Am Freitag, den 11.3. startete meine traditionell im Tempelhof-Schöneberger Frauenmärz stattfindende „Ladies only!“-Tour durch das politische Berlin.
Gegen 10.00 Uhr versammelten sich die Frauen am Rathaus Tempelhof. Einige Frauen, die schon frühzeitig am Treffpunkt waren, nutzen die Chance und sahen sich die frisch eröffnete Ausstellung Myanmars Driving Force, Fotografien von Nora Bibel in der Galerie im Rathaus Tempelhof an bevor die politische Tagesfahrt zum ersten Programmpunkt einem Besuch im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend startete.
Informationsgespräch im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Nach einer Erläuterung der vielfältigen Aufgaben des Ministeriums kam der uns zur Verfügung gestellte Referent schnell darauf zu sprechen, dass die Gleichstellung der Geschlechter nicht nur mit Gesetzen zu tun hat, sondern auch mit der gesellschaftlichen Realität und mit dem gesellschaftlichen Wandel. Anhand des Beispiels der Zivildienstleistenden konnte er verdeutlichen, dass das gesellschaftliche Ansehen zu Beginn des Zivildienstes eher negativ geprägt war und die Wehrdienstverweigerer von vielen als „Drückeberger“ oder „Weicheier“ verschrien waren, obwohl ihre Arbeit - meist in sozialen Einrichtungen oder in der Pflege - hoch angesehen waren bei den Menschen, die die Arbeit der Zivildienstleistenden erlebten. Die gesellschaftliche Wertschätzung des Zivildienstes hat sich im Laufe der Jahre stark erhöht. Das konnte mensch nach der Aussetzung der Wehrpflicht und damit auch des Zivildienstes am hohen Interesse am Bundesfreiwilligendienstes erkennen, der viele Dienstleistungen des früheren Zivildienstes übernommen hat. Erfreulich sei bei den neuen Regelungen, dass nun auch viele ältere Menschen in den Bundesfreiwilligendienst gehen und ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen.
Der Referent ging auch auf den Pay Gap zwischen den Geschlechtern ein: Noch immer bekommen Frauen knapp 22% weniger Lohn oder Gehalt als die Männer und dies obwohl die Frauenerwerbstätigkeit im gesellschaftlichen Kontext heutzutage als normal angesehen wird. Er benannte die Fallstricke für die Lohnlücke: Traditionelle Rollenbilder und Aufgabenverteilung in den Familien sind gewichtige Gründe dafür. Aber auch, dass Frauen in schlechter bezahlten Berufen und Branchen und auf niedrigeren Stufen der Karriereleiter als Männer arbeiten; Frauen wegen Kinderbetreuung und Pflege ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger als Männer unterbrechen; Arbeitsanforderungen in so genannten typischen Frauenberufen, z. B. Erziehung und Pflege von Menschen, schlechter bewertet werden als Anforderungen in so genannten typischen Männerberufen, die z. B. mit Technik oder viel Geld zu tun haben.
Doch sogar bei gleicher Ausbildung, gleichem Alter, gleichem Beruf und gleichem Betrieb erhalten Frauen etwa 12 Prozent weniger Entgelt. Durch die dadurch erzielten niedrigeren Einkommen haben Frauen später auch eine sehr viel niedrigere Rente als Männer.
Das Ministerium ist auch für die Belange der SeniorInnen zuständig, deshalb spielt das Thema Pflege auch im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine große Rolle. Die Menschen werden älter. Wie kann ihnen möglichst lange das Verweilen in den eigenen vier Wänden ermöglicht werden? Wie können junge Menschen motiviert werden einen Beruf im Bereich der Pflege zu erlernen und was wünschen sich die jungen Menschen für die Berufsausbildung? Zu Zeiten des Zivildienstes wurden eine große Anzahl junger Männer im Bereich Pflege erreicht. Ihnen konnte auch ein Beruf in der Pflege ans Herz gelegt werden. Heute müssen andere Wege der Werbung gefunden werden.
Viel zu schnell verging die für den Besuch eingeplante Zeit. Die Gruppe war zum Mittagessen in einem nahe gelegenen Restaurant angemeldet und musste sich beeilen, um zum Mittagessen zu kommen.
Besuch im Pflegestützpunkt
Nach der Mittagspause wurde die Gruppe sicher von der Busfahrerin - es war wirklich eine reine Frauengruppe unterwegs, die von meiner Mitarbeiterin, Manuela Harling, und einer Betreuerin des Bundespresseamtes begleitet wurde - zum Schöneberger Pflegestützpunkt in die Pallasstr. 25 transportiert. Das Thema Pflege bewegt Viele, aber die Beschäftigung mit der Frage: „Wie möchte ich selbst einmal gepflegt werden, wenn es notwendig wird?“ fällt den meisten Menschen schwer - sie verdrängen es oft und gehen es nicht offensiv an, suchen auch nicht rechtzeitig eine Beratungsstelle auf. Erst wenn der Pflegefall eingetreten ist, fängt oftmals erst die Suche nach einer optimalen Lösung an.
Deshalb mein immer wieder gegebener Hinweis: Wenden Sie sich an den örtlichen Pflegestützpunkt. Die Fachfrauen und -männer in den Pflegestützpunkten stehen allen gesetzlich Versicherten mit Rat und Tat gerne zur Seite. Sie beraten neutral und kostenfrei und kommen bei Bedarf auch zu Pflegebedürftigen nach Hause. In Berlin gibt es 35 Pflegestützpunkte - zwei auch bei uns in Tempelhof-Schöneberg: Den, den die die Besucherinnengruppe besucht hat in der Pallasstr. 25, 10781 Berlin, Tel: 0800 265080-26210 und einen zweiten in der Tempelhofer Reinhardtstr.7, 12103 Berlin, Tel: 030 7550703.
Die meisten Teilnehmerinnen wussten nichts von der Existenz dieser hilfreichen Beratungseinrichtung, einige hatten bereits positive Erfahrungen gemacht wie die Abfrage der Pflegeberaterin ergab. Sie erläuterte wie die Pflegestützpunkte arbeiten, wie sie sich vernetzen und an einigen Beispielen auch, wie die Beratung angegangen wird. Wichtig ist, sich den Einzelfall genau anzuschauen, damit die genaus zu diesem ganz individuellen Pflegesetting die unterstützende Hilfe organisiert wird. Die BeraterInnen unterstützen aber auch bei der Beantragung einer Pflegestufe, dem ab dem 1.1.2017 geltenden Pflegegraden. Wunschgemäß checken Sie auch das vom Medizinischen Dienst erstellte Pflegegutachten und beraten, ob ein Widerspruch sinnvoll ist.
Die Teilnehmerinnen äußerten den Wunsch, dass die Einrichtungen einen besseren Namen bekommen, der eindeutiger auf die Beratungsstelle abstellt. Die Pflegeberaterin verstand dieses immer wieder geäußerte Anliegen gut. Der Name ist allerdings gesetzlich festgelegt und könnte erst durch gesetzgeberische Reformen wieder geändert werden.
Auch im Pflegestützpunkt verging die Zeit wie im Fluge und die Gruppe beeilte sich, um rechtzeitig zum nächsten Programmpunkt zu kommen.
Informationsvortrag zu den Aufgaben des Deutschen Bundestages und der Geschichte des Reichstagsgebäudes
Schnell passierte die Gruppe die Sicherheitskontrolle im Deutschen Bundestag und konnte auf der Tribüne des Plenarsaals im Reichstagsgebäude Platz nehmen. Teilnehmerinnen äußerten ihre Verwunderung über die Größe des Saales. Sie kannten den Plenarsaal bislang nur aus dem Fernsehen und waren verwundert, dass der Saal in Wirklichkeit viel kleiner als von ihnen erwartet sei.
Die Mitarbeiterin des Besucherdienstes des Deutschen Bundestages erklärte wie Gesetzgebung funktioniert und dass die eigentliche Facharbeit der Abgeordneten nicht im Plenarsaal sondern in den Ausschussräumen des benachbarten Paul-Löbe-Hauses stattfindet. Zu den einzelnen Tagesordnungspunkten seien bei den Plenardebatten überwiegend immer „nur“ die FachpolitikerInnen anwesend.
Diskussion mit Mechthild Rawert, MdB
Die Diskussion war sehr durch das Thema Pflege bestimmt. Der Deutsche Bundestag mit den bereits 2015 beschlossenen Pflegestärkungsgesetzen I und II zahlreichen Leistungsverbesserungen im Bereich der Pflege eingeführt. Die Teilnehmerinnen wollten nun wissen, welche Auswirkungen durch die Gesetzesänderung für Sie individuell zu erwarten sind.
Sie waren aber auch sehr an den Ergebnissen der Diskussionen auf dem Deutschen Pflegetag 2016 interessiert. Gewichtige Themen dort als auch in der Gesellschaft waren und sind:
In der Neugestaltung einer generalistischen Ausbildung sehe ich eine große Chance, dem Fachkräftemangel in den Gesundheits- und Pflegeberufen entgegen zu wirken und den Beruf Pflege auch für junge Menschen attraktiv zu erhalten. Wir brauchen angesichts der demografischen Entwicklung aber grundsätzlich mehr Fachkräfte in der Pflege. Deshalb ist die Anstrengung, auch unter der Gruppe der Geflüchteten nach Interessierten für die Pflegebranche zu schauen enorm wichtig. Vielfalt auf Seiten der Beschäftigten in der Pflege hilft auch dabei, der Vielfalt der Versorgung für die vielen Pflegebedürften besser nachkommen zu können.
Die Branche Pflege kann auch zur sozialen Integration von geflüchteten Menschen beitragen. Selbstverständlich muss die deutsche Sprache erlernt werden. Sprache ist der Schlüssel nicht nur für Bildung, sondern auch für eine gelungene Integration. Deshalb ist es wichtig, dass jede und jeder die Chance zur Teilnahme am Sprachkurs erhält und den Kindern möglichst schnell der Schul- bzw. Kitabesuch ermöglicht wird.
Gern hätten wir noch weiter diskutiert, doch die Fotografin des Deutschen Bundestages wartete auf der Dachterrasse des Reichstagsgebäudes zum gemeinsamen Erinnerungsfoto für die Teilnehmerinnen. Berlin am Abend erlebten die Teilnehmerinnen anschließend von der Dachterrasse und der Kuppel aus.
Das Abendessen bietet stets -und so auch an diesem Tag- die Möglichkeit die gesammelten Eindrücke noch einmal Revue passieren zu lassen und sich mit den anderen Teilnehmerinnen über das Erlebte auszutauschen. Der Abschied voneinander fand am Rathaus Tempelhof statt.