Öffentliche AuftraggeberInnen und Unternehmen sollen künftig mehr Flexibilität bei der Vergabe öffentlicher Aufträge erhalten. So sollen die Möglichkeiten der öffentlichen AuftraggeberInnen gestärkt werden, um zum Beispiel umweltbezogene, soziale oder innovative Aspekte im Rahmen des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Ich bin der Meinung, dass auch die Frauenförderung ein solch innovativer Aspekt ist.
Der Bundestag hat jetzt in 1. Lesung am 16. Oktober 2015 den „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz – VergRModG)" debattiert. Mit diesem Gesetz soll die öffentliche Auftragsvergabe auf Grundlage des neuen gemeinschaftsweiten EU-Vergaberechts umfassend reformiert, modernisiert, vereinfacht und anwendungsfreundlicher ausgestaltet werden.
Mehr Flexibilität bei der Vergabe öffentlicher Aufträge
Um die praktische Anwendung des Gesetzes zu erleichtern, wird der Ablauf des Vergabeverfahrens von der Leistungsbeschreibung über die Prüfung von Ausschlussgründen, Eingangsprüfung, den Zuschlag bis zu den Bedingungen für die Auftragsausführung erstmals fast vollständig im Gesetz vorgezeichnet. Dadurch sollen die Gleichzeitig werden kommunale Freiräume, etwa bei der Vergabe an kommunale Unternehmen oder bei der Zusammenarbeit mit anderen Kommunen erstmals gesetzlich ausdrücklich geregelt. Das bietet Kommunen mehr Rechtssicherheit bei der Bereitstellung von Leistungen der Daseinsvorsorge.
Mit diesen Regelungen wollen wir kommunale Freiräume stärken, im Einzelnen:
- Soziale Dienstleistungen, wie zum Beispiel zur Integration arbeitsuchender Menschen, sollen in einem erleichterten Verfahren vergeben werden können.
- Die stärkere Nutzung elektronischer Mittel soll für effizientere Vergabeverfahren sorgen. Bei der konkreten Ausgestaltung der Verfahren soll aber darauf geachtet werden, dass sowohl die öffentliche Hand als auch die Wirtschaft ausreichend Zeit für die notwendigen technischen Anpassungen haben.
- Der Regierungsentwurf sieht bessere Möglichkeiten für Auftraggeber vor, soziale, ökologische und innovative Aspekte bei der öffentlichen Beschaffung einzubeziehen.
- Bei der Ausführung von öffentlichen Aufträgen müssen die geltenden sozial- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen ohnehin eingehalten werden. Das gilt insbesondere für die Regelungen in allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen nach Entsendegesetz und den gesetzlichen Mindestlohn.
- Der Gesetzentwurf betont insbesondere auch die Belange von Menschen mit Behinderungen. So ist vorgesehen, dass öffentliche Aufträge Werkstätten für Menschen mit Behinderungen vorbehalten werden können.
- Wechselt ein Bahnbetreiber infolge einer Vergabe im Schienenpersonennahverkehr, soll ein besonderer Schutz der bisher Beschäftigen sichergestellt werden. Diesem Vorschlag stimmt die Bundesregierung zu. Noch nicht absehbar ist, wie der Koalitionspartner sich dazu verhält.
- Unter welchen Voraussetzungen Kommunen zentrale Leistungen der Daseinsvorsorge selbst oder gemeinsam mit anderen Kommunen erbringen können, soll künftig im Einzelnen gesetzlich klargestellt werden. Bislang ergab sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes viel Unsicherheit. Die neuen gesetzlichen Vorgaben werden für mehr Klarheit und Rechtssicherheit sorgen.
- Bestimmte Bereiche werden zudem von der Anwendung des Vergaberechts ausgenommen. Das betrifft zum Beispiel die - im Vorfeld öffentlich besonders umstrittene - Vergabe von Konzessionen bei der Trinkwasserversorgung, aber auch bestimmte Rettungsdienste, die von gemeinnützigen Organisationen erbracht werden.
- Der Entwurf legt schließlich die Gründe, die zu einem Ausschluss von Vergabeverfahren führen, erstmals gesetzlich fest. Das gilt insbesondere für den Ausschluss infolge einer Verurteilung wegen Bestechung oder anderen Wirtschaftsdelikten. Nach Abschluss des Gesetz- und Verordnungsgebungsprozesses will die Bundesregierung zudem die Einführung eines bundesweiten Vergabeausschlussregisters (Korruptionsregister) prüfen. Das entspricht unserem sozialdemokratischen Anliegen.