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Besuch im Pflegestützpunkt Tempelhof

Der 12. Mai ist der Tag der Pflege. Ich nutzte den Tag, um den Pflegestützpunkt Tempelhof in der Reinhardtstr. 7 zu besuchen.  Als Gesundheits- und Pflegepolitikerin ist es mir wichtig, dass ich mich immer wieder über die Praxistauglichkeit unserer gesetzlichen Regelungen und über den Alltag der Pflegeberaterinnen in den Pflegestützpunkten informiere.

Pflegestützpunkte sind Beratungsstellen, die rund um das Thema Pflege Betroffene und Angehörige beraten. Sie sind unabhängig und ihr Beratungsangebot steht allen gesetzlich Versicherten offen. In den Pflegestützpunkten können alle Fragen rund um das Thema Pflege angesprochen werden, die Pflegeberaterinnen helfen beim Ausfüllen von Anträgen, informieren über Hilfsangebote für Betroffene und Angehörige. 

Pflegebedarf „vor Ort“
Die Pflegestützpunkte sind gesetzlich verankert im Pflege-Weiterentwicklungsgesetz, dass von uns SozialdemokratInnen gegen den Widerstand der Union 2008 eingeführt wurde. Dementsprechend gern tausche ich mich mit den Akteurinnen in den Pflegestützpunkten aus.  

Ariane Rausch, Leiterin des Tempelhofer Pflegestützpunktes,  hatte unser Gespräch mit den Kolleginnen vorbereitet und eine ganze Liste mit Gesprächspunkten vorliegen. Ganz oben auf der Liste steht der Wunsch nach einer Beratungsstelle für Körperbehinderte im Bezirk. Wir haben im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass es medizinische Versorgungszentren für Erwachsene geben soll, die nach dem Vorbild der sozial-pädiatrischen Versorgungszentren für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren aufgebaut werden sollen.

Angesprochen wurde auch das Entlassmanagement der Krankenhäuser, dass insbesondere bei Entlassungen nach Hause nicht funktioniere. Die haushaltsnahe Versorgung würde nicht berücksichtigt werden. Es wird also nicht abgefragt, ob jemand da ist, der einkaufen geht, Medikamente besorgt, beim Anziehen behilflich ist oder kocht und es wird dementsprechend auch nichts in die Wege geleitet, um die Versorgung Zuhause sicherzustellen. Diesen Problem wollen wir uns in der Großen Koalition stellen. So haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart.

Der nächste aufgerufene Gesprächspunkt hat mich etwas „entsetzt“. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Kurzzeitpflegeplätze in Berlin stark zurückgegangen sind, da sie nicht wirtschaftlich angeboten werden können. Dies würde in Berlin gerade zu Ferienzeiten zu Engpässen führen. Hier wurde die Bitte an mich herangetragen zu prüfen, ob dies nur eine Berliner Erscheinung ist oder dies für das ganze Bundesgebiet zutrifft. Zudem soll ich prüfen, ob die Bereitstellung von Kurzzeitpflegeplätzen in regulären Pflegeheimen möglich ist.

Auch  auf der Liste stand auch der Punkt: Änderung des gesetzlich festgeschriebenen Namen. „Pflegestützpunkt“ Dieser sei nicht geschützt und diverse kommerzielle Pflegedienste nutzen mittlerweile diesen Begriff für ihr Unternehmen. Die Pflegeberaterinnen wünschen sich von der Politik, dass zumindest der Zusatz „Beratungsstelle“ ins Gesetz eingeführt wird. Zudem wurde angemahnt, dass auch der Begriff „Betreutes Wohnen“ definiert und geschützt wird.  Hintergrund dieser Forderung ist, dass diverse Unternehmen  „betreutes Wohnen“ anbieten, aber jeder sein eigenes Geschäftsmodell darunter versteht. Es ist nicht geregelt wie „betreutes Wohnen“ abläuft, welche Leistungen dabei zwingend gegeben sein müssen und welche Leistungen es nur gegen Aufpreis gibt. Nach den Erfahrungen des Pflegestützpunktes führt dies dazu, dass bezahlbares  „betreutes Wohnen“ im Bezirk Tempelhof-Schöneberg kaum zu finden ist, da  - wenn man alle zusätzlichen Kosten zusammenrechnet - es teurer als ein Pflegeheimplatz ist. Ein weiterer großer Mangel besteht auch darin, dass es findige Anbieter gibt, die ganze Wohnhäuser mit Wohngemeinschaften im „betreuten Wohnen“ anbieten. Da WGs aber nicht der Heimaufsicht unterstehen, können alle Kontrollen unterlaufen werden.
Nächster Gesprächspunkt war die MdK-Begutachtung, also die Gutachten, die durch den medizinischen Dienst der     Krankenkassen erstellt werden, um die Pflegebedürftigkeit festzustellen. Hier hat der Pflegestützpunkt zwei Anmerkungen gemacht: Zum Einen wird die aktivierende Pflege als Pflegezeit kaum anerkannt. Zum Anderen muss der Pflegestützpunkt immer wieder feststellen, dass bei nicht allein lebenden Pflegebedürftigen der Bedarf kaum feststellbar ist. Viele Aufgaben des gemeinsamen Lebens werden von dem Nichtpflegebedürftigen übernommen und dieser weiß schlicht nicht, ob die Partnerin/der Partner  noch in der Lage wäre diese Aufgabe selbstständig zu erfüllen.  Hier werden Änderungen in der Begutachtungspraxis  gefordert.  Dem Wunsch nach Zusammenlegung der Töpfe von privaten und gesetzlichen Pflegeversicherungen  zu einer Bürgerpflegeversicherung, konnte ich leider nur entgegen, dieses müsse in der nächsten Legislaturperiode erfolgen.

Pflegende Angehörige
Zum Ende des Gesprächs haben wir die Bedürfnisse und Bedarfe der großen Gruppe der pflegenden Angehörigen näher beleuchtet. Hier gibt es den Wunsch einer Angleichung der Pflegesätze von ambulanter Pflege an die stationäre Pflege und die Erhöhung des Pflegegeldes für Angehörige an die Sätze der ambulanten Versorgung. Zudem der eindringliche Wunsch den Angehörigen mit dem Bescheid über das Pflegegeld auch die Angebote für die pflegenden Angehörigen in einer verständlichen Sprache mitzuteilen. Insbesondere soll auf Pflegekurse, Rückenschulen, Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege und Tagespflege  hingewiesen werden und auch auf die Möglichkeit einer  Wohnraumanpassung aufmerksam gemacht werden.
Da auch mich das Thema pflegende Angehörige umtreibt, habe ich dem Pflegestützpunkt versprochen, dass wir dieses Thema mit einer gemeinsamen Veranstaltung vertiefen werden und dabei auch die Nachbarschaftsaktivierung im Auge behalten.