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Pflegefall, was nun?! Gute Pflege heißt: Zuerst kommt der Mensch!

Die Sorge, im Alter pflegebedürftig zu werden, beschäftigt uns alle. Im Falle von Pflegebedürftigkeit wünschen wir uns, so lange wie möglich selbstbestimmt und im eigenen Zuhause leben zu können. Wie wird die häusliche Pflege gestärkt? Was wird zur Entlastung der pflegenden Angehörigen getan? Welche flexiblen Lösungen für pflegende Berufstätige sind geboten? Wie wird die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ermöglicht?

Diese und viele andere Fragen standen im Mittelpunkt der Fraktion vor Ort-Veranstaltung „Pflege ist Zukunft“ am 2. Juni 2015 mit über 50 Teilnehmenden im AWO Service- und Wohnzentrum Schönkirchen. Meine sehr engagierte, kompetente und nette Kollegin Dr. Birgit Malecha-Nissen hatte mich in das an diesem Tage sehr stürmische und regnerische Schleswig-Holstein eingeladen. Sie ist die Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Kreis Plön, Neumünster, Amt Boostedt-Rickling. Der Einladung bin ich gern gefolgt. Denn diese Veranstaltungen bedeuten für mich den Austausch mit Menschen darüber, wie Lebensqualität auch im hohen Alter für die älteren Menschen selbst und für ihre Familiensysteme möglich ist. Je mehr wir uns darüber verständigen, desto besser gestalten wir gemeinsam und zum Wohle aller den demografischen Wandel.

AWO Service- und Wohnzentrum Schönkirchen

Das AWO Service- und Wohnzentrum Schönkirchen ist eine Einrichtung der AWO Schleswig-Holstein gGmbH, Unternehmensbereich Pflege. In dieser Seniorenwohnanlage stehen 114 seniorengerechte, barrierefreie, geförderte und frei finanzierte Wohnungen zur Verfügung, die „Wohnen mit Service“ ermöglichen. Mit Abschluss eines Mietvertrages wird ein Dienstleistungsvertrag mit der Arbeiterwohlfahrt abgeschlossen. Die MieterInnen haben sich für diese Wohnform vorausschauend entschieden. So ist aufgrund des zur Wohnanlage gehörenden AWO Service- und Wohnzentrum eine vorübergehende Pflege in der Wohnanlage möglich. Die AWO bietet in ihrem Begegnungszentrum die Möglichkeit zur Tagespflege und in ihrem stationären Bereich je sieben Kurzzeit- und Langzeitpflegeplätze. Unter einem Dach finden also Wohnen und mit Kooperationspartnern zusammen auch umfassende pflegerische und soziale Leistungen statt. Ich danke Margrit Hellberg, Leiterin des AWO Service- und Wohnzentrum Schönkirchen, für die Gelegenheit, diese Einrichtung kennenzulernen und für die vielen profunden Hinweise auch während der sehr intensiven Diskussion im Anschluss an die Veranstaltung.

Pflege ist Zukunft

Die demografischen und gesellschaftlichen Bedingungen machen eine Weiterentwicklung der 1995 in Kraft getretenen Pflegeversicherung notwendig. Diese hat sich grundsätzlich bewährt. Dennoch sind Verbesserungen sowohl im Leistungsrecht der Pflege als auch in ihrer fachlichen Ausgestaltung notwendig. Wir müssen Pflege nachhaltig zukunftsfest machen. In meinen Ausführungen habe ich auf bereits in dieser Legislatur Erreichtes hingewiesen und einen Ausblick auf die noch zu beschließenden Vorhaben gegeben. Bereits beschlossen wurden das Pflegestärkungsgesetz I und die Familienpflegezeit, mit der wir Rechtsansprüche auf Freistellung bei notwendig werdender Pflege in der Familie verankert haben. Noch in diesem Jahr werden wir das Pflegestärkungsgesetz II mit seinem neuen Begriff von Pflegebedürftigkeit im Bundestag verabschieden. Das ist eine sozialrechtlich relevante Entscheidung, mit der die somatischen, die psychischen als auch die kognitiven Anlässe für Pflegebedürftigkeit als gleichwertig anerkannt werden. Zukünftig wird es fünf Pflegegrade geben, mit einem an sozialer Teilhabe orientierten neu entwickelten Begutachtungsassessment. Beraten und beschließen werden wir auch noch ein neues Pflegeberufegesetz. Mit der generalistischen Pflegeausbildung werden wir aus den drei Berufen der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege, der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege einen gemeinsamen Fachberuf mit einem gemeinsamen Abschluss machen. Wir erwarten dadurch eine Attraktivitätssteigerung des Berufsfeldes sowie eine Professionalisierung der Pflege. Dieser Schritt wird zur PatientInnensicherheit bzw. der Sicherheit der Pflegebedürftigen beitragen. Fakt ist also: Wir wollen pflegende Angehörige entlasten und die professionelle Pflege aufwerten.

Mit diesen zahlreichen Schritten zur Reform der Pflege orientieren wir die Pflege stärker an den sehr differenzierten und komplexen Bedarfen des einzelnen Menschen. Wir wollen mehr Teilhabegerechtigkeit ermöglichen.

In der sehr regen Diskussion wurde insbesondere auf folgende Aspekte hingewiesen:

  • Die Rolle der Kommunen bei der Gewährleistung von Pflege als Daseinsvorsorge
  • auch ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff mit seinen Leistungen müsse durch zur Verfügung stehende Zeit hinterlegt werden
  • Änderungen des sogenannten Pflege-TÜVs werden angemahnt
  • für die Qualität der Ausbildung sei es notwendig, dass die stationären Einrichtungen die Funktion „Praxisanleitung“ auch entsprechend stellenmäßig zu hinterlegen
  • begrüßt werden Änderungen im Hinblick auf die Dokumentation
  • Pflege professionalisieren durch eine Pflegekammer
  • die Pflegeversicherung als „Voll-„ bzw. als „Teilkaskoversicherung“
  • der regional existierende Fachkräftebedarf
  • die großen Gehaltsunterschiede zwischen der derzeitigen drei Heilberufen, zulasten der AltenpflegerInnen.

Als weitere Herausforderungen für eine zukunftsfeste Pflege werden benannt:

  • eine stärkere „Augenhöhe“ zwischen den für die Gesunderhaltung verantwortlichen Berufe, u.a. der Medizin und Pflege
  • die notwendige Verzahnung von Pflege durch Angehörige, Ehrenamtliche, Betreuungskräfte und Fachpersonal
  • die Etablierung der Bürgerversicherung Pflege.

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