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Sexuelle Selbstbestimmung - ein Recht für Menschen mit und ohne Behinderung

Alle Menschen mit und ohne Behinderung wünschen sich Liebe und Partnerschaft, Zärtlichkeit und Leidenschaft, denn Sexualität gehört zur Persönlichkeit eines jeden Menschen. Und ein jeder Mensch hat das uneingeschränkte Recht, Sexualität nach den eigenen Vorstellungen, ohne Einschränkungen oder Verbote zu leben. Die Grenze liegt in der Würde des Mitmenschen. Darauf wurde von allen Beteiligten der Veranstaltung „Sexuelle Selbstbestimmung - ein Recht für Menschen mit und ohne Behinderung“ im Familienplanungszentrum - Balance am 21. Mai 2014 hingewiesen.

Die jungen Frauen und Männer der Expert_innengruppe berichteten von ihren mehrmaligen Treffen, in denen sie das Thema aufbereitet haben. Sie fordern, dass das Thema Sexualität nicht tabuisiert werden dürfe, dass Aufklärung über Sexualität und Rechte überall stattfinden müsse.

Der Sexualpädagoge Carlo Kisser informierte über „Sexuelle Rechte für Menschen mit Behinderung im Spannungsfeld zwischen Anspruch und Realität“. Sexualität ist ein Teil von uns, unabhängig von einer Behinderung. Sexualität hat mit dem Körper, mit Gefühlen, mit Gedanken und Fantasien zu tun. Die UN-Behindertenrechtskonvention hat Rechte gestärkt, u.a.:

  •    Das Recht auf sexuelle Freiheit, auf freie sexuelle Entscheidung und Partnerschaft,
  •    das Recht auf sexuelle Freude und das Recht darauf Freude auch zeigen zu dürfen,
  •    das Recht auf die Wahl zwischen Schwangerschaft oder Verhütung,
  •    das Recht auf Beratung und ärztliche Behandlung.

Gleiche Rechte zu haben heißt nicht, dass alle Menschen gleich sind. Auch Sexualität ist immer anders.

Viele der Rechte von Menschen mit Behinderungen sind häufig nicht allen bekannt, auch nicht den Eltern, dem Personal in Einrichtungen oder gesetzlichen BetreuerInnen. Darauf verwies Dr. Martin Theben, Rechtsanwalt, in seinem Vortrag „Rechtliche Grundlagen bezüglich Sexualität, Partnerschaft und Elternschaft von Menschen mit Behinderungen“ hin. Viele seien beim Thema Sexualität verunsichert. Selber Vater von vier Kindern spricht Dr. Theben von einer häufig „behinderten Elternschaft“. Das Thema Sterilisation ist ein rechtlich nach wie vor nicht abschießend geklärtes Thema: Eltern als gesetzliche BetreuerInnen ist untersagt, dass sie der Sterilisation minderjähriger Jugendlicher zustimmen. Was aber, wenn diejenigen volljährig sind? Auch herrscht große Unsicherheit auf Seiten der BetreuerInnen, was erlaubt ist und was nicht - rechtlich, was aufgrund des Arbeitsvertrages? Wie steht es mit der Zuführung professioneller Sexualassistentinnen? Wie auch mit deren Finanzierung? Über die GKV ist eine Abrechnung nicht möglich. Das ist auch gut so, denn Behinderung soll nicht unter medizinischen Gesichtspunkten betrachtet werden. Von Anwesenden wurde geäußert, dass nicht gewünscht werde, dass im Entwicklungsbericht etwas über Sexualität steht. Hierfür gäbe es in Berlin aber noch keine fachlich verbindlichen Standards.

„Leben und lieben ohne Bevormundung“
Die nächste Kundgebung zur Thematik der Sexuellen Selbstbestimmung findet am 22. September 2014 unter dem Motto „Leben und lieben ohne Bevormundung“ vor dem Brandenburger Tor statt. Alle sind aufgerufen, zusammen mit dem Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung öffentlich die konkrete Gewährleistung und Umsetzung des Rechtes auf sexuelle Selbstbestimmung in Deutschland - mit all seinen Implikationen in politischen Maßnahmen und rechtlichen Rahmenbedingungen - zu fordern.
Das Berliner Familienplanungszentrum - BALANCE bietet eine effektive Gesundheitsversorgung für jede KlientIn unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Status, Beeinträchtigung und sexueller Orientierung. Diese beinhaltet neben medizinischen Versorgungsangeboten präventive und gesundheitsfördernde Leistungen zur Stärkung individueller Kompetenzen und Ressourcen. Das Familienplanungszentrum leistet einen gesellschaftlichen Beitrag zur Information und Aufklärung im Bereich von Familienplanung, Sexualität und Partnerschaft.