Die Ankündigung der Nürnberger Versicherung, in Zukunft keine Berufshaftpflichtversicherungen für Hebammen mehr anzubieten, mobilisiert erneut insbesondere Hebammen, Schwangere und Mütter. Dieses Thema lässt auch die Gesundheitspolitik nicht los: Seit Jahren ist die Situation der Hebammen, der Geburtshilfe Diskussions- und Regelungsgegenstand im Gesundheitsausschuss.
Am 26. Februar 2014 besuchten mich in der Bürgersprechstunde im Wahlkreisbüro vier Mütter mit ihren Kindern. Gemeinsam setzten sie sich ein für die Sicherstellung der Versorgung in Schwangerschaft, Geburt und früher Elternschaft. Sie pochten berechtigterweise auf ihr Recht auf Wahlfreiheit des Geburtsortes: zu Hause, in einem Geburtshaus, auf einer Geburtsstation in einem wohnortnahen Krankenhaus. Sie wiesen darauf hin, dass die Überlegung für ein weiteres Kind auch davon abhängig gemacht würde, ob dieses Wahlrecht existiere. Ich habe zugesagt, dass ich mich weiterhin für die Sicherstellung der Versorgung in der Geburtshilfe als auch für Verbesserungen in der Berufssituation der Hebammen einsetzen werde.
Haftpflichtversicherungsprämien für Hebammen
Seit Jahren begleitet mich das Problem der ansteigenden Prämien für die Haftpflichtversicherung der Hebammen, begleiten mich Aussagen, dass zahlreiche Hebammen die Geburtshilfe aufgegeben haben und sich statt dessen auf die versicherungstechnisch weniger kostenträchtige Vor- und Nachsorge konzentrieren, dass bereits jetzt viele Hebammen aus ihrem Beruf ausgestiegen seien. Die Ankündigung der Nürnberger Versicherung, in Zukunft keine Berufshaftpflichtversicherungen für Hebammen mehr anzubieten, verschärft alles. Fakt ist: Ohne Berufshaftpflichtversicherung darf die Tätigkeit in der Geburtshilfe nicht ausgeübt werden.
2010 wurden in Deutschland 680.413 Kinder geboren, davon 668.950 (98,3%) in Krankenhäusern und 11.463 (1,7%) außerklinisch, also z.B. zu Hause oder im Geburtshaus. Hebammen sind bei jeder Geburt beteiligt, als Freiberufliche, als Beleghebamme, als Angestellte in einem Krankenhaus.
Die steigende Belastung der Hebammen und die Probleme der geburtshilflichen Versorgung wurden in der letzten Legislaturperiode in einer interministeriellen Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Hebammen beraten und analysiert: die Berufshaftpflichtversicherung, Fragen der Ausbildung, die Versorgung der Bevölkerung mit Hebammenhilfe sowie die Sicherung der Versorgungsqualität in der Geburtshilfe. Seitens der Hebammen wurden eigene Vorschläge zu einer möglichen Umgestaltung der Kostentragung der Berufshaftpflichtprämien gemacht. Insbesondere zum Thema Berufshaftpflichtversicherung wurden weitere zuständige Ministerien wie das Bundesjustizministerium, das Bundesfinanzministerium sowie das Bundeswirtschaftsministerium und der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft hinzugezogen.
Die letzte Bundesregierung übertrug das Risiko der steigenden Versicherungsprämien auf die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Seitdem müssen die Krankenkassen die steigenden Prämien bei den Honorarverhandlungen mit den Hebammen ausgleichen.
Keine Lösung wurde für den Fall, dass sich immer mehr Versicherer aus dem Markt der Berufshaftpflichtversicherungen zurückziehen bzw. irgendwann gar kein Versicherungsschutz für Hebammen mehr existiert, gefunden. Schon 2010 forderte die SPD-Bundestagsfraktion von der Bundesregierung eine Prüfung, wie das Haftungsrisiko für ärztliche und nichtärztliche Berufe im Gesundheitssystem insgesamt auf einen größeren Personenkreis verteilt werden kann, um drastische Kostensteigerungen durch steigende Versicherungsprämien für einzelne Leistungserbringer zu vermeiden.
Und was nun?
Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich für die Wahlfreiheit der Schwangeren ein. Wir wollen, dass Schwangere frei wählen können, wo und unter welchen Bedingungen ihr Kind zur Welt kommt. Dafür brauchen wir ein vielfältiges Angebot.
Hebammen sind für Schwangere und junge Mütter ein unverzichtbarer Bestandteil der Versorgung. Die Vergütung von Hebammenleistungen ist so zu gestalten, dass auch freiberuflich tätige Hebammen von ihrem anspruchsvollen und wichtigen Beruf gut und angemessen leben können. Deshalb haben wir in den Koalitionsvertrag die folgenden Formulierungen aufgenommen:
„Die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe ist uns wichtig. Wir werden daher die Situation der Geburtshilfe und der Hebammen im Speziellen beobachten und für eine angemessene Vergütung sorgen.“
Derzeit wird der Abschlussbericht der interministeriellen Arbeitsgruppe mit den Hebammenverbänden abgestimmt. Er soll noch im ersten Quartal 2014 vorgelegt werden. Wir werden diesen Bericht abwarten und auf dieser Grundlage mit allen Beteiligten an einer tragfähigen Perspektive für die Hebammenversorgung in Deutschland arbeiten. ich finde: Wir brauchen gemeinsam getragene und nachhaltige Lösungen der Haftpflichtproblematik, damit die Versorgung mit Hebammen auch dauerhaft gesichert bleibt.