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Vielen Dank an die ehrenamtlichen FreundInnen im Krankenhaus (FriKs) der Berliner Aidshilfe

Jeden Sonntag treffen sich an HIV/Aids erkrankten und sich in stationärer Behandlung befindliche PatientInnen mit den ehrenamtlichen FreundInnen im Krankenhaus (FriKs) der Berliner Aidshilfe. Die Treffen finden zwischen 14:00 bis 16:00 Uhr im "Café Viktoria", Haus 12, Aufenthaltsraum Station 12 B, des VIVANTES - Auguste Viktoria-Klinikum statt. Und diese Treffen sind durchaus munter, wie ich am 7. Juni 2015 selber feststellen konnte. Lachen ist auch hier eine gute Medizin. Oft sind es ja die kleinen Dinge, wie z.B. ein Buch vorlesen, begleitet zum Kiosk zu gehen oder in netter Runde Kaffee und Kuchen genießen, die den Aufenthalt im Krankenhaus etwas auflockern und abwechslungsreicher machen. Der Einsatz der FriKs ist auf die Zeit des Krankenhausaufenthaltes begrenzt. Auf Wunsch wird aber eine ehrenamtliche emotionale Begleitung für die Zeit nach der Entlassung vermittelt.

Intensiver Austausch im „Café Viktoria“

Der Austausch mit PatientInnen mit HIV/Aids, die im AVK behandelt werden, sowie mit Frank Löbbert, Mitglied und Sprecher der ehrenamtlichen Betreuungsgruppe "Freunde im Krankenhaus" der Berliner Aidshilfe, Marianne, Teamsprecherin der FriKs und Dr. Hartmut Stocker, Oberarzt der Klinik für Innere Medizin, Infektiologie und Gastroenterologie, war lebendig und vielschichtig.

So wurden unter anderem diskutiert:

  • Der steigende Bedarf an psychosozialer Betreuung von Menschen mit HIV und Aids auch aufgrund der steigenden Lebenserwartung von Menschen mit HIV/Aids infolge verbesserter Therapiemöglichkeiten und des damit einhergehenden veränderten Krankheitsbildes. Dies trifft vor allem auf Menschen aus finanziell schwächeren Schichten zu, die von erheblichen sozialen Schwierigkeiten und Multimorbidität (Mehrfacherkrankungen) geprägt sind. Ein weiteres Merkmal dieses Personenkreises ist der polytoxikomane Drogenkonsum, also der gleichzeitige Konsum mehrerer verschiedener Substanzen. Ein Großteil der Betroffenen ist dabei mit Hepatitis C (HCV) koinfiziert.
  • Es braucht neue Handlungsstrategien gegen die Spaltung der HIV/Aids-Versorgung für die gut Versicherten und damit auch gut Versorgten und die zahlreichen Menschen, die aus verschiedensten Gründen ohne Versicherung sind. Dank der Berliner Aids Hilfe, hier insbesondere von Sergiu Grimalschi, Referent für Migrationsarbeit, werde hier durch persönliches Engagement vieles geleistet – eine strukturelle Verbesserung ist aber dringendst angesagt.
  • Ausbau des Kampfes gegen Infektionskrankheiten: Grundlage der modernen Medizin sei die Beherrschung der Infektionserkrankungen gewesen. Aufgrund zahlreicher Resistenzen gegen Antibiothika sei eine Fortentwicklung gefährdet, bisherige medizinische Erfolge könnten um Dekaden zurückgeworfen werden. Die Nazi-Zeit habe diesem Fach die Zukunft gekostet, denn viele der Koryphäen u.a. in der Mikrobiologie seien jüdische Deutsche gewesen. In den nächsten 20 Jahren sei auch nicht mit der Entdeckung neuer entsprechender Antibiothika zu rechnen. Das erfordere grundlegende Maßnahmen:
  • Ermöglichung einer besseren entsprechenden Ausbildung während des Studiums sowie ein neuer Abschluss Facharzt für Infektiologie; hier bedarf es der Einbeziehung der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie. In Deutschland würde der Ansatz der evidenzbasierten Medizin noch immer viel zu wenig umgesetzt. Dieses habe leider auch Auswirkungen auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung.
  • Notwendig sei eine bessere Abbildung der Interventionen im DRG-System des INEK; so sei die Bekämpfung einer Blutvergiftung mit hohen Kosten verbunden, erbringe aber vergleichsweise nur wenig Einnahmen.
  • Die „Migranten-Medizin“ - ein von Chefarzt Prof. Dr. August Stich, Missionsärztliche Klinik Würzburg, muss ausgebaut werden. Dies betrifft sowohl hier bereits lebende ZuwanderInnen als auch gerade erst nach einer Flucht Ankommende. Kritisiert wird, dass es bei der Ankunft in Deutschland keine systematischen Untersuchungssettings gebe. Die Zahl der Infektionen steige unter Umständen auch aus diesem Grunde an.

Mit Freude hatte ich auch ein längeres Gespräch mit einem der PatientInnen. Dieser Mann hat mit intensiver stationärer und ambulanter Behandlung bisher 33 Jahre, nachdem mensch ihm gesagt habe, er müsse sterben, überlebt - und nach eigenen Aussagen gut gelebt.

Zentrum für Infektiologie und HIV im Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum

Die Klinik für Innere Medizin - Infektiologie hat sich im Laufe der Jahrzehnte zum größten deutschen Behandlungszentrum für Menschen mit HIV und Aids, aber auch sämtliche anderen Infektionserkrankungen wie Tuberkulose und Tropenkrankheiten mit auch internationaler Reputation, entwickelt. Dies gelang, weil von Anfang an Organisationen der Selbsthilfe, vor allem die Berliner AIDS-Hilfe, eingeladen wurden, die Klinik im Sinne ihrer Klientel mitzugestalten. So existiert das sonntägliche „Cafe Viktoria“ seit über 25 Jahren. Um eine schnelle Diagnostik und bestmögliche Therapie zu gewährleisten, wird größter Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit gelegt. Besonderen Wert wird auf ein ganzheitliches Konzept gelegt, welches die sozialen und psychologischen Belange einer HIV-Erkrankung einschließt. Alle Patienten haben die Möglichkeit, uneingeschränkten Kontakt mit ihren Angehörigen und Freunden zu pflegen sowie die Leistungen der Berliner AIDS-Hilfe im Krankenhaus jederzeit in Anspruch zu nehmen.

“Schöneberger Modell” existiert seit über 25 Jahren

Sehr zu begrüßen ist die gute Infrastruktur zur Behandlung von HIV/Aids-PatientInnen. Seit über 25 Jahren gibt es in Berlin das “Schöneberger Modell”, ein Netzwerk aus Kliniken, HIV-Schwerpunktpraxen und freien Trägern zur Behandlung und Betreuung HIV-infizierter Menschen. Das Schöneberger Modell fängt mit ambulanten und stationären Angeboten 80 bis 90 Prozent aller Berliner HIV-/Aids-PatientInnen auf. Nach den Therapiefortschritten in den 90er Jahren erfolgte eine Verlagerung der Behandlung in den ambulanten Bereich und im Zuge dessen ein Ausbau der ambulanten Angebote. Über 50 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte haben sich im Arbeitskreis Aids niedergelassener Ärzte Berlin e. V. zusammengeschlossen. Das Schöneberger Modell hat seinen Ursprung im Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum (AVK), in dem Mitte der 80er Jahre die ersten Aids-PatientInnen behandelt wurden. Die Kooperation und der Austausch zwischen dem Auguste-Viktoria-Klinikum und HIV-Schwerpunktpraxen basiert auf einem Vertrauensverhältnis. Darüber hinaus wurden Fortbildungen für Ärztinnen und Ärzte durch das Klinikum angeboten und mit hoher Beteiligung durchgeführt.

Im AVK gibt es zwei Spezialstationen für HIV/Aids mit jeweils 34 Betten sowie 16 Betten im Rahmen einer Tagesklinik. Hier können die HIV-Schwerpunktpraxen und FachärztInnen ihre PatientInnen bei Bedarf zur vollstationären Behandlung einweisen. Weiterer zentraler Bestandteil des Modells ist der Zugang des Berliner Aids-Hilfe e. V. zu den Patienten auf den Stationen. Sie leistet dort Beratungs- und Betreuungsarbeit, vermittelt Pflegeeinrichtungen und Betreuungsdienste. Anlaufstellen für umfassende Diagnostik sowie für Infusionen sind die Tageskliniken im AVK und Charité-Virchow-Klinikum.

Handlungskonzepte für die HIV-/Aids- und STI-Prävention entwickelt    

Das Wissen um eine HIV-Infektion oder eine andere sexuell übertragbare Infektion (STI) ist von hoher Bedeutung für die Prävention. Deshalb hat der Berliner Senat auch Rahmenkonzepte für die HIV-/Aids- und STI-Prävention erarbeitet und eine Präventionskampagne für Berlin initiiert.