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Deutscher Pflegetag: MigrantInnen und Geflüchtete als Chance für die Pflege

Ein wichtiges Thema auf dem vom 10.-12. März 2016 in Berlin stattfindenden Deutschen Pflegetag ist die Frage nach einer stärkeren Gewinnung von ausbildungswilligen Menschen. Erwartet werden rund 6.000 BesucherInnen, ExpertInnen, EntscheiderInnen und MultiplikatorInnen aus Politik, Wirtschaft, Pflege und Gesellschaft - kein Wunder, ist doch die Pflege eines der wichtigsten gesundheitspolitischen und gesellschaftlichen Themen unserer Zeit. Sie alle begeben sich in einen intensiven Dialog über die Zukunft der Pflege. Ein weiteres Thema auf dem Deutschen Pflegetag sind auch Geflüchtete und Pflege.

Die Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund steigt in naher Zukunft am stärksten

Der Anteil der über 65-jährigen Bevölkerung mit Migrationsbiographie zählt zu der – regional verschieden - am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppe in Deutschland. Pflege und Migration ist ein zentrales Thema. Noch nutzen hilfe- und pflegebedürftige Ältere mit Migrationsbiographie professionelle medizinisch-pflegerische Versorgungstrukturen deutlich seltener als Menschen ohne Migrationsbiographie. Ich gehe aber davon aus, dass sich dieses in Zukunft ändern wird, da auch in dieser Gruppe die Familien den steigenden Unterstützungs-, Betreuungs- und Pflegebedarf nicht allein decken können. Pflegeorganisationen sind zunehmend gefordert, sich auf ein interkulturelles Klientel einzustellen und entsprechende kultursensible Pflege- und Informationsangebote anzubieten. Unsere gesamte Pflegeinfrastruktur hat sich bedeutend intensiver den Anforderungen einer interkulturellen Gesellschaft zu stellen. Das belegen die Studie Pflegebedürftigkeit und Nachfrage nach Pflegeleistungen von Migrantinnen und Migranten im demographischen Wandel oder die im Auftrag des BMG durchgeführte Studie zu „Wirkungen des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes“ zur Einschätzung der Situation Pflegebedürftiger mit Migrationshintergrund. Die Pflegeinfrastruktur interkultureller aufzustellen, fordert auch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Aydan Özoğuz, die 2015 das Thema „Gesundheit und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft“ in den Mittelpunkt ihrer Integrationspolitik gestellt hatte.

Mehr kultursensible Pflege für Menschen mit Migrationsbiographie gefordert

Vor allem für die in Deutschland lebenden älteren BürgerInnen mit Migrationshintergrund, die nun ins Rentenalter und damit möglicherweise auch in Pflegesituationen kommen, müssen wir mehr tun. Auf die sogenannte kultursensible Pflege von Menschen, die einen anderen religiösen und kulturellen Hintergrund haben, müssen sich Pflegestrukturen in Deutschland möglichst rasch einstellen, meint Jürgen Graalmann, Sprecher des Deutschen Pflegetags. Das seien wir in vielen Regionen Deutschlands noch nicht, warnt er.

Graalmann fordert von der Bundesregierung eine „Pflegeagenda 2030“. Teil dieser Agenda solle es auch sein, mehr Geflüchtete für die Pflege zu gewinnen. Die sogenannte Flüchtlingskrise sei auch eine Chance für die Pflege in Deutschland. Geflüchtete, die auf Dauer in Deutschland bleiben, könnten mithelfen, die große Lücke an Pflegefachkräften zu schließen.

Geflüchtete als Chance für die Pflege

Politik, Bildungseinrichtungen als auch Arbeitgeber sind auch dazu aufgerufen, zu identifizieren, ob es eine Bereitschaft und eine Eignung der Geflüchteten für den anspruchsvollen Pflegeberuf gibt. Viele der Geflüchteten kennen keine Altenpflege im hiesigen Sinne. In den Regionen, aus denen sie kommen - Afghanistan oder Syrien - gibt es noch eine sehr starke familiäre Pflege. Pflege hat dort aber einen deutlich höheren, auch gesellschaftlichen Stellenwert, als das bei uns der Fall ist. In Praktika können die Geflüchteten ihre grundsätzliche fachliche Eignung testen. Ausschlaggebend ist auch das Erlernen der deutschen Sprache. In einem durch persönliche Zuwendung geprägtem Berufsbild wie der Pflege sind gute Verständigungsmöglichkeiten natürlich essentiell. Es gibt bereits seit einigen Jahren erfolgreiche Modellprojekte für die spezielle Qualifizierung von Geflüchteten.

Graalmann begrüßt die Neuregelung des Pflegeberufereformgesetzes, das die Zusammenlegung der Ausbildung von Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege vorsieht. Mit einer solchen generalistischen Ausbildung wird den Pflegekräften die Chance geboten, innerhalb des Pflegeberufs zu wechseln - etwa von der Altenpflege auf die Intensivstation oder in die Kinderkrankenpflege. Fort- und Weiterbildungen sind auszubauen. So können Pflegefachkräfte länger im Beruf gehalten werden. Zurzeit steigen sie häufig nach sieben, acht Jahren aus. Politik aber auch Arbeitgeber seien vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels zu Verbesserungen der Arbeitsplatzbedingungen aufgefordert, zum Beispiel zum Abbau der hohen Teilzeitquote in der Pflege.