unternehmen immer noch wesentlich leichter. Sie fördern Frauen heute nur dort, wo es für sie ökonomisch rational ist, wenn sie zum Beispiel einem Fachkräftemangel gegenüberstehen. Dies stellt das IW auch richtig in den Mittelpunkt. Aber Firmen nutzen nach wie vor verstärkt alle Möglichkeiten der Lohnsenkung, wie etwa mit Hilfe der sogenannten Aushilfslöhne bei Minijobs und bieten hier insbesondere verheirateten Frauen und Alleinerziehenden keine positiven Perspektiven an. Die Behauptung des IW, dass staatliche Eingriffe nicht erforderlich seien, ist daher falsch.“
Deutscher Juristinnenbund: Ungleiche Chancen werden ausgeblendet
Die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes (djb), Ramona Pisal, beanstandete einen „entscheidenden Fehler in der statistisch-ökonometrischen Berechnung des IW". Diese lasse die genderbezogenen Gründe außer Betracht, die zu dem aktuellen Gender Pay Gap von derzeit immer noch 22 Prozent in Deutschland führten, heißt es in einer Stellungnahme des djb vom 17. Januar. Die Aussage des IW basiere auf der Annahme, dass Frauen unter den gleichen Bedingungen erwerbstätig seien wie Männer, sich also zum Beispiel typischerweise nicht um die Betreuung ihrer Kinder kümmerten und darauf, dass Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten, gerecht bewertet seien im Vergleich zu Berufen, in denen überwiegend Männer arbeiten. „Die Sichtweise des IW ist unter den gegebenen Bedingungen nicht nur unrealistisch, sondern auch gleichstellungspolitisch blind. Ausgeblendet werden die ungleichen Chancen, die Frauen im Erwerbsleben aufgrund ihres Geschlechts und der überwiegend ihnen obliegenden Wahrnehmung von Familienpflichten haben“, so Pisal. Weiter ignoriere das IW die Tatsache, dass Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit oft nicht gleich bezahlt werden. Betriebliche Entgeltanalysen zeigten, dass Frauen bei gleicher Arbeit mitunter schlechter eingruppiert seien als ihre männlichen Kollegen. Nicht selten werde dies damit begründet, dass Frauen schlechter verhandelt hätten. Dies sei ein rechtlich nicht haltbares Argument.
Auch Tarifverträge ließen verschiedenste Mechanismen mittelbarer Entgeltdiskriminierung erkennen: So werde zum Beispiel die Tätigkeit einer Verkäuferin oder eines Verkäufers mit dreijähriger Berufsausbildung im Einzelhandel schlechter entlohnt als eine Lagerarbeit ohne Ausbildung. Ein sachlicher Grund für diese Differenz sei nicht erkennbar, ursächlich hierfür dürften tradierte Tarifstrukturen sein. Vielfach bewerteten und entlohnten Tarifverträge wichtige Anforderungen an frauendominierte Tätigkeiten gar nicht - so etwa psycho-soziale Anforderungen der Kommunikation, der Kooperation oder des Einfühlungsvermögens. Diese würden zwar häufig in Stellenausschreibungen verlangt, jedoch bei der Bezahlung nicht honoriert. Verantwortung werde in Tarifverträgen oftmals bewertet, üblicherweise jedoch nur im Hinblick auf Finanzen oder Führung, nicht auf Menschen. Physische Anforderungen und Belastungen würden nach wie vor überwiegend bei (männlichen) gewerblichen Tätigkeiten anerkannt und vergütet, nicht aber bei Dienstleistungstätigkeiten wie etwa in der Altenpflege, so die ausführliche Kritik des djb an den Berechnungen des IW Köln.“