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Sommertour „gesund-sozial-queer“ 2013: „Wir sind Lotsen durch´s Gesundheitswesen“

Die Stärkung der Patientenrechte und der Patientensouveränität gegenüber Leistungserbringern und Kostenträgern ist eine herausragende Aufgabe der Gesundheitspolitik. Ich bin dankbar, dass die Berliner Beratungsstelle der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) in der Rubensstraße 84 im Stadtteil Friedenau ansässig ist. Hier wird kostenfrei zu Fragen „rund um das Gesundheitswesen“ informiert und beraten. Für viele Patientinnen und Patienten ist die Beratungsstelle subjektiv die letzte Chance, Recht zu bekommen. Das 2001 unter Rot-Grün initiierte Projekt ist nach zwei Modellphasen mittlerweile ein Projekt der Regelförderung. Und dass dieses so ist, ist ein Erfolg intensiver Debatten im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages.

Ich freue mich, die UPD dieses Mal zusammen mit fachkundigen SozialdemokratInnen zu besuchen. Am UPD-Besuch am 15. August 2013 nahmen Hermann Zeller, BVV-Ausschussvorsitzender für Gesundheit, sozial- und queerpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, Janis Hantke, gesundheitspolitische Sprecherin, Dr. Jörg Tänzer vom Sozial- und Dr. Rainer Baack vom Gesundheitsausschuss teil. Ich danke Marijke Höppner, Vorsitzende des Ausschusses für Jugendhilfe und frauenpolitische Sprecherin, für die Organisation unseres gemeinsamen Besuches und unseren drei GesprächspartnerInnen der UPD für ein anregendes und informatives Gespräch.

Unterstützung bei der Suche nach ÄrztInnen „des eigenen Vertrauens“
„Viele Patientinnen und Patienten sind erschöpft von der Suche nach guten und vertrauenswürdigen Ärzten“, beschreibt ein Mitarbeiter die typische Situation einer Ratsuchenden. Nach UPD-Regeln darf nicht nur ein Arzt, eine Ärztin empfohlen werden, sondern die Empfehlung umfasst mindestens drei.

Den meisten Patientinnen und Patienten seien „Suchsysteme“ für ÄrztInnen nicht bekannt. Unter Einbeziehung von Patientinnen und Patienten ist die „Weisse Liste“ ein gemeinsames Internetportal der Bertelsmann Stiftung und der Dachverbände der größten Patienten- und Verbraucherorganisationen, entwickelt worden. Dieses internetportal unterstützt PatientInnen bei der Suche nach passenden ÄrztInnen, Krankenhäusern und bei der Auswahl der geeigneten Pflegeleistung. Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland haben auf den Informationsmangel bei den PatientInnen reagiert. Sie haben online zugängliche regionale „Arztsuchdienste“ zu Anschriften und Qualifikationen aller in Deutschland niedergelassenen ÄrztInnen und PsychotherapeutInnen aufgebaut. Einige Stellen geben auch telefonische Auskünfte.

UPD - hier finden Sie Rat - auch auf türkisch und russisch

Rot-Grün hat 2001 die von den gesetzlichen Krankenkassen finanzierte Unabhängige Patientenberatung Deutschland in Trägerschaft der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., des Sozialverband VdK e.V. und des Verbundes unabhängiger Patientenberatung e.V. eingeführt. Von Anfang an sollte die UPD ein unabhängiger und neutraler Lotse im deutschen Gesundheitssystem sein und sich für die Interessen der ratsuchenden Versicherten einsetzen.

Die mit über 5 Millionen Euro vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen geförderte unabhängige Patientenberatung hat bundesweit 21 Beratungsstellen. Die Beratungsstellen sind grundsätzlich mit je einer MitarbeiterIn mit den Qualifikationen Medizin, Jura und Sozialpädagogik besetzt.

Zwar kamen schon immer Privatversicherte in die Beratung, ihrer Verantwortung ist die Private Krankenversicherung aber erst sehr spät nachgekommen: Seit dem 1. August 2011 beteiligt sie sich entsprechend dem Anteil der Privatversicherten mit zusätzlichen rund 364.000 Euro an der Finanzierung der UPD. In vier Beratungsstellen - Berlin gehört dazu - wurde damit ein muttersprachliches Beratungsangebot für ratsuchende Menschen mit türkisch- bzw. russischsprachigem Migrationshintergrund aufgebaut. Nun können sie in ihrer Muttersprache zu allen gesundheitsrelevanten Problemlagen unter Berücksichtigung kulturspezifischer Fragestellungen informiert und beraten werden.

Neben dem bundesweiten Beratungstelefon - 0800 0 11 77 22 - in deutscher Sprache gibt es nun zwei kostenfreie Telefonhotlines unter Telefon 0800 0 11 77 23 auf Türkisch und unter 0800 0 11 77 24  auf Russisch. Rat gibt es auch unter der Internetadresse www.upd-online.de.

"Monitor Patientenberatung“ zeigt Versorgungsmängel auf
Am 1. Juli 2013 hat die UPD erstmals ihren Jahresbericht "Monitor Patientenberatung" vorgelegt und ihn an den Patientenbeauftragten der Bundesregierung übergeben. Deutlich wird, dass viele Patientinnen und Patienten ihre Rechte nicht bzw. zu wenig kennen. Viele trauen sich einen Umgang mit Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenkassen auf Augenhöhe auch nicht zu. Die fünf häufigsten großen Beratungsschwerpunkte der UPD nach Auswertung von 75.000 Beratungen sind:

  • Fragen zu Patientenrechten,
  • Behandlungsfehler,
  • Anfragen zu Zahngesundheit,
  • der Bereich psychische Erkrankungen,
  • das Thema Krankengeldbezug.

Aus Sicht der bei der UPD Rat Suchenden liegen in diesen Feldern die größten Schwachpunkte im Gesundheitswesen - zu Lasten der PatientInnen.

Mein Fazit aus diesem Besuch:
Erstens: Es ist richtig und wichtig, dass die SPD sich weiterhin vehement für eine Stärkung der PatientInnenrechte im Gesundheitswesen einsetzt. Das durch CDU/CSU und FDP 2012 beschlossene neue Patientenrechtegesetz fasst die Position der PatientInnen gegenüber ihren ÄrztInnen und Krankenkassen lediglich an einer Stelle zusammen, bietet aber kein Mehr an Rechten. Hier herrscht dringender Verbesserungsbedarf.

Zweitens: MigrantInnen brauchen mehr Unterstützung, um sich im deutschen Gesundheitswesen zurecht zu finden. Viele psychosoziale Probleme treten auf, weil die Migration zu bewältigen ist. Hinzu kommt, dass viele der Älteren des Lesens und Schreibens in deutscher Sprache nicht mächtig sind, was den Bedarf an muttersprachlichen Informationen erhöht. Unser Gesundheitswesen muss sich noch stärker interkulturell öffnen - nur so wird es ein inklusives Gesundheitswesen. PatientInnenrechte gelten für alle.