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Von der Leyen redet Bildungs- und Teilhabepaket schön

Vor zwei Jahren trat das Bildungs- und Teilhabepaket als Folge eines Bundesverfassungsgerichtsurteils für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus Familien, die Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag, Wohngeld oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, in Kraft. Das sind rund 2,5 Millionen Anspruchsberechtigte. Seit seiner Einführung wird die bürokratische und wenig praxisnahe Umsetzung kritisiert, die - wie in Tempelhof-Schöneberg auch - dazu führt, dass die Leistungen kaum in Anspruch genommen werden.

Mit unserem Antrag „Bildung und Teilhabe für alle Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland sicherstellen - Das Bildungs- und Teilhabepaket reformieren“ (Drs. 17/13194) haben wir deshalb einen umfangreichen Forderungs- und Maßnahmenkatalog vorgelegt. Dieser wurde am 25. April im Parlament debattiert.

Von der Leyens Zahlen sind nicht aussagekräftig
Frecherweise wollte die Bundesregierung, wollte Bundesministerin Ursula von der Leyen den ParlamentarierInnen des Fachausschusses Arbeit und Soziales zuvor die Auskunft über die von den Bundesländern zum 31. März 2013 gemeldeten Zahlen zur Mittelverwendung und Inanspruchnahme des Bildungspakets verweigern und diese zuerst der Presse bekannt geben. Das ist ein unglaublicher Affront gegen das Parlament! Auf Druck der SPD-Bundestagsfraktion fand daher eine Sondersitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales statt - schließlich war zu befürchten, dass von der Leyen versucht, die Bilanz des 2011 eingeführten Bildungs- und Teilhabepakets für Kinder aus armen Elternhäusern zu „verhübschen“.

Doch die Zahlen aus der Studie sind wenig aussagekräftig. Berichtet wurde von 73 Prozent der leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren, die das Bildungs- und Teilhabepaket in Anspruch nehmen würden. Auf Nachfrage musste von der Leyen allerdings einräumen, dass ein aus dem Paket geförderter Schulausflug ausreiche, um in die Statistik aufgenommen zu werden. Das heißt: 73 Prozent kommen zusammen, selbst wenn andere Leistungen wie Lernförderung, Mittagessen, Teilnahme an Sport und Kultur nicht genutzt oder auch mangels Angebot nicht genutzt werden können. Zugeben musste das Ministerium auch, dass in Regionen mit einer schlechten Infrastruktur das Bildungs- und Teilhabepaket nicht ankommt. Das soziokulturelle Existenzminimum wird hier also nicht gewährleistet. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht genau das in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 eingefordert.

Bildungs- und Teilhabepaket ist bürokratisch und stigmatisiert Familien
Durch „Verhübschung“ will Schwarz-Gelb der Öffentlichkeit Erfolge vorzugaukeln. Erst war es der 4. Armuts- und Reichtumsbericht und jetzt ist es von der Leyens Studie zum Bildungs- und Teilhabepaket. Dabei stehen die Ergebnisse dieser Studie in einem eklatanten Widerspruch zu den Ergebnissen anderer Studien, deren Titel bereits für sich stehen: „Anspruch nicht eingelöst“ heißt die Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und „Nachhilfe für das Bildungspaket“ ist der Titel einer Studie der Vodafone-Stiftung. Nach Umfragen des Deutschen Städtetages und des Deutschen Landkreistages erhalten nur rund die Hälfte der berechtigten Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket - das entspricht auch dem Tempelhof-Schöneberger Schnitt. Das Paket schreckt viele Anspruchsberechtigte durch bürokratische Hürden ab. Es wirkt stigmatisierend, weil es in Form von Sach- und Dienstleistungen erbracht wird. Den Eltern wird unterstellt, dass das Geld sonst nicht richtig bei den Kindern ankäme.

Bildung- und Teilhabe für alle Kinder und Jugendlichen sicherstellen
Anstatt schöner Worte soll von der Leyen dafür sorgen, dass die Leistungen unbürokratisch in Anspruch genommen werden können, die Bildungsinfrastruktur gestärkt und die Schulsozialarbeit ausgeweitet wird!

Die SPD-Fraktion formuliert in ihrem Antrag umfangreiche und konkrete Vorschläge, um das bürokratische Monster Bildungspaket zu bändigen und für weniger Verwaltungsaufwand für die Betroffenen und Behörden zu sorgen. Wir wollen:

  • Die zehn Euro monatlich zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft sollen ohne Antrag mit dem Regelsatz ausgezahlt werden.
  • Mit dem Schulbedarfspaket von 100 Euro jährlich soll ebenso verfahren werden.
  • Der Zugang zur Lernförderung soll vereinfacht und diese möglichst direkt von den Schulen angeboten werden.
  • An Schulen, Horten und Kitas muss eine diskriminierungsfreie gemeinsame und gesunde Essensverpflegung sichergestellt werden. Auf den Eigenanteil von einem Euro soll verzichtet und dadurch Verwaltungsaufwand vermieden werden. Zur Entbürokratisierung soll der Finanzierungsbeitrag des Bundes pauschal orientiert an der Zahl der Leistungsberechtigten erfolgen.
  • Lediglich Einmal- und Härtefallleistungen sowie nur schwer pauschalierbare Kosten wie für Kita- und Schulausflüge sowie Beförderungskosten sollen weiterhin auf Antrag gewährt werden. Zudem soll eine Direktzahlung an die Eltern ohne den Umweg über Gutscheine oder Sachleistungen zur Reduzierung des Verwaltungs- und Kostenaufwands erfolgen.

Das Bildungs- und Teilhabepaket muss dringend überarbeitet werden! Kinder und Jugendliche sollen das erhalten, was ihnen zusteht: Mehr Bildungschancen, bessere Teilhabe und endlich mehr Gerechtigkeit. Ministerin von der Leyen erfüllt diesen Auftrag nicht und lässt Kinder und Jugendliche aus armen Elternhäusern im Regen stehen.