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Endlich auch branchenorientierte Alphabetisierungs- und Grundbildungsangebote

Für die berufliche, soziale und gesellschaftliche Teilhabe ist es elementar, Lesen und Schreiben zu können. Mängel in der Grundbildung bedeutet für Betroffene in Industrieländern wie Deutschland häufig Ausgrenzung, vor allem auf dem Arbeitsmarkt. In Berlin können etwa 300.000 Erwachsene nicht ausreichend lesen und schreiben, das ist jede/r 11. Berlinerin bzw. Berliner. Am stärksten betroffen sind 50- bis 60-jährige Männer.

Mich interessiert, welche Angebote in Berlin zur Grundbildung und Alphabetisierung für Erwachsene existieren. Deswegen habe ich am 23. Januar 2014 den KES-Verbund in Trägerschaft von Arbeit und Leben e.V. Berlin (DGB/VHS) in der Keithstraße 1-3 in 10787 Berlin besucht. Cornelia Scholz, Regionalkoordinatorin „Mento“, Björn Schulz, Projektleiter von eVideo 2.0., und Udo Masgaj, Koordinator des KES-Verbundes stellten mir ihre Projekte vor. Ich danke Cornelia Scholz, Björn Schulz und Udo Masgaj für ein sehr informatives Gespräch zur Förderung von Grundbildung und Alphabetisierung für Erwachsene in Berlin. Es ist gut, wenn Betroffene mehr Unterstützung erhalten und Politik, Unternehmen und Öffentlichkeit stärker sensibilisiert werden.

Was versteht mensch unter funktionalem Analphabetismus?

  • Analphabetismus (im engeren Sinne): Eine Person kann gebräuchliche Wörter Buchstabe für Buchstabe zusammensetzen und somit lesend verstehen bzw. schreiben - nicht jedoch ganze Sätze.
  • Unterschreiten der Textebene: Eine Person kann einzelne Sätze lesend verstehen bzw. schreiben, nicht jedoch zusammenhängende - auch kürzere - Texte.
  • Orthographische Fehler: Eine Person kann einfache Texte langsam lesend verstehen, jedoch nur fehlerhaft schreiben, d.h. die Rechtschreibung, wie sie bis zum Ende der Grundschule unterrichtet wird, wird nicht hinreichend beherrscht.


Seit der Veröffentlichung der LEO-Studie 2011 tut sich endlich was für die rund 7,5 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die nicht ausreichend lesen und schreiben können. Von ihnen sind ca. 4,27 Millionen erwerbstätig. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) startete 2012 eine Initiative zur arbeitsplatzorientierten Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Alphabetisierung und Grundbildung. So sollen durch Alphabetisierung und Grundbildung die Beschäftigungssicherheit der Betroffenen erhöht und betriebliche Bildungsreserven besser ausgeschöpft werden.

Vier der insgesamt 34 Projekte in der aktuellen BMBF-Förderrichtlinie sind vier in Berlin aktiv:

  • INA Pflege richtet sich an un- oder angelernte Beschäftigte im Bereich von Senioren- und Pflegeheimen, von ambulanten Pflegediensten und anderen Pflegeeinrichtungen, die sich aufgrund von Sprach-und Grundbildungsdefiziten in prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden. Zusammen mit vielen Kooperationspartnern  entwickelt die Abteilung Wirtschaftspädagogik der Humboldt-Universität zu Berlin ein integriertes Angebot zur arbeitsplatzorientierten Alphabetisierung und Grundbildung im Pflegebereich. Erarbeitet wird u.a. die INA-Pflege-Toolbox mit Lehr-Lern-Materialien.
  • SPIN.PRO will in Unternehmen in Berlin und Brandenburg Strategien zur Kompetenz- und Personalentwicklung gewerblicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entwickeln.
  • ABCami will Mitglieder von drei Berliner Moscheegemeinden als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren schulen und aktiv in die arbeitsmarktbezogene Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit einbinden. Erarbeitet wird ein Konzept zur sozialpädagogischen Beratung, welches mit den Partnern und Partnerinnen in den Moscheen abgestimmt wird.


Weitere vom Bund geförderte Projekte in Trägerschaft des Berliner KES-Verbundes sind:

  • eVideo 2.0: ein Simulations-Lernprogramm für Beschäftigte mit unzureichenden Grundbildungskompetenzen, welches modellhaft in Unternehmen der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft zum Einsatz kommt. Es sollen Qualifizierungsdefizite behoben werden. So werden Benachteiligungen in der Erwerbsfähigkeit vermieden und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gestärkt.
  • MENTO: Hier werden Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen werden MentorInnen und LernberaterInnen ausgebildet, die im Betrieb als AnsprechpartnerInnen, Vertrauensperson und RatgeberInnen für Kolleginnen und Kollegen mit Grundbildungsbedarf tätig werden.