Muhammet Eren ist in der Türkei gestorben. Die Beerdigung hat dort stattgefunden. Der zweijährige Junge und der Einsatz der Eltern für sein Leben haben in der türkisch- und deutschsprachigen Presse den Blick erneut auf die Regeln des Transplantationsgesetzes gerichtet. Viele Menschen haben Mitgefühl gezeigt. Eine Trauerfeier fand am Sonntag unter Anwesenheit von Verwandten in der Sehitlik-Moschee in Berlin statt.
Insbesondere junge Eltern mit ihren Kindern kamen zur Trauerfeier am 7. Dezember 2014 in die DITIB - Sehitlik Türkisch Islamische Gemeinde zu Neukölln e.V.. Mich haben Mitglieder von UnterstützerInnengruppen für Muhammet Eren eingeladen. Ich bin gekommen, um einen Ort für die Trauer um ein zweijähriges Kind zu finden. Trauer ist nationalitäts- und konfessionsübergreifend.
Das Transplantationsgesetz
Monatelang wurde um ein Spenderherz gekämpft - vergeblich. Ende März war der Junge an das Herzzentrum am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) gebracht worden, um hier in Deutschland für eine Herztransplantation gelistet zu werden. In der Türkei ist das dafür notwendige Geld durch Spenden zusammengebracht worden. Kurz vor dem Transport nach Deutschland erlitt der Junge einen Herzinfakt mit Kreislaufstillstand, wodurch es zu schweren Hirnschädigungen kam. Nach zahlreichen Untersuchungen im UKGM entschieden die Ärzte, dass der Gesundheitszustand für eine Herzverpflanzung zu schlecht sei. Sie lehnten im Ergebnis eine Listung des Jungen auf der Warteliste ab.
Das Transplantationsgesetz (TPG) regelt in Deutschland die Voraussetzungen für eine Organtransplantation. Transplantationszentren sind nach § 10 TPG verpflichtet, über die Aufnahme von PatientInnen auf die Warteliste nach aktuellen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft zu entscheiden. Maßgebliche Kriterien für die Listung sind die Notwendigkeit und die Erfolgsaussicht einer Organübertragung. Was der Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft ist, wird von der Bundesärztekammer (BÄK) in Richtlinien nach § 16 festlegt. Anhand dieser Richtlinien zur Wartelistenführung entscheidet eine Transplantationskonferenz, die sich aus mindestens drei ÄzrtInnen verschiedener Disziplinen zusammensetzt. Die Einhaltung dieser Regeln wird durch eine Prüfungskommission, die beim BÄK angesiedelt ist, gemeinsam mit den zuständigen Behörden der Bundesländer überprüft. Nach meiner Information ist dies so auch im Fall des kleinen Muhammet geschehen. Nach Prüfung des „Falles“ ist diese Kommission ebenfalls zu dem Entschluss gekommen, dass so schwerwiegende Erkrankungen an anderen Organen vorliegen, dass eine Transplantation nicht erfolgen kann.
Die Eltern wollten und konnten sich mit dieser Entscheidung nicht abfinden und hatten vor dem Landgericht Gießen eine Listung beantragt. Das Landgericht bestätigte Ende Oktober die Feststellungen der Prüfungskommission und wies die Klage ab.
Nach Aussagen der Deutschen Transplantationsgesellschaft ist eine Behinderung oder Beeinträchtigung eines Menschen kein Hinderungsgrund für die Aufnahme auf die Warteliste. Die Beeinträchtigungen werden bei der medizinischen Abwägung der Risiken und Erfolgsaussichten der Operation allerdings berücksichtigt.
Die letzten Wochen wurde Muhammet mit einem Kunstherz am Leben erhalten. Auf Wunsch der Eltern wurde er dann am 10. November 2014 in die Türkei gebracht. Er starb zwei Tage später an den Folgen seiner Krankheit in einer Istanbuler Klinik. Ich danke den Eltern, dass sie trotz ihres großen Schmerzes in eine Organspende eingewilligt haben.
Die Debatten um Muhammet Eren und über die Richtlinien des deutschen Transplantationsgesetzes sind in den vergangen Monaten verständlicherweise sehr emotional geführt worden. Sie sind auch noch nicht beendet.