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KONTAKTE-KOHTAKTbI: für Menschlichkeit und Völkerverständigung

An die Schicksale sowjetischer Kriegsgefangener wurde anlässlich des 72. Jahrestages des Überfalls auf die UdSSR am 22. Juni 1941 mit einer Lesung und anschließender Podiumsdiskussion erinnert. Organisiert hatte die Veranstaltung am 18. Juni 2013 die Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (EVZ) und der Verein KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V..

Hier wurde auch die Bundestagsdebatte am 7. Juni 2013 zum Antrag „Anerkennung der an den ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen begangenen Verbrechen als nationalsozialistisches Unrecht und Gewährung eines symbolischen finanziellen Anerkennungsbetrages für diese Opfergruppe“ (Drs. 17/13710) thematisiert. Den Antrag hatten die Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag eingebracht. Dieser Antrag wird von mir nachdrücklich unterstützt. Die noch lebenden sowjetischen Kriegsgefangenen sind eine auch in Deutschland zu wenig wahrgenommene Opfergruppe der NS-Herrschaft.

Ich schätze die Arbeit von KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V. für die Völkerverständigung zwischen Deutschland und Russland und ehemaligen Ländern der Sowjetunion. Nicht umsonst hat der Verein 2002 die Carl-von-Ossietzky-Medaille für die Ost-West-Völkerverständigung erhalten.

Danke, dass Sie uns nicht vergessen! BürgerInnengagement für ehemalige sowjetische Kriegsgefangene

Dr. Hilde Schramm, Beiratsmitglied, KONTAKTE-KOHTAKTbI e. V., beschrieb das bürgerschaftliche Engagement für „vergessene“ NS-Opfer und die Widersprüche zur Entschädigungspolitik. Eberhard Radczuweit, Geschäftsführer, KONTAKTE-KOHTAKTbI e. V., verwies eindringlich auf die Bedeutung der Gesten der Anerkennung für erlittenes Unrecht und ihre Wirkung auf die nicht Entschädigten. Dmitri Stratievski, Historiker, KONTAKTE-KOHTAKTbI e. V., schilderte Erfahrungen über die Korrespondenz mit ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen und ihren Familien.

Die Rassenideologie der Nazis stempelte die sowjetischen Kriegsgefangenen als "Untermenschen" ab. Nach der jüdischen Opfergruppe sind sie die zweitgrößte Opfergruppe des Nationalsozialismus. Über die Hälfte von ihnen überlebte die deutsche Gefangenschaft nicht. Als Angehörige eines „rassisch minderwertigen“ Volkes hatten sie nach Juden, Sinti und Roma die schlechtesten Arbeits- und Lebensbedingungen. Für die Überlebenden der Sterbelager der Wehrmacht, für die ZwangsarbeiterInnen in Deutschland, setzte sich das Leid und Sterben fort, da sie nach der Befreiung für Josef Stalin Vaterlandsverräter waren. Sie mussten wieder in Arbeitslager, dieses Mal sowjetische. Vom Gesetz zur Errichtung der Stiftung EVZ wurden sie aufgrund ihres Kriegsgefangenenstatus bei der Entschädigung nicht berücksichtigt. Nun sind die wenigen noch lebenden Opfer des Nationalsozialismus hochbetagt. Ihre Lebenssituation ist oft prekär und gekennzeichnet durch einen Mangel an gesellschaftlicher Teilhabe.

KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V.
Vor über fünf Jahren reichte der in Berlin-Schöneberg ansässige Verein KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V. eine Petition beim Deutschen Bundestag ein. Die Petition hatte das Ziel, für die ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen eine symbolische finanzielle Anerkennung zu erwirken. Damals lebten noch über 10.000, mittlerweile sind es nur noch 4.000. Über diese Petition ist bis heute nicht abschließend entschieden worden. Die CDU/CSU verweigert sich diesem Anliegen vehement, nahm auch zumeist an den entsprechenden BerichterstatterInnengesprächen gar nicht teil. Dies ist auch deshalb unsäglich, weil der Wissenschaftliche Dienst in verschiedenen Ausarbeitungen festgestellt hat: An den sowjetischen Kriegsgefangenen wurde Völkermord begangen. 3,2 Millionen Menschen wurden unter grausamen Bedingungen in den Konzentrationslagern vergleichbaren Russenlagern „durch Arbeit vernichtet“.

KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V. übermittelte bisher an über 7.200 Betroffene in Ländern der ehemaligen Sowjetunion Spendengeld von Bürgern und Bürgerinnen als Geste der Anerkennung erlittenen Unrechts. Zugleich erhielten die ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen einen persönlichen Brief. Die häufig sehr berührenden Antworten werden fortlaufend übersetzt und veröffentlicht.