Seit 125 Jahren feiert die internationale Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung den "Tag der Arbeit" - und das geschah an vielen Orten auch an diesem 1. Mai in ganz Deutschland. In Berlin fand die Kundgebung und das anschließende Kinder- und Familienfest des Deutschen Gewerkschaftsbundes auf dem Platz des 18. März vor dem Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni statt.
Für gerechte Löhne, Solidarität auf dem Arbeitsmarkt und eine offene und friedliche Gesellschaft demonstrierten hier einige tausend GewerkschafterInnen, GenossInnen, ArbeitnehmerInnen mit Kind und Kegel.
Keine Aushöhlung des Mindestlohns!
In seiner Ansprache bei der traditionellen Mai-Kundgebung erinnerte DGB-Chef Reiner Hoffmann an die lange Geschichte des Tags der Arbeit. Er sprach sich entschieden für die Einhaltung des Mindestlohnes in allen Branchen aus, argumentierte gegen eine drohende Aushöhlung und bezeichnete die Argumente der Mindestlohngegner als „völlig abstrus“. Bestrebungen von Union und UnternehmerInnen, das Mindestlohngesetz zu verwässern, seien nicht akzeptabel. "Wir werden eine Aushöhlung des Mindestlohns nicht hinnehmen."
Fakt ist: Der Mindestlohn ist für rund 3,7 Millionen ArbeitnehmerInnen eine Erfolgsgeschichte, bedeutet eine angemessene Anerkennung ihrer geleisteten Arbeit. Der Mindestlohn macht Schluss mit dem unfairen Unterbietungswettbewerb auf Kosten der Beschäftigten. Das muss so auch bleiben: Die effektive Kontrolle des Mindestlohn ist also unerlässlich.
Freihandelsabkommen - so nicht!
Der DGB-Bundesvorsitzende wandte sich gegen das Freihandelsabkommen zwischen Nordamerika und Europa. "Mit uns wird es kein TTIP geben." Gefordert werden transparente Verhandlungen und eine Abschaffung des Investitionsschutzes und den damit verbundenen Abbau rechtsstaatlicher Entscheidungen. Das Abkommen bedrohe in der jetzigen Form Arbeits-, Gesundheits-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards sowie den Kultursektor.
Auch das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada sowie alle vergleichbaren Abkommen hält Reiner Hoffmann "so nicht zustimmungsfähig". Auf besondere Kritik stößt vor allem das Investitionsschutzkapitel.
Die Arbeit der Zukunft gestalten wir!
Arbeit brauche wieder eine größere Wertschätzung. Hierzu müsse es eine breite gesellschaftspolitische Debatte geben. Dabei gehe es um viel mehr als nur den Lohn. Es gehe um Anerkennung. "Wir akzeptieren keine Marktwirtschaft, in der Wertschöpfung allein das Zauberwort ist. Wir wollen Wertschöpfung und die volle Wertschätzung von Arbeit." Der DGB-Vorsitzende verwies auf den Missstand, dass die Beschäftigungen im sozialen Sektor zu gering bezahlt seien, nicht den gleichen Durchschnittslohn erhielten wie Berufe im Handwerk oder in der Technik. Er stellte die rhetorische Frage, „ob dieses wohl daran liegt, dass es sich hier um sogenannte Frauenberufe handelt?“
SPD: Gute Arbeit gestalten bleibt spannend!
Nicht nur an diesem „Tag der Arbeit“ kämpfe ich als Sozialdemokratin und Gewerkschafterin für gute Arbeit. Mich freut, dass das Gesetz über Frauenquoten in Führungsgremien am 1. Mai 2015 in Kraft trat. Für etwa 100 börsennotierte Großunternehmen ist nun ein Frauenanteil von 30 Prozent in den Aufsichtsräten sowie Zielvorgaben für die Erhöhung des Frauenanteils in rund 3500 weiteren Firmen vorgeschrieben. Diese Vorgabe gilt auch für die Bundesverwaltung im öffentlichen Dienst. Und ich sage nach über drei Jahrzehnte Streit voraus: Die Welt wird auch noch am 1. Mai 2016 stehen.
Die Union hat für das Entgeltgleichheitsgesetz enormen Widerstand angekündigt. Ich werde mich zusammen mit der gesamten SPD-Bundestagsfraktion mit aller Kraft für ein Gesetz zur Lohngerechtigkeit stark machen.
Ich bin mir sicher, SPD und Gewerkschaften sind PartnerInnen beim Kampf gegen Arbeitsstress und übermäßige Verfügbarkeit sowie mehr Gesundheit am Arbeitsplatz. Ich begrüße auch die zunehmende Bedeutung der Familien- und Gleichstellungspolitik, begrüße die zunehmenden Diskussionen und Verhandlungen zur Reduzierung von Vereinbarungsproblemen zwischen Beruf, Familie, Kinder und Pflege. Erste Schritte konnten wir bereits mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf gemacht, weitere werden folgen wie zum Beispiel die von Manuela Schwesig vorgeschlagenen Familienarbeitszeiten. Wir SozialdemokratInnen sagen: Familien brauchen Zeit, Infrastruktur und Geld! Alle drei Aspekte gehören zusammen und machen nur im Zusammenspiel eine gute Familienpolitik aus. In Sachen Zeitpolitik sind wir auf einem guten Weg. Mit dem ElterngeldPlus und der Familienpflegezeit wollen wir Eltern mehr Spielräume zur Gestaltung ihres Lebens geben. Das hilft im Übrigen nicht nur den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sondern auch den Unternehmen. Besonders freue ich mich, dass wir eine stärkere Entlastung für Alleinerziehende durchsetzen konnten. Mit Wirkung zum 1. Januar 2015 wird der Entlastungsbetrag von 1308 auf 1908 Euro angehoben.
Auch innerhalb der Gewerkschaften wird um das Thema Tarifeinheit gestritten. Wir SozialdemokratInnen wollen ein Gesetz, weil wir die Tarifautonomie stärken wollen. Letztlich geht es darum, zu dem bewährten Rechtszustand vor dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts 2010 zurückzukehren. Das Streikrecht oder die Koalitionsfreiheit werden nicht angetastet. Wir wollen einen klar definierten Ordnungsrahmen, der der Entsolidarisierung und der Zersplitterung von Teilen der ArbeitnehmerInnenschaft entgegenwirkt.
Wir wollen den Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen bekämpfen. Im Koalitionsvertrag mit der Union wurde vereinbart, rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zulasten von ArbeitnehmerInnen zu verhindern. Wir wollen künftig gesetzlich festgelegte Kriterien für die Abgrenzung zwischen ordnungsgemäßem Fremdpersonaleinsatz und missbräuchlichem Fremdpersonaleinsatz. Außerdem müssen die Betriebsratsgremien besser informiert und die Kontrollen verstärkt werden. Wir wollen auch, dass LeiharbeitnehmerInnen künftig nach neun Monaten wie das Stammpersonal bezahlt werden und die Höchstüberlassungsdauer nur 18 Monate betragen. Das gesamte Gesetzespaket wird zügig auf den Weg gebracht werden.
Geschichte des 1. Mai
Im Mai 1886 gab es am Rand einer Streik-Kundgebung am Haymarket in Chicago Krawalle mit Toten und Verletzten. 1889 rief ein Internationaler Arbeiterkongress in Paris dazu auf, jährlich einen "Kampftag der Arbeiterklasse" zu feiern.
Der DGB feiert den 1. Mai bundesweit mit zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen. 2015 jährt sich der Tag der der Arbeit zum 125. Mal - diesmal unter dem Motto "Die Arbeit der Zukunft gestalten wir."