Gemeinsamen mit meinem Team danke ich Bachar Hassoun dafür, dass wir in unserer gemeinsamen Zeit durch ihn und seine Lebensgeschichte in Syrien und in Deutschland vieles gelernt haben. Von Fluchthintergründen aus Syrien und darüber, wie schwierig es ist selbst als anerkannter Flüchtling und bei herausragendem besten Willen und hoher Bereitschaft, sich in unserem Staatswesen eine neue Lebensorientierung und Lebensperspektive aufzubauen. Auch an seinem Beispiel wurde mir erneut deutlich, dass wir für in Deutschland lebende Menschen - unabhängig davon, ob Flüchtling oder Bio-Deutsche/r - mehr Möglichkeiten schaffen müssen, ihre Kompetenzen deutlich machen zu können.
„Ich bin mit meinem Praktikum sehr zufrieden, besonders mit Frau Rawert. So konnte ich die deutsche Politik kennenlernen. Jedes Bundestagspraktikum beginnt mit dem Gang zur Hausausweisstelle. Nach der Prüfung der persönlichen Daten erhält der Praktikant einen Hausausweis. Dieser berechtigt ihn, sich vollkommen frei in sämtlichen Häusern des Deutschen Bundestages zu bewegen.
Ich hatte mein Praktikum bei Frau Rawert aufgrund ihres Arbeitsschwerpunktes Gesundheit angefangen. Im Bundestagsbüro arbeiten insgesamt drei MitarbeiterInnen. Meine Aufgabe am Anfang war es die Post zu sortieren. Es ist erstaunlich, wie viel Post und Einladungen eine Abgeordnete jeden Tag bekommt. Daher ist es wichtig, nur die wirklich relevanten Sachen an Frau Rawert weiter zugeben. Die Arbeit im Bundestag ist sehr schwer und vielseitig. Es gibt wenig Freizeit für die Abgeordnete Frau Rawert, sie hat jede Woche eine neue Agenda, dieses fand ich schnell heraus.
Der Bundestag ist wie ein Bienenstock
Die SPD-Bundestagsfraktion bietet ein umfangreiches Programm für die in den Abgeordnetenbüros oder bei der Fraktion tätigen PraktikantInnen an. Durch dieses Programm können wir viele Abgeordnete kennenlernen und über sehr verschiedene politische Themen diskutieren. Der Bundestag ist wie ein Bienenstock, jeder hat seine Aufgabe und muss diese so schnell wie möglich lösen.
Ich habe einige Plenardiskussionen besucht. Gespannt verfolgte ich die Reden der Abgeordneten der verschiedenen Fraktionen und konnte dabei einige völlig neue Erkenntnisse zum parlamentarischen Ablauf gewinnen. Mir war bis zu diesem Zeitpunkt beispielweise völlig neu, dass Abgeordnete, die zum ersten Mal eine Rede im Plenum halten, von allen ParlamentskollegInnen umgehend Gratulationsbekundungen erhalten. Neben mir waren noch andere PraktikantInnen und Besuchergruppen auf der Tribüne. Jeder Gast durfte aber nur für eine begrenzte Zeit den Plenarreden zuhören. Während meines Praktikums begleitete ich Frau Rawert auf viele Veranstaltungen.
Thema Organspende
Zwei Themen haben mich sehr beeindruckt. Das erste Thema ist die Organspende. Als ich vor langer Zeit einen Brief mit Informationen über das Organspenden bekommen habe, habe ich den Brief ignoriert. Ich habe gedacht, ich möchte meine Organe nach dem Tod nicht spenden. Die Veranstaltung in der Sehitlik-Moschee hat meine Überlegung völlig geändert: Ich kann nach meinem Tod das Leben von bis zu sieben Menschen retten beziehungsweise ihre Lebensqualität sehr verbessern. Es ist eine schwierig zu treffende Entscheidung. In der Veranstaltung erzählte eine Frau ihre Geschichte, als sie krank war. Sie erzählte vom Leben mit einem fremden Organ. Eindrucksvoll schilderte Frau Ziegler ihr Leben mit dem Spenderorgan. Sie war berufsbedingt an Hepatitis erkrankt. Es ist ein Unterschied zwischen dem Wissen, jeder stirbt irgendwann oder ich werde in 3 Monaten sterben, betonte sie. Frau Ziegler erzählte anschaulich, wie das Warten auf den lebensrettenden Anruf ihr Leben bestimmte. Endlich kam dieser Anruf von ihrem Arzt, dass sie sofort ins Krankenhaus kommen muss. Sie bekomme ein Organ von einem Organspender. Seit sie mit einem fremden Organ lebt, ist ihre Gesundheit immer mehr zurückgekommen. Die Veranstaltung hat mich auf viele sensible Punkte in unserem Leben aufmerksam gemacht.
Thema Sicherheitspolitik
Das zweite Thema ist die Sicherheitspolitik. Auch hier war ein Gespräch sehr interessant, das Gespräch mit Manja Wollweber, Jugendoffizier und Referentin für Sicherheitspolitik bei der Bundeswehr. Sie hat uns die Bundeswehraufgaben in Afrika und dem Irak erklärt. Die Bundeswehr hat mit dem Transport von Hilfsgütern in die Ebola-Gebiete nach Afrika Tonnen von medizinischen Gütern, etwa Handschuhe, Desinfektionsmaterial und Stiefel, geliefert. Sie hat über die Einrichtung von Ebola-Labor-Zentren in Afrika berichtet, die die Ausbreitung der Krankheit stoppen sollen.
Außerdem berichtete sie über die Waffenlieferungen und Soldaten-Entsendungen in den Nordirak. Die Verbindungsoffiziere und Bundeswehrsoldaten sollen den kurdischen Peschmerga-Kämpfern im Nordirak zeigen, wie die deutschen Waffen gegen den Islamischen Staat (IS) eingesetzt werden können. Frau Rawert hatte bei der Abstimmung im Parlament diesen Waffenlieferungen in den Nord-Irak am 1. September 2014 nicht zugestimmt.
Während meines Praktikums gab es noch viele interessante Führungen, Gespräche und Veranstaltungen.
Solidarisch handeln
Nachdem ich die SPD und ihre Tätigkeiten und Ziele kennengelernt habe, habe ich beschlossen, dass ich ein Mitglied der SPD sein will. Ich habe auch einen Antrag für eine SPD-Parteizugehörigkeit gestellt. Ich möchte in der SPD aktiv sein. Ich danke Mechthild Rawert und ihrem Team sehr für ihre Unterstützung. Ich bin sehr dankbar, dass ich im Bundestagsbüro von Frau MdB Mechthild Rawert als Migrant aus Syrien ein Praktikum absolvieren durfte. Das heißt, Deutschland gibt uns (den anerkannten Flüchtlingen) viele Möglichkeiten, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Ich bin bereit für den deutschen Arbeitsmarkt und sehr motiviert ein Teil dieser Gesellschaft zu werden.
Überblick über mein Praktikumspogramm innerhalb und außerhalb das Bundestages:
Bachar Hassoun