Der Anfrage der Regionalgruppe Berlin-Brandenburg des Deutschen Akademikerinnenbundes e.V. (DAB) im Rahmen der monatlichen Vortragsreihe "Akademix" einen Vortrag zu meiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordnete zu halten, bin ich am 17. Februar 2015 gerne nachgekommen. Und es wurde eine lebhafte Diskussion unter Frauen zu einem bunten Strauß an Themen.
Kampf dem Wissenschaftsprekariat
Kritisiert wurde, dass zahlreiche (Geistes-)WissenschaftlerInnen oft erst mit vierzig wissen, ob sie ihren Beruf dauerhaft ausüben können. Wenige werden ProfessorInnen, die übrigen stehen erst einmal vor dem Nichts. Die Gewerkschaft GEW kritisiert schon seit Jahren scharf, dass unterhalb der ProfessorInnen-Ebene 90 Prozent der bis zu 200 000 Beschäftigten von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen lediglich Zeitverträge haben. Einigkeit unter den DAB-Frauen besteht darin, dass diese Art Berufsstrukturen extrem frauen- und familienfeindlich sind.
Wir SozialdemokratInnen wollen verlässlichere Perspektiven. Daher muss das seit 2007 geltende Wissenschaftszeitvertragsgesetz reformiert werden. Wir sind davon überzeugt, dass wir uns das hohe Maß an befristeter Beschäftigung an unseren Hochschulen auf Dauer nicht leisten können: Zum einen aus sozialen Gründen, denn es geht um Lebensperspektiven von Menschen. Zum anderen aber auch, weil die Hochschulen langfristig in Konkurrenz zur Wirtschaft um gut ausgebildete Fachkräfte agieren. Wir wollen daher für die Wissenschaftspolitik einen vierten Pakt, der dem wissenschaftlichen Nachwuchs und dem Mittelbau Perspektiven aufzeigt. Dafür muss es einen finanziellen Anschub mit einem noch in dieser Legislaturperiode beginnenden acht bis zehn Jahre andauernden Programm geben, welches auch neue Juniorprofessur-Stellen umfasst.
Die Bundesregierung plant eine Initiative gegen die prekären Arbeitsbedingungen des akademischen Nachwuchses. Festgelegt werden sollen verbindliche Mindestgrenzen für die Laufzeit von befristeten Arbeitsverträgen, insbesondere bei Promotionsstellen. Unter den DAB-Frauen bestehen erhebliche Zweifel, ob die bisher bekannt gewordenen Inhalte dieser Initiative ausreichen, die Situation des akademischen Nachwuchses in Deutschland zu verbessern. Verabredet wurde eine entsprechende an die zuständigen Bundestagsabgeordneten gerichtete Positionierung.
Hingewiesen wurde auf die in Darmstadt stattfindende Tagung „Chancengleichheit in Wissenschaft und Wirtschaft“. Hier hält Professorin Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, am 19. Februar 2015 einen öffentlichen Vortrag mit dem Thema „Zeitenwende 2015? Eine Bestandsaufnahme zur Stellung von Frauen in Wissenschaft und Wirtschaft heute“.
Karriere in der SPD - Mein Weg in den Deutschen Bundestag
Die Anwesenheit von zwei Frauen, die meine Biografie zu unterschiedlichen Zeitpunkten begleitet haben, hat die Erzählung meiner Biographie durchaus gewürzt. Debattiert wurde der lange ehrenamtliche Einsatz im Vorfeld des Mandates sowie die Mechanismen, mit denen dank der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen mehr Gleichstellung in einer Organisation wie der SPD durchgesetzt werden konnte. Gefragt wurde auch danach, ob ein solcher Karriereweg heute auch für junge Frauen mit kleinen Kindern möglich sei – Ja, denn einiges hat sich geändert!
Pflege und Vergütung in der Pflege
Den Informationen zum 2014 verabschiedeten Pflegestärkungsgesetz 1 sowie zu dem für 2015 geplanten Pflegestärkungsgesetz 2 mit einem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, folgte eine intensive Diskussion. Hier wurden die eigenen Vorstellungen für ein würdevolles Altern, für eine würdevolle Pflege deutlich. Die Dringlichkeit eines neuen Pflegeberufegesetzes und mehr Durchlässigkeit im Berufsbildungssystem Pflege wurde nachvollzogen. Auf völliges Erstaunen stießen die Ergebnisse der aktuellen Studie über die in der Pflege gezahlten Vergütung: Eine Altenpflegerin in Ostdeutschland verdient im Mittel 1 945 Euro brutto pro Monat und damit fast ein Drittel weniger als eine Fachkraft in der Krankenpflege, die 2 738 Euro erhält. Die Differenz liegt in Westdeutschland etwa bei einem Fünftel: Fachkräfte in der Altenpflege verdienen hier durchschnittlich 2 568 Euro, Fachkräfte in der Krankenpflege 3 139 Euro. Niemand konnte diese hohe Lohnschere zwischen den Fachkräften der Alten- und der Krankenpflege nachvollziehen. Die Studie war vom Pflegebeauftragten der Bundesregierung beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) in Auftrag gegeben worden.
Die Anwesenden sprachen sich für ein stärkeres Engagement der Tarifparteien in diesem Sektor aus. Sonst werde es wohl immer schwerer junge Menschen für diese Berufe zu gewinnen.
Frauengesundheit: Pille danach
Dank des von mir erstellten Antrages der SPD-Bundestagsfraktion wurde das Thema „Pille danach“ 2012 erstmals auch im Deutschen Parlament geführt. Nach vielen ups und downs wird aller Voraussicht nach die Rezeptfreiheit der Pille danach mit den Wirkstoffen Levornorgestrel und Ulipristal zum 15. März 2015 dieses Jahres Wirklichkeit werden. Ich hoffe, dass ab dem 1. April 2015 die Möglichkeit zur Kostenerstattung für Frauen bei noch nicht beendeten 20. Lebensjahr folgt. Mit diesem Erfolg hatte lange Zeit niemand gerechnet. Mit der Rezeptfreiheit der Pille danach kommen die Frauen dem Ziel der sexuellen Selbstbestimmung ein Stück weit näher.
Qualitätssicherung im Gesundheitswesen: Reduzierung der Zunahme der Kaiserschnittraten
Auch in Deutschland gibt es einen überproportionalen Anstieg von Kaiserschnitt-Entbindungen. Noch werden die Risiken der Kaiserschnittentbindung für Mutter und Kind, aber auch die spezifischen Risiken des Entbindungszeitpunktes, des Entbindungsortes und der zu beachtenden risikoreduzierenden Maßnahmen vor und nach der Entbindung nicht flächendeckend erkannt. Verglichen mit der vaginalen Geburt erhöht der Kaiserschnitt nicht nur die Kurzzeitmorbidität der Neugeborenen, er impliziert beispielsweise auch ein lebenslang erhöhtes Risiko für die häufigsten Autoimmunerkrankungen. GeburtshelferInnen sollten die Kaiserschnitte außerhalb unbedingt notwendiger fetaler oder mütterlicher Indikationen unbedingt verringern.
In Deutschland besteht zu Implementierung evidenzbasierten Wissens in die Handlungsstrategien im Gesundheitswesen sehr viel und gute Erfahrung mit Leitlinien entsprechend der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Es ist mir gelungen, für die Erstellung dieser S3-Leitlinie einen eigenen Haushaltstitel zu erwirken, so dass dieses Jahr mit der Entwicklung begonnen werden kann. Das ist ein echter Beitrag zur Verbesserung der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen.
Deutscher Akademikerinnenbund e.V.
Schon ganz früh haben die Gründerinnen des Deutschen Akademikerinnenbundes erkannt, wie wichtig es für Frauen ist, sich zu vernetzen. Alle großen Veränderungen in Sachen Frauenrechten und anderen Frauenthemen sind von miteinander verbündeten Frauen auf den Weg gebracht worden. Sei es im deutschen Frauenrat, in den Landesfrauenräten, in europäischen Bewegungen, international und in New York bei den Vereinten Nationen.
Wie viele der Frauenverbände der ersten Frauenbewegung hat sich auch der DAB 1933 selbst aufgelöst, um auf diese Weise dem nationalsozialistischen Missbrauch zu entkommen. Die Neugründung erfolgte 1948. Weiteres zur Geschichte des DAB finden Sie auf deren Webseite.