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SPD zwingt Bundesregierung zum Handeln bei der Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen

Bereits seit drei Jahren fordern wir GesundheitspolitikerInnen der SPD-Bundestagsfraktion die Bundesregierung auf, die Korruption im deutschen Gesundheitswesen zu bekämpfen. Ende 2010 haben wir den Antrag „Korruption im Gesundheitswesen wirksam bekämpfen (Drs. 17/3685) eingebracht - leider lange ohne Erfolg bei Schwarz-Gelb. Vor wenigen Tagen hat nun Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) endlich eine Gesetzesinitiative eingebracht.
Es geht um viel. Es geht um das Vertrauen von Patientinnen und Patienten zu ihrem Arzt bzw. ihrer Ärztin. Das Arzt-PatientInnen-Verhältnis ist empfindlich gestört, wenn PatientInnen den Eindruck gewinnen müssen, nicht ihr Wohl steht im Mittelpunkt, sondern sie erhalten ein bestimmtes Arzneimittel deshalb, weil die Pharmaindustrie dem Arzt/der Ärztin dafür ein Extrahonorar bezahlt. Oder eine Überweisung zu einem bestimmten Arzt/Ärztin erfolgt deshalb, weil es finanzielle Absprachen zwischen den LeistungsträgerInnen im Gesundheitswesen gibt.

Gemäß des Urteils der Großen Strafkammer des Bundesgerichtshofs vom 22. Juni 2012 zur Strafbarkeit von niedergelassenen Vertragsärzten wegen Bestechlichkeit und Vorteilsnahme können niedergelassene Vertragsärzte nach der gegenwärtigen Gesetzeslage strafrechtlich nicht verfolgt werden, angestellte Ärzte aber schon. Ein Straftatbestand wäre nur dann erfüllt, wenn es sich bei den niedergelassenen VertragsärztInnen um AmtsträgerInnen oder um Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen handeln würde. Dies hatte der BGH verneint.

Die „Zweiteilung“ strafbewehrter Korruption stellt uns SozialdemokratInnen nicht zufrieden. Wir sehen Regelungslücken, die durch eine neue Gesetzeslage zu schließen sind. Deshalb haben wir GesundheitspolitikerInnen im Januar 2013 einen weiteren Antrag „Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen unter Strafe stellen“ (Drs. 17/12213) ins parlamentarische Verfahren eingebracht. Wir fordern die Bundesregierung auf, „endlich einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem Korruption im Gesundheitswesen generell unter Strafe gestellt wird“.

Öffentliche Anhörung: ExpertInnen sehen Regelungslücken bei der Korruption
Das Thema Korruption im Gesundheitswesen ist leider ein ernstes. Es muss diskutiert und gelöst werden. Deshalb fand am 17. April 2013 erneut eine Anhörung zum Thema statt. Waren wir SozialdemokratInnen bei der ersten Anhörung 2012 mit unserem Antrag noch alleine, haben mittlerweile alle Oppositionsfraktionen eigene Anträge gestellt.  Die Drucksachen 17/12213, 17/12451, 17/12693 waren Gegenstand der öffentlichen Anhörung. Es wurde deutlich, dass es Regelungslücken bei der Korruption im Gesundheitswesen gibt, die dringend geschlossen werden müssen. Während SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke dafür eigene Straftatbestände schaffen wollen, favorisiert die Koalition Regelungen im Fünften Sozialgesetzbuch. Einigkeit besteht darin, dass es notwendig ist, dass korruptives Verhalten definiert werde. Dass unterschieden werden können muss zwischen gewollter Kooperation und schädlicher Korruption. Bei  Praxisnetzen und integrierter Versorgung müsse es auch angstfreie Absprachen über die Aufteilung der Vergütung geben können. Aber: Während die einen für alle LeistungserbringerInnen und Akteure im Gesundheitswesen einen eindeutigen Straftatbestand plädieren und davon auch FreiberuflerInnen und PrivatärztInnen nicht ausnehmen möchten, wollen andere, dass die neue Regelungen nur für ÄrztInnen gelten soll.

Uneinigkeit herrscht darüber, ob berufsrechtliche Sanktionen wie der Entzug der Zulassung wirkungsvoller sind als das Strafrecht, ggf. nur mit einem Bußgeldurteil. Ich bin der Meinung, dass das Berufsrecht alleine nicht ausreicht, um Korruption aufzuklären. Es muss Durchsuchungen von Praxen, Konten und E-Mails geben können, ganz normale Ermittlungsarbeit halt.
Obwohl es eine Minderheit innerhalb des Gesundheitswesen ist die korruptiv handelt, ist nicht nur der Schaden im Hinblick auf das verlorene Vertrauen groß. Auch der wirtschaftliche Verlust ist immens. Transparency International geht von 15 Milliarden Euro jährlich aus.

Regierung gibt Druck nach und will Korruption unter Strafe stellen
Vor wenigen Tagen hat nun Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) mitgeteilt, dass er die Bestechung und Bestechlichkeit von Kassenärzten bzw. die Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung für „alle Berufsgruppen, die an der Versorgung der Versicherung beteiligt sind“ mit einer Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft ahnden will. Geplant wird eine Strafvorschrift im Sozialgesetzbuch V, aber keine Normierung im Strafgesetzbuch. Zum einen bin ich skeptisch, ob eine Strafvorschrift im SGB V ausreichen wird und zum anderen glaube ich nicht, dass dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode kommen wird.

Umdenken bei der Pharmaindustrie?
Jetzt scheint (endlich) auch bei Pharmaunternehmen ein Umdenken  einzusetzen. Darauf deuten Ergebnisse der Studie „Wirtschaftskriminalität - Pharmaindustrie“ der Universität Halle-Wittenberg und der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers (PwC) hin: Pharmafirmen sehen ihre Geschäftsbeziehungen zu niedergelassenen ÄrztInnenn heute kritischer als noch 2011. Rund 75 Prozent der für die Studie befragten Unternehmen sehen ein Korruptionsrisiko bei der Überlassung von Geräten, der Vergabe von Anwendungsbeobachtungen und bei BeraterInnenverträgen. Allerdings tun die Pharmaunternehmen noch zu wenig, um die damit verbundenen Risiken zu unterbinden.

Konsequenzen für die Zukunft
Mir geht es darum, dass Patientinnen und Patienten sich jederzeit darauf verlassen können, dass die unter Umständen lebenswichtigen Entscheidungen über ihre Diagnostik und Therapie ausschließlich aus medizinischen Gründen getroffen werden. Trotz des durchaus gewollten Wettbewerbs im Gesundheitswesens darf dieses nie zu einem Markt wie jeder andere werden. ich bin fest davon überzeugt: Steht das Wohl der Patientin, steht das Wohl des Patienten im Mittelpunkt ist das Gesundheitswesen weniger anfällig für Korruption. Für diese Patientenorientierung mache ich mich stark.