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Umgang mit Würde und Respekt - auch im Alter

In Würde alt werden, wer wünscht sich das nicht? Ob nun zu Hause oder in stationären Einrichtungen, es gibt Orte, an denen Menschen genau das können, in Würde alt werden. Die sind in einer Gesellschaft, die immer älter und bunter wird auch notwendig.

Doch viele der Institutionen im Sozial- und Gesundheitswesen sind an eine interkulturelle Entwicklung noch nicht angepasst. „Die Älteren“ sind aber heute zunehmend mehr Menschen mit Migrationsbiographie. Dies stellt Pflegeeinrichtungen vor immer größere Herausforderungen. Von den in Berlin lebenden Menschen mit Migrationsbiographie sind ca. 10,35 Prozent 65 Jahre alt oder älter, das sind rund 71.000 Menschen. Diese älteren Menschen mit Migrationsbiographie sind jedoch keine homogene Gruppe. Sie kommen aus den verschiedensten Ländern, sprechen die verschiedensten Sprachen, gehören den verschiedensten Religionen an, leben diese verschieden aus und haben unterschiedliche sexuelle Orientierungen. Um auch diesen Menschen einen individuell attraktiven Platz in der Pflege bieten zu können, muss sich die Pflege, darunter auch die Einrichtungen interkulturell und interreligiös öffnen.

Das Kompetenz Zentrum Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe versucht durch Schulungen, Veranstaltungen, durch aktive Gremien- und Netzwerkarbeit die in der Altenhilfe Tätigen migrations-, kultur- und religionssensibel zu sensibilisieren und fachkompetent fortzubilden. Ich danke für die Einladung in die wunderbaren Räumlichkeiten des Kompetenz Zentrum Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe, kurz kom.zen, am 1. Februar 2017. Kom.zen, ist ein Stabsprojekt der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und wird von der Arbeiterwohlfahrt Berlin Spree-Wuhle e.V. und dem Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. getragen. In diesem Jahr feierte kom.zen bereits sein 10-jähriges Jubiläum. 

Gesundheit fängt mit Vertrauen an

Um die Inklusion von älteren Einwanderer*innen in unserer Einwanderungsgesellschaft voranzubringen, fördert kom.zen den Fachdiskurs zwischen öffentlicher Verwaltung, Trägern von Altenhilfeeinrichtungen, Migrant*innen(selbst)organisationen und Religionsgemeinschaften und vernetzt diese miteinander. In Gremien entwickeln sie gemeinsam sogenannte Handlungsempfehlungen und Good-Practice-Listen, um übertragbare Modelle der interkulturellen Öffnung der Altenhilfe in Berlin zu dokumentieren, zu diskutieren und die Umsetzung der interkulturellen Öffnung gesamtstädtisch zu fördern. Zudem bietet kom.zen für die 96 Tagespflegeeinrichtungen Schulungen, Beratungen und Coachings zum Thema interkulturelle Ausstattung der Einrichtungen und interkulturelle Öffnung der Altenhilfe an. Bei Abschluss der Schulungen gibt es dafür ein Zertifikat.

Über verschiedene Aktionen, wie beispielsweise einem kleinen Werbefilm, versuchen sie außerdem, Migrant*innen zu mobilisieren, an der Senior*innenvertretung oder an Aktionen wie der jährlichen „Woche der pflegenden Angehörigen“  teilzunehmen. Um interkulturell mit einander in Kontakt zu treten, ist es wichtig, mehr zu tun als Flyer zu erstellen, auch wenn diese neben Deutsch auch in einer der zahlreichen in Berlin gesprochenen Sprachen veröffentlicht werden. Vernetzungsarbeit in die Communities, in die Migrant*innen(selbst)organisationen hinein funktioniert zumeist über persönliche Kontakte.

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte

Durch Werbeanzeigen in den vielen, reich mit Bildern versehenen, kostenlos verteilten Zeitschriften macht kom.zen Öffentlichkeitsarbeit für den Altenpflegeberuf in den verschiedenen Communities in Berlin. Zudem arbeitet kom.zen unter anderem auch mit der Organisation „migrantas“ zusammen, bei der Migrant*innen mittels Piktogrammen visuell ihren Gedanken, Gefühlen und Erfahrungen Ausdruck verleihen können. Das ist wichtig: „Mobilität, Migration und Transkulturalität sind in unserer Welt keine Ausnahme, sondern die Regel. Trotzdem sind Migrant*innen und ihre Erfahrungen für die Mehrheit der Gesellschaft meist unsichtbar.“ Das muss sich ändern.

Interkulturelle Brückenbauer*innen in der Pflege

Alter(n)s- und Pflegevorstellungen von Migrant*innen sind häufig sowohl durch ihre jeweilige Herkunftskultur als auch durch die Migrationserfahrung und das Leben in Deutschland geprägt. Daraus resultieren große Herausforderungen für die Pflege in Berlin. Diesen sozialen, kulturellen, religiösen und sprachlichen Besonderheiten der eingewanderten Menschen gilt es Rechnung zu tragen durch eine Weiterentwicklung und breitere Ausrichtung der vorhandenen Angebote.

Aus diesem Grund wurde in Berlin das Modellprojekt „IBIP – Interkulturelle Brückenbauer*innen in der Pflege“ ins Leben gerufen, bei dem es darum geht, auf der Grundlage der positiven Erfahrungen mit dem Einsatz von interkulturell geschulten Brückenbauer*innen in den Stadtteilmütterprojekten einen ähnlichen Ansatz in der Pflege zu versuchen. Frauen und Männer unterschiedlicher Muttersprachen werden zu Themen der Pflege ausführlich geschult, um danach vermittelnd – „Brücken bauend“ – zwischen den Pflegekräften sowie Einrichtungen der Pflege und den Pflegebedürftigen und deren Angehörigen mit Migrationshintergrund tätig zu werden.

Ziel ist es unter anderem Menschen mit Pflegebedarf und Migrationsbiographie niedrigschwellig zu erreichen und kultursensibel über ihre Ansprüche und vorhandene Hilfsangebote aufzuklären und zu beraten. Gleichzeitig sollen in den Einrichtungen der Pflege Maßnahmen zur Interkulturellen Öffnung eingeführt werden. Weiterhin sollen die Brückenbauer*innen migrantische Senior*innen an unterschiedlichen Treffpunkten auch im Vorfeld von Pflegebedürftigkeit aufsuchen und hier beratend tätig werden.

Diese Brückenbauer*innen dürfen zwar keine offizielle Pflegeberatung übernehmen, dürfen jedoch bei der Beratung anwesend sein und auch den Medizinischen Dienst bei Hausbesuchen begleiten. Bis jetzt stelle sich das Projekt, so kom.zen, als sehr effizient heraus und sollte flächendeckend und sozialraumorientiert erweitert werden.