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Die Welt schaut auf unser weltoffenes und tolerantes Berlin

Viele Menschen wollten dem rechten Mob und den Spaltern der Stadt in keinem Fall die Straße überlassen“ bedankte sich Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, bei allen BerlinerInnen, die für ein weltoffenes und tolerantes Berlin auf die Straße gegangen sind. Demokratie brauche Menschen, die für sie eintreten. Da unser Regierender selbst am Sonnabend in Polen anlässlich der Feierlichkeiten zur 25-jährigen Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Warschau weilte, verkündete er in einer Mitteilung der Senatskanzlei: Es sei gelungen, "ein sichtbares Zeichen gegen Intoleranz und Ausgrenzung zu setzen, das weit über unsere Stadt hinausstrahlt. Ich danke allen, die sich engagiert haben und ihren Protest gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus in unserer Gesellschaft friedlich geäußert haben." Müller dankte auch der Polizei, "die ihre Aufgabe heute wieder souverän und zuverlässig erfüllt hat und vereinzelt aufkommende Störungen schnell unterbinden konnte." Das Bündnis "Berlin Nazifrei" habe Menschen zusammengebracht, die heute einmal mehr gezeigt haben, wie sie sich ihre Stadt vorstellen: weltoffen, tolerant, bunt und demokratisch. So bleibe Berlin die Stadt, die wir lieben.

Für ein nazifreies Berlin und für Weltoffenheit und Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zeigten am 7. Mai 2016 in Berlin tausende Menschen - die Veranstalter sprechen von 12.000 Demonstrierenden - auf den verschiedenen Demonstrationen Gesicht. Auch ich bin dankbar für dieses eindrucksvoll deutliche Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, zu dem auch ich breit aufgerufen habe. Wenn breite Bündnisse auf die Straße gehen und Gesicht zeigen für ein humanes Asylrecht, für eine Willkommens- und Anerkennungskultur gemäß der Maxime „Refugees Welcome“ ist das Ausdruck einer gelebten wehrhaften und starken Demokratie. Wir dürfen nicht schweigen. Es ist unsere Pflicht, in dieser politischen Situation zusammenarbeiten und öffentlich Gesicht für unser rechtsstaatliches, freiheitliches und demokratisches Wertesystem zeigen. Es ist unsere Pflicht zu zeigen, dass Berlin als Bundeshauptstadt und Regierungssitz, als Land und als Stadt weltoffen und tolerant ist. Die Welt schaut auf Berlin. Und dieses Berlin soll ein Berlin sein, in dem alle gemeinsam angstfrei leben können - unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Aufenthaltsstatus. Dieses Berlin soll ein Berlin sein, in dem Zugereiste aus aller Welt willkommen geheißen werden, in dem Menschen gegen die Spaltung unserer Stadt und für unser solidarisches Zusammenleben Gesicht zeigen.

Für ein solidarisches Berlin

Unter dem Motto "Für ein solidarisches Berlin - Der rassistischen Offensive entgegentreten" " startete das Bündnis „Berlin Nazifrei“, dem antifaschistische Initiativen sowie Gewerkschaften und Parteien, darunter die SPD angehören, um 13.00 Uhr vom Hackeschen Markt. Ein Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald hielt einen sehr bewegenden Redebeitrag - in seiner KZ-Uniform. "Faschismus ist ein Bazillus", sagte er. Das Bündnis zog mit Plakaten wie „Flüchtlinge willkommen“, „Gegen Rassismus und rechte Gewalt“ und „Wir sind viele. Berlin gegen Nazis“ über die Oranienburger Straße, Friedrichstraße und Unter den Linden zum Reichstag und zum Endpunkt am Brandenburger Tor. Während die Demonstrierenden am Holocaust-Mahnmal vorbeikommen, wird geschwiegen, erst dahinter werden die Rufe unter anderem „Nazis raus“ wieder aufgenommen.

Ein Spaziergang für Weltoffenheit und Toleranz

Unter dem Motto "Posaunen statt Parolen" mobilisierte die Evangelische Kirche zusammen mit dem Erzbistum Berlin, der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz einen "Spaziergang für Weltoffenheit und Toleranz". Dazu riefen auf die im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen demokratischen Parteien auf, SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, Piratenpartei, ebenso alle Gewerkschaften ver.di, GEW, IGBau, NGG, EVG, IG BCE, IGM, GdP, der Handelsverband Berlin-Brandenburg, der Humanistische Verband, der Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg, die Volkssolidarität, die Diakonie Deutschland und der 36. Deutschem Evangelischen Kirchentag und Reformationsjubiläum e.V. Der "Spaziergang für Weltoffenheit und Toleranz" startete um 15 Uhr am Brandenburger Tor und führte über die Französische Straße zum Französischen Dom.

Mehr als 3.000 Menschen waren der Einladung von Markus Dröge, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, zur Kundgebung auf dem Gendarmenmarkt gefolgt. Schon im Vorfeld hatte er betont, dass die Minderheit der RechtspopulistInnen und RechtsextremistInnenen nicht für unsere Gesellschaft stehe. Auf der Abschlusskundgebung betonte er wie auch Ralf Wieland (SPD), Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Doro Zinke, Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, sowie Vertreter der Jüdischen Gemeinde und von DITIB, Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V., dass die weltoffenen und toleranten BerlinerInnen gemeinsam für die Werte des Grundgesetzes und gegen den Versuch, die Gesellschaft zu spalten, einstehen. Die Würde des Menschen sei unantastbar; es verbiete sich jede Herabwürdigung von Menschen wegen ihrer Kultur, Herkunft, Religion, Sprache oder Hautfarbe. Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft sei Teil der bisherigen Erfolgsgeschichte Berlins, Deutschlands und Europas. Diese Erfolgsgeschichte dürfe nicht von denen zerstört werden, die sich nach der Vergangenheit sehnten.

Theologin Margot Käßmann, Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum 2017, verwehrte sich unter starkem Applaus gegen die Diffamierung der AfD gegen eine ganze Generation. Diese hatte auf ihrem Bundesparteitag ihr Parteiprogramm als weg „vom links-rot-grün versifften 68er-Deutschland" führend bezeichnet. Käßmann sagte, sie wehre sich als Christin dagegen, dass AfD, "Pegida" und Co. erklärten, sie verteidigten das so genannte christliche Abendland. "Das christliche Abendland hatte seine dunkelsten Zeiten, wenn es sich nationalistisch und rassistisch abgeschottet hat. Und es hatte seine besten Zeiten, wenn Nächstenliebe und Barmherzigkeit, die Grundtugenden des christlichen Glaubens, es geprägt haben". Flüchtlinge seien willkommen. Sie sei stolz darauf, dass Menschen in Not in Deutschland "eine ausgestreckte Hand der Hilfe" erlebten. Christen, Juden und Muslime könnten in Frieden miteinander leben. RassistInnen, Neonazis und FundamentalistInnen dürfe nicht das Feld der öffentlichen Meinung überlassen werden.Ich stimme Frau Käßmann als Christin zu. Und: Ohne die 68´er Generation - nun verteufelt als „vergleichbar mit einer Seuche (AfD-Chef Jörg Meuthen) – würden wir immer noch in einer bleiernden Zeit leben.

Was wollten die 1.800 RechtspopulistInnen und Rechtsextremen?

Grund dieses sichtbaren Einstehens von mehreren tausend Menschen für die Werte unserer Demokratie war die „Großdemo“ des Bündnis "Wir für Berlin & Wir für Deutschland" gegen die Asyl- und Flüchtlingspolitik der Bundesregierung unter dem Motto „Merkel muss weg“ durch das Regierungsviertel. Hinter dem im Internet kursierenden Aufruf zur „Großdemo“ steckt Enrico Stubbe, Mitglied im Vorstand der rechtsextremistischen Minipartei „Pro Deutschland“. Allein schon der Text macht die immer paranoider anmutende Wut der Flüchtlings- und IslamgegnerInnen deutlich. Angekündigt waren 5.000 teilnehmende RechtsextremistInnen und RechtspopulistInnen. Nach Angaben der Polizei kamen aber nur rund 1.800 AnhängerInnen von rechten Splittergruppen wie "Pro Deutschland" und "Bärgida", dem Berliner Ableger der Pegida-Bewegung, aber auch polizeibekannte Angehörige der Hooligan- und neonazistischen Kameradschaftsszene. Viele von ihnen werden von der Polizei als gewaltbereit eingeschätzt.  Auch die sich zunehmend radikalisierenden „normalen“ WutbürgerInnen waren anwesend. Gerufen wurde "Hier marschiert der nationale Widerstand", ein Sprechchor, wie er auf fast allen NPD- und Nazidemos gerufen wird. BeobachterInnen beschrieben die Stimmung als aggressiv.

Ein Blick auf die Kleidung machte deutlich, wer zu den sich selbst „Patrioten“ nennenden Demonstrierenden gehörte: AfD-Anhänger mit blauen T-Shirts mit "AfD - so sehen Sieger aus", Neonazis mit schwarzen T-Shirts, auf denen in altdeutscher Schrift steht: "Adolf war der beste", Hooligans mit T-Shirts mit dem Aufdruck "Krawallbrüder", Demonstrierende mit T-Shirts mit „Weiße Macht“, mit „Deutsch Stolz Treue“, der Name einer verbotenen Band, die den Nationalsozialismus verherrlicht.

Ich hoffe, dass noch mehr Menschen aufstehen für Demokratie, Freiheit und Solidarität, für Weltoffenheit und Toleranz. Möglicherweise gibt es dazu die nächste Gelegenheit am 30. Juli 2016.