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Verfassungsgemäßes Wählen bei der Bundestagswahl jetzt möglich

Bei der Bundestagswahl 2013 werden Überhangmandate nun vollständig ausgeglichen. Darauf haben sich SPD, CDU/ CSU, FDP und Grüne verständigt. Künftig wird der Deutsche Bundestag streng nach dem Proporz des Zweitstimmenergebnisses zusammengesetzt. Überhangmandate können die Mehrheiten im Bundestag nicht länger umdrehen! Dieses Ergebnis ist ein großer Verhandlungserfolg für uns.

Als Demokratin ist mir wichtig: Mit den neuen Ausgleichsmandaten wird sichergestellt, dass künftig jede Stimme das gleiche Gewicht hat. Damit erfüllen wir das zentrale Versprechen der Demokratie: Das gleiche Wahlrecht für alle. Wählerinnen und Wähler können sich jetzt darauf verlassen, dass das Wahlrecht ihren Willen umsetzt und die Mehrheiten korrekt abbildet.

Schwarz-Gelb missbrauchte das Wahlrecht als Machtrecht
Noch vor einem Jahr hat die schwarz-gelbe Koalition das Wahlrecht als Machtrecht missbraucht und mit ihrer Mehrheit gegen die Opposition ein für sie günstiges Wahlrecht durchgesetzt. Aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken gegen diesen Vorschlag sind wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nach Karlsruhe gezogen - und haben Recht bekommen: Das Bundesverfassungsgericht hat das von Schwarz-Gelb eingebrachte Wahlrecht für verfassungswidrig erklärt.

Wir haben uns umgehend dafür stark gemacht, dass wir - diesmal im Konsens aller Parteien - ein neues verfassungsgemäßes Wahlrecht bekommen. Wir sind in die Verhandlungen mit dem Vorschlag gegangen, die Überhangmandate vollständig auszugleichen. Dieses Ziel haben wir erreicht. Den machtpolitischen Sondervorteil der Überhangmandate (zuletzt 24 für die Union) wird es nicht mehr geben!

In den nächsten Tagen wird weiter an der Formulierung des Gesetzentwurfs gefeilt und letzte Details geklärt. Noch vor Weihnachten werden wir das neue Wahlgesetz in den Bundestag einbringen und nach einer gründlichen Anhörung zeitnah verabschieden. Der nächste Bundestag wird endlich auf Grundlage eines verfassungskonformen Wahlrechts gewählt!

Wie soll das neue Wahlrecht aussehen?
Die Mandate werden künftig wie folgt verteilt: Jedes Bundesland erhält - das ist neu - ein Kontingent an Mandaten im Deutschen Bundestag nach Maßgabe der dort lebenden Wahlberechtigten/Einwohner (noch zu klären). Dies bedeutet eine Trennung der Wahlgebiete. Dadurch wird das negative Stimmgewicht minimiert.

Nach der Bundestagswahl wird in einem ersten Schritt errechnet, wie viele Mandate jeder Landesverband aus dem jeweiligen Land in den Bundestag entsenden kann und wie viele Überhangmandate anfallen. In einem zweiten Schritt wird berechnet, wie viele Ausgleichmandate benötigt werden, um den bundesweiten Zweitstimmenproporz wieder herzustellen. Erst mit dem Wahlergebnis wird klar, aus welchen Bundesländern die Ausgleichsmandate besetzt werden. 2009 hätten 10 SPD-Landesverbände nach dieser Regelung Ausgleichsmandate erhalten. Bei der nächsten Wahl werden also entstandene Überhangmandate durch Ausgleichsmandate neutralisiert. Dieses Ausgleichsverfahren entspricht im Wesentlichen unserem im Mai 2011 in den Deutschen Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drs. 17/5895).

Was ist uns unsere Demokratie wert?
Ich empfinde das demokratische Gebot „Jede Stimme zählt in gleicher Weise“ als so wertvoll, dass für mich der moderate Anstieg der Anzahl der Bundestagsabgeordneten durch dieses ausgleichende Verfahren vertretbar ist.

Zurzeit sind im Parlament 620 Sitze vergeben. Darin enthalten sind die 24 Überhangmandate, die bei der letzten Wahl komplett an die CDU fielen. Aktuelle Hochrechnungen gehen davon aus, dass sich die Anzahl der Sitze im Bundestag um 50 Abgeordnete erhöhen kann, wenn es nach dem neuen Verfahren zu einem vollen Ausgleich der potentiellen Überhangmandate kommt. Mit einer Vergrößerung des Bundesparlaments gehen auch Fragen nach der Aufrechterhaltung von Effektivität einher. Selbstverständlich werden wir als SPD-Bundestagsfraktion das nächste Wahlergebnis sorgfältig evaluieren und gegebenenfalls darauf reagieren.

Zur Wahrheit gehört auch: In den Verhandlungen haben wir uns für ein Ausgleichsmodell eingesetzt, das die Größe des Bundestages niedriger gehalten hätte. Gegen dieses Modell hat sich die Union allerdings heftig gewehrt. Sicherlich hätte auch eine Vergrößerung der Wahlkreise die Anzahl der Sitze im Bundestag niedrig gehalten. So kurz vor der Bundestagswahl stand das aber nie ernsthaft zur Debatte.

Im europäischen Vergleich steht Deutschland nach wie vor gut da: Jede/r Abgeordnete repräsentiert - mit Ausnahme Spaniens - derzeit mehr EinwohnerInnen als in jedem anderen europäischen Land. Daran ändert auch die Wahlrechtsänderung nicht viel.