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SPD: Patientenrechte und Patientensouveränität in Gefahr

„Die Stärkung der Patientenrechte und der Patientensouveränität gegenüber Leistungserbringern und Kostenträgern ist eine herausragende Aufgabe der Gesundheitspolitik“, so mein Fazit nach meinem Besuch vor zwei Jahren in der Berliner Beratungsstelle der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Ich hatte mich auf meiner Sommertour in der Beratungsstelle in der Rubensstraße 84 in Friedenau informiert. Doch nach der Entscheidung des Spitzenverbandes der Krankenkassen und von Staatssekretär Karl-Josef Laumann zur Vergabe der Unabhängigen VerbraucherInnen- und PatientInnenberatung an das Duisburger Unternehmen Sanvartis GmbH muss diese Beratungsstelle Ende 2015 aller Voraussicht nach dicht machen.

Da mich diese Entscheidung enttäuscht und auch hinsichtlich der Wahrung von Patientenrechten und PatientInnensouveränität ärgert, bin ich hier am Ball.

Neutralität, Unabhängigkeit und Qualitätssicherung als Grundlage von Vertrauenswürdigkeit

Für mich als SozialdemokratIn sind starke PatientInnenrechte im Gesundheitswesen und die Unabhängigkeit und Neutralität von Beratungsstellen ein hohes Gut. Schließlich sollen PatientInnen auf Augenhöhe mit ihren ÄrztInnen kommunizieren. Dafür müssen sie ihre Rechte kennen und diese auch durchsetzen können - unter anderem auch mit einer vertrauenswürdigen unabhängigen PatientInnenberatung.

Um dieses Gut zu stärken - so war ich zumindest überzeugt - haben wir als Gesetzgeber erst vor wenigen Monaten im GKV- Finanzstruktur und Qualitäts- Weiterentwicklungsgesetz (FQWG) den Förderzeitraum auf sieben Jahre verlängert und das Fördervolumen annähernd verdoppelt. Wir haben damit deutlich gemacht, dass uns im Interesse der PatientInnen der flächendeckende Ausbau gut erreichbarer Beratungsstellen, ein gut erreichbares telefonisches Beratungsangebot sowie der Ausbau von Öffentlichkeitsarbeit wichtig ist.

Wir SozialdemokratInnen halten an diesem Gesetzeswillen auch bei der derzeitigen Neuvergabe der Ausschreibung fest. Dabei geht es um viel Beitragsgeld: insgesamt um 66,4 Millionen Euro, 62 Millionen Euro von den gesetzlichen Kassen und 4,4 Millionen Euro von der privaten Krankenversicherung.

Neutralität, Unabhängigkeit und Qualitätssicherung müssen gewichtige Vergabekriterien bleiben

Verantwortlich für die Umsetzung des gesetzgeberischen Willens zur Fortsetzung einer Unabhängigen VerbraucherInnen- und PatientInnenberatung in Deutschland auf Basis des § 65b Sozialgesetzbuch (SGB V) ist der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen. Einverstanden sein muss aber auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU).

Beide haben sich nun gegen das Angebot der bisherigen von den drei gemeinnützigen GesellschafterInnen Sozialverband VDK, Verbraucherzentrale Bundesverband und der Verbund unabhängige Patientenberatung entschieden. Diese Entscheidung enttäuscht mich sehr.

Der Zuschlag für den Auftrag ging an das in Duisburg ansässige private Unternehmen Sanvartis. Hierbei handelt es sich um ein auf medizinisches Fachwissen spezialisiertes Callcenter, welches Beratungsfunktionen übernimmt. Auf seiner Internet-Seite wirbt Sanvartis damit, dass es auch schon für Pharma-Unternehmen und Krankenkassen tätig gewesen ist.

Das ist keine gute Entscheidung im Interesse der PatientInnen. Denn Sanvartis würde Beschwerden an seiner eigenen Arbeit für die Krankenkassen entgegennehmen. Aufgrund der zu erwartenden Interessenskonflikte ist der Aufschrei bei vielen AkteurInnen im Gesundheitswesen groß. So kritisiert Ärztekammerpräsident Montgomery gar, dass die Kassen versuchen, „sich die Beratungsstelle unter den Nagel zu reißen“. Die auf Bundesebene tätigen Spitzenorganisationen von Ärzteschaft und Zahnärzteschaft erklären, dass eine PatientInnenberatung, die von einem Call-Center betrieben wird, welches nachweislich schon für die Kassen tätig war, unmöglich die Anliegen von PatientInnen und Versicherten umfassend vertreten kann. Scharfe Kritik kommt auch von VerbraucherInnen- und PatientInnenschutz-Vereinigungen.  

Ich erwarte, dass der Patientenbeauftrage der Bundesregierung seine Beweggründe für diese Vergabeentscheidung noch näher erläutert - am besten revidiert.