Täglich erhalten Politikerinnen und Politiker Bürgerbriefe. Mittlerweile per Mail, Facebook und per Fax, sie erhalten zahlreiche Anrufe und - sehr selten - noch den guten alten Brief. Das ist auch richtig so, denn sie sind schließlich VolksvertreterInnen.
Aber was steht eigentlich in so einem Brief? Was bewegt die Mitteilenden ihren VolksvertreterInnen zu schreiben? Welche Ängste, welche Fragen haben Sie? Und wie ist es um den Ton der Ansprache bestellt? Dieser spannenden Frage sind Carsten Meeners, Schauspieler und Regisseur, und Julia Hawlitschek, Historikerin und Germanistin, nachgegangen und haben in den verschiedensten Abgeordnetenbüros deutscher Parlamente um echte, aber anonymisierte Inhalte für eine szenische Lesung gebeten.
Mir haben die Szenische Lesung und die anschließende Diskussionsrunde gefallen. In den gekonnten Darstellungen der politischen Briefe tauchten Themen auf, die mir durch die an mich gerichtete Post sehr bekannt waren: die Suche nach Müttern und Vätern, Meinungen zur Prostitution und Menschenhandel, die Auseinandersetzung mit der Beschneidung, Aussagen wie „die BRD werde immer antideutscher“und das werde mensch doch wohl noch sagen dürfen, der Erhalt vermeintlich rettender Vorschläge für Wohlstandsimpulse für unsere ganze Gesellschaft und und und.
Vor einem vollen Saal wurde diese Lesung im Rahmen der Reihe Kultur-Kontraste des Forum Berlin der Friedrich-Ebert-Stiftung am 27. Februar 2014 durchgeführt. Meeners und Hawlitschek haben es geschafft, sieben darstellende junge Künstlerinnen und Künstler und einen Musiker des „tik“ - Theater im Kino dafür zu gewinnen. Das „tik“ - Theater im Kino in Berlin-Friedrichshain existiert seit 54 Jahren und ist damit eines der ältesten Off-Theater Deutschlands. Die KünstlerInnen widmeten sich den Texten mit Respekt und Interesse. Ein gelungener Abend, freue mich schon auf weitere Aufführungen von Kultur-Kontraste.
Fotos: Reiner Zensen/FES