(Erschienen in der Berliner Stimme, 8.11.2014, S. 7, Nr. 22, 64. Jahrgang)
Mechthild Rawert zur Reform des Paragraphen 177
Ein wirklicher Fall: Eine Frau trennt sich von ihrem Freund, zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus. Nach einiger Zeit taucht der Ex-Freund in der neuen Wohnung auf, in der sie sich mit dem neuen Lebensgefährten befindet. Er zieht eine Schusswaffe und erschießt ihren Partner. Der Ex-Freund zwingt die Frau ihm in die alte Wohnung zu folgen. Dort verlangt er den Beischlaf. Die Frau wehrt sich nicht, lässt die sexuellen Handlungen über sich ergehen. Der Mann wird festgenommen. Es kommt zur Anklage wegen Mordes und Vergewaltigung. Verurteilt wird der Täter „nur“ wegen Mordes, im Fall der Vergewaltigung wird er frei gesprochen. Denn, so das Urteil: Es liegt keine fortgesetzte Gewalt oder Drohung vor.
In Deutschland werden Vergewaltigungen kaum angezeigt. Bei den angezeigten Taten kommt es nur zu wenigen Anklagen und zu noch weniger Verurteilungen. Dies ist ein Skandal.