I-DE-AL heißt das Projekt, das mir und meiner Kollegin Dr. Ute Finckh-Krämer, MdB aus Berlin Steglitz-Zehlendorf, in meinem Wahlkreisbüro am Mittwoch, dem 8. Dezember 2015 von Friederike Thessel, Institute for eGovernment (IfG.CC) Potsdam, und Robert Stephan, Volkssolidarität Landesverband Berlin e.V., vorgestellt wurde. Am Gespräch nahmen auch Dr. Jörg Tänzer, Bürgerdeputierter in Tempelhof-Schöneberg und meine Mitarbeiterin Manuela Harling teil.
Aufmerksam auf das Projekt wurde ich durch ein Schreiben von Dr. Heidi Knake-Werner, Vorstandsvorsitzende der Volkssolidarität Landesverband Berlin e.V., in dem mir die Vorstellung des Projektes angeboten wurde. Im Deutschen Bundestag werden wir 2016 das Pflegestärkungsgesetz III verabschieden. In diesem geht es vor allem um die Herausarbeitung von Strukturen pflegefreundlicher Kommune. Daher war ich natürlich an den Ergebnissen des Ende 2015 auslaufenden und von der Stiftung Parität finanzierten Projektes interessiert.
Das I-DE-AL-Projekt: Unterstützung von Menschen mit Demenz, Angehörigen und Betreuenden
"I-DE-A-L" ist die Kurzform für individualisierte, patientenzentrierte demenzspezifische Akteurslandkarte für die Bezirke Lichtenberg und Steglitz-Zehlendorf.
Im Projekt „I-DE-A-L“ wird erhoben, dokumentiert und analysiert, welche Beratungs- und Unterstützungsangebote für Menschen mit Demenzerkrankungen von welchen Trägern mit welchem Leistungsumfang in Berlin angeboten werden. Durch eine beispielhafte umfassende Datenerhebung und -analyse für die Bezirke Lichtenberg und Steglitz-Zehlendorf soll die Grundlage dafür geschaffen werden, das bereits vorhandene Betreuungsangebot transparenter zu machen und Angebotsbedarfe und -lücken zu identifizieren.
Erhoben und analysiert werden Informationen zu Leistungsbereichen, Kernaktivitäten, Ressourcen der aktiven AkteurInnen. Dabei werden auch aktuelle lokale Demografie- und Sozialstrukturdaten herausgearbeitet. Erfasst werden Kompetenzprofile der AkteurInnen der pflegerischen, medizinischen und psychosozialen Versorgung. Außerdem wollen via ExpertInneninterviews z.B. Hemmnisse und Herausforderungen bei der Realisierung neuer Unterstützungsangebote und Eckpunkte für zukünftige Versorgungsszenarien identifiziert werden.
Ziel ist es, auf der Grundlage der Analyseergebnisse neue Angebote zu entwickeln bzw. bereits bestehende Angebote besser auf die Bedarfe ihrer Zielgruppen zuzuschneiden. Diese verbesserten Angebote sollen speziell Menschen mit Demenz, Angehörige und Betreuende unterstützen, die eine optimale Betreuung und Versorgung über die regionalen (Dienst-)Leistungen und komplementären Angebote im Pflegebereich sicherstellen wollen. Eine verzahnte Organisation von Unterstützungsmöglichkeiten hilft, die Selbstbestimmung und Selbständigkeit der Erkrankten zu erhalten. Dadurch wird der Eintritt von Pflegebedürftigkeit verzögert. Ein niedrigschwelliger Zugang zum Hilfenetzwerk unterstützt zudem eine personenzentrierte Alltagsgestaltung. Wenn die pflegenden Angehörigen dadurch entlastet werden, können die Erkrankten länger zu Hause leben.
Die Projektergebnisse werden uns im kommenden Jahr zugesandt.
Pilotprojektidee: „Kümmern im Kiez - Beratung, Koordination und Hilfe für Gesundheit und Pflege im Alter“
Der Verlust an Kompetenzen sowie stärkere körperliche und kognitive Einschränkungen führen oft dazu, dass der Alltag mit zunehmendem Alter als immer komplexer wahrgenommen wird. Der Wunsch nach Kommunikation, Aktivitäten und Teilhabe am Leben besteht aber weiterhin. Zur Unterstützung dieser Zielgruppe gibt es eine Vielzahl von Leistungs- und Hilfeangeboten von einer Vielzahl von Akteuren. Gerade diese Vielfalt führt jedoch dazu, dass es Einzelne oft schwer ist, sich im Unterstützungs-/ Versorgungssystem zu orientieren. Oft übernehmen daher Angehörige die Koordination von Unterstützungs-, Pflege- und Betreuungsleistungen. Das bedeutet aber häufig auch eine enorme zusätzliche Belastung.
Alle Akteure, die an der Betreuung und Unterstützung von älteren Menschen beteilig sind, sollen entsprechend dem Ansatz einer ganzheitlichen Betreuung über Fachbereichs- und Zuständigkeitsgrenzen hinweg kooperieren. Bisher funktioniert das im Alltag aber nicht. Keiner der Beteiligten verfügt über eine vollständige Übersicht darüber, wer wann wo und wie in die Pflege und Betreuung sowie in die Unterstützung und Entlastung der Angehörigen einbezogen wird. Unübersichtlich ist, wer welche Informationen wann benötigt bzw. nutzt. Darin sehen die Projekt-Initiatorinnen ein Manko, das es zu beheben gilt.
Mit dem Pilotprojekt „Kümmern im Kiez - Beratung, Koordination und Hilfe für Gesundheit und Pflege im Alter“ sollen im Bezirk Steglitz-Zehlendorf individualisierte/personenzentrierte Strukturen aufgebaut werden, die eine ganzheitliche Unterstützung älterer Menschen im Alltag entsprechend ihrer Lebenslage ermöglichen. Die „KümmerIn im Kiez“ ist für ältere Menschen und/oder ihre Angehörigen eine KoordinatorIn für alltägliche Angelegenheit rund um das Thema Pflege und Gesundheit. Gleichzeitig fungiert sie als LotsIn im oft unübersichtlichen System der Dienstleister. Bei Bedarf soll die „KümmerIn“ als organisationsübergreifende FallmanagerIn agieren, die über Akteurs*- und Organisationsgrenzen hinweg für KlientInnen/PatientInnen die Aktivitäten und Leistungen zur Prävention, Teilhabe, Versorgung, Pflege und Betreuung organisiert und koordiniert. Die „KümmerIn“ stärkt den Alltag des Nutzers/der Nutzerin und macht bei Bedarf Vorschläge zur Strukturierung der Unterstützungsangebote, ist aber an der Erbringung von konkreten Leistungen (z.B. Pflege, Einkauf) nicht selbst beteiligt. Im Idealfall fungiert die „KümmerIn“ also als AnsprechpartnerIn in allen Lebenslagen und ermöglicht so ein möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Häuslichkeit.
Die „KümmerIn“ ist vor Ort - d.h. direkt im Kiez - präsent und somit im jeweiligen Sozialraum der älteren und alten Menschen verankert. Im Pilotprojekt sollen verschiedene Möglichkeiten der Verortung der KümmerIn geprüft werden. Um mit der Arbeit einen größtmöglichen Nutzen zu erzielen, soll zugleich eine KoordinatorIn für die Kiez-KümmerInnen eingesetzt werden. Diese KoordinatorIn ist dafür zuständig, Standards für die Arbeit der Kiez-KümmerInnen zu entwickeln und deren Arbeit qualitativ zu sichern.
Konzeptionierung und Finanzierung
Ich bin gespannt, ob es ein solches Pilotprojekt geben wird. Denn „Spinnen“ ist das eine, ein Konzeptentwickeln, welches Dritte finanzieren sollen, das andere.
Wie erfährt die „KümmerIn“ vom Bedarf der KlientInnen? Wie erfahren ältere oder hilfsbedürftige Menschen von der „KümmerIn“? Mehrere Varianten wurden diskutiert: vom Anschreiben aller ab einem bestimmten Alter, Eingliederung in das Entlassmanagement von Krankenhäusern etc..
Vor allem: Wer übernimmt die Finanzierung? Die Ansätze einer präventiven aufsuchenden und koordinierenden Arbeit müssten sich teilweise noch widersprechender Normen verschiedener Sozialgesetzgeber folgen. Darauf verweist Dr. Jörg Tänzer mit Nachdruck. Er verweist darauf, dass als Nachwirkung der Verabschiedung noch zahlreiche Schnittstellen im Leistungsrecht geklärt werden müssen - insbesondere die Ausgestaltung der Schnittstelle Hilfe zur Pflege, Pflegeversicherung und Bundesteilhabegesetz. Mit diesem Thema hat sich auch schon der 20. Pflege-Recht-Tag Anfang 2015 beschäftigt.
Geplante Umsetzung des Pilotprojektes
Für die Realisierung des Pilotprojektes sind als nächste Schritte die Erstellung eines Konzeptpapiers, die Sicherstellung der Projektfinanzierung und die Etablierung eines UnterstützerInnennetzwerks vorgesehen.
In den Behörden/bei den Stadträten, in den Ämterbezeichnungen taucht nirgendwo der Begriff Pflege auf. Wenn Kommunen aber bei der Pflege in Eigenregie mehr steuern wollen und sollen, muss hier zuerst ein neues Denken vollzogen werden. Denn derzeit fehlt den Kommunen in der Regel für eine gute Pflegeinfrastruktur entsprechend gut qualifiziertes Personal.