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Gedenken an die ZwangsarbeiterInnen auf dem Tempelhofer Feld

Anlässlich des jährlich am 27. Januar begangenen „Tag des Gedenkens für die Opfer des Nationalsozialismus“ organisiere ich in meiner Reihe „Erinnerung braucht einen Ort“ eine Veranstaltung. Im Mittelpunkt stehen jeweils Opfer des Nationalsozialismus. Gedacht wird ihrer an einem authentischem Ort. In diesem Jahr erinnerte ich an die ZwangsarbeiterInnen, die auf dem Tempelhofer Feld für faschistische Rüstungsunternehmen arbeiten mussten. Ich danke der „Plan & Tempelhof Projekt GmbH“, dass sie es uns ermöglicht hat, die Veranstaltung in der Alten Zollgarage zu begehen.

Angesichts der von Mitgliedern der rechtsextremen terroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ geplanten und vollbrachten Morde an 9 Männern und 1 Frau, angesichts des Versagens unserer Sicherheitsbehörden auf Landes- und Bundesebene sagen wir: „Nie wieder!“ Wir erklären jeder Form von brauen Staatsterror, rechtsextremen und rassistischen Umtrieben mit allen rechtsstaatlichen Mitteln den Kampf an. Als Demokratinnen und Demokraten zeigen wir Gesicht gegen Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus, gegen Islamophobie und Homophobie, kämpfen für Demokratie, Offenheit und Toleranz.

Auf dem Tempelhofer Feld, mitten in Berlin, lebten tausende Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Diese mussten von 1939 bis 1945 unter unmenschlichen Bedingungen vor allem für faschistische Rüstungsunternehmen arbeiten. Die meisten von ihnen waren sogenannte „Ostarbeiter“ aus den Ländern der damaligen Sowjetunion und aus Polen. Ihr Leiden soll nicht vergessen werden.

Lange Zeit war es aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängt, dass während des 2. Weltkrieges sogenannte FremdarbeiterInnen in Deutschland in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft eingesetzt waren. Während die Männer an der Front und die Frauen für die kriegswichtigen Arbeiten dienstverpflichtet waren, wurden zunehmend angeworbene Arbeiterinnen und Arbeiter aus dem Ausland und Kriegsgefangene eingesetzt. Im Sommer 1940 waren bereits über eine Million Polen als Zwangsarbeiter, als rechtlose Arbeitssklaven in Deutschland. Wegen des Arbeitskräftemangels begannen Einsatzstäbe ab 1943 ganz systematisch mit der zwangsweisen, häufig auch mit Gewalt verbundenen Rekrutierung  von Millionen Zivilisten aus Polen und den Ländern der damaligen Sowjetunion. Die Menschen wurden meistens in großen Zugtransporten nach Deutschland gebracht und hier in Lagern unterbracht. Die so verschleppten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter bildeten das untere Ende der menschenverachtenden und rassistischen Hierarchie der Nazis.

Ich danke Beate Winzer und Isabel Panek vom Verein zur Förderung für ein Gedenken der Naziverbrechen auf dem Tempelhofer Feld e.V. und AG Zwangsarbeit, über die sachkundigen Informationen zur „Verwertung“ der ZwangsarbeiterInnen auf dem Flughafen Tempelhof vorrangig in der Luftfahrtindustrie. Ich danke Gudrun Blankenburg, Kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg, für das Verlesen von zwei ZeitzeugInnenberichten.


Kranzniederlegung für die ZwangsarbeiterInnen am ehemaligen Flughafengebäude
Vor einer selbst angebrachten provisorischen Tafel mit der Aufschrift
„Gewidmet den Menschen, die im Flughafen Tempelhof und auf dem Flugfeld von 1940-1945 in Zwangsarbeit für die NS-Luftrüstung tätig sein mussten. Frierend, ausgesetzt Hunger, Vergewaltigung und Krankheit haben Sie ihre Gesundheit, ihre Jugend und meist ihr Leben verloren. Mögen sie niemals vergessen werden.“
wurde zum Gedenken ein Kranz niedergelegt. In meiner Gedenkrede wurde der millionenfachen Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Sie alle wurden ihrer Menschenwürde beraubt, verfolgt und drangsaliert, ermordet.

Wir gedenken

  • der 6 Millionen ermordeten Juden und Jüdinnen,
  • der rund 500.000 Tausend ermordeten Roma und Sinti,
  • der ermordeten behinderten Kinder und Erwachsenen,
  • der ermordeten Homosexuellen,
  • der ermordeten politisch Andersdenkende, der verfolgten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, Kommunistinnen und Kommunisten, kritischen Christinnen und Christen, der Zeugen Jehovas,
  • der Männer und Frauen des Widerstandes, der Deserteure, der willkürlich benannten KriegsverräterInnen.

Wir gedenken

  • der Gefangenen und Gefolterten des KZ Columbia-Haus,
  • der Kriegsgefangenen,
  • aller Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter insbesondere derjenigen, die deportiert und hier auf dem Tempelhofer Feld ausgebeutet und drangsaliert wurden.

Wir gedenken

  • der vergewaltigten Frauen
  • all der vielen Millionen Menschen, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden.

Wir Deutsche bekennen
Wir sind schuldig geworden. Wir in Deutschland tragen besondere Verantwortung für die Shoa, für das von deutschem Boden ausgehende beispiellose Menschheitsverbrechen, für systematisch betriebenen Massenmord. Wir tragen besondere Verantwortung im Kampf gegen Rechtsextremismus und Neo-Nationalismus. Wir machen deutlich: „Die Menschenwürde ist unantastbar.“ - für jede und jeden. Das ist unser aktives Gedenken.

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130127 Rede Mechthild Rawert.pdf54.22 KB